⊱Kapitel 38⊰

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Weder Ian noch Dylan sind im Chaos des Hauses auffindbar. Wobei ich dankbar bin letzterem nicht zu begegnen. Weil meine Situation ausweglos zu sein scheint, habe ich vor Frust gleich noch einen weiteren Becher Bier geleert. Hat echt ekelhaft geschmeckt, aber danach habe ich mich bereits entspannter und weniger hilflos gefühlt.

Keine sieben Minuten später ist mir dann jedoch schlecht geworden, sodass ich nun mein erbärmliches Dasein vor der Toilette im Obergeschoss friste.

Ich ziehe ernsthaft in Betracht einfach in der Badewanne zu schlafen und dann morgen früh nach Hause zu laufen. Wenn es hell ist, würde es mir auch nichts mehr ausmachen. Doch auch dieser Plan wird durchkreuzt, als jemand die Klinke hinunterdrückt und dann fest gegen das dunkle Holz klopft, als die Tür nicht nachgibt.

Umständlich rappele ich mich auf und schließe den Klodeckel. Ich habe mich nicht übergeben müssen, aber wohlfühle ich mich trotzdem nicht.
»Wird’s dann mal?!«, schreit irgendein Mädchen und sorgt für ein Pochen hinter meinem linken Auge. »Ich muss mal, verdammte Scheiße!«

Als ich die Tür öffne, funkelt mich das unbekannte Mädchen wütend an und schiebt sich grob zusammen mit seiner Zwillingsschwester an mir vorbei. Als die beiden die Tür hinter sich zuschlagen, glaube ich, dass Holz splittern gehört zu haben. Doch als ich das Türblatt überprüfe, ist es nicht beschädigt.

Ich schüttele den Kopf, was ich allerdings bereue, weil sofort meine Umgebung kippt. Fuck, ich habe eindeutig zu viel getrunken. Mit der linken Hand stütze ich mich umständlich an der weiß gestrichenen Wand ab, während ich planlos durch das Haus laufe.

Von unten dröhnt noch immer laute Musik, die mir langsam aber sicher extreme Kopfschmerzen bereitet. Ich bin nicht allein, ob Studenten oder Schüler, einige haben sich im Obergeschoss eingefunden, um sich ungestört aneinander zu reiben, während sie sich hungrig küssen.

Ich wende den Blick ab und steuere auf die Tür direkt am Ende des Flurs zu. Flehentlich hoffe ich dahinter einen Raum zu entdecken, in dem ich heute Nacht ungestört schlafen kann. Als ich jedoch die Klinke herunterdrücke und die Tür öffne, kommt dahinter kein Zimmer zum Vorschein, sondern eine dunkle Holztreppe.

Na toll, ich habe wohl den Weg zum Dachboden gefunden. Aber ein Schlafplatz ist ein Schlafplatz und da oben wird sich wohl kaum jemand anderes hin verirren. Ich nehme die erste Stufe in Angriff, was in meinem Zustand ein recht schwieriges Unterfangen darstellt.
»Was tust du da?«

»Ich gehe eine Treppe hoch, sieht man doch«, murmele ich wenig originell Evan durch den Nebel in meinem Kopf zu und setze einen weiteren Schritt nach oben.

»Ach wirklich?«, kommt es sarkastisch von dem braunhaarigen. Ehe ich einen weiteren Schritt tun kann, hält er mich an meiner Hand fest. »Dort oben kannst du nicht hingehen.«

Während ich mich mit wackligen Beinen zu ihm umdrehe, bin ich mehr als verwirrt, als Evan auch seinen Bruder mitgebracht hat. Warum sind hier denn alle in Begleitung ihres Zwillings?
»Und warum nicht? Ich bin müde und Zara hat mich sitzen lassen, also muss ich die Nacht wohl hier verbringen.«

»Und wie kommst du auf die Idee, sie in meinem Zimmer verbringen zu dürfen?«, fahren mich die beiden Evans gleichzeitig mit zornigem Blick an.
»Was denn ihr zwei müsst euch ein Zimmer teilen?«, kichere ich und gerate dabei leicht ins Schwanken.

»Was, wovon sprichst du?«

»Jetzt stell dich doch nicht dumm«, lache ich und zeige mit dem Finger auf Evans finster drein blickenden Bruder. »Warum hast du mich deinem Zwilling bis jetzt noch nicht vorgestellt? Wissen die anderen überhaupt von ihm? Er heißt Eliot, oder? Shane hat mir schon von ihm erzählt. Bitte sag mir, dass er nicht auch so gemein ist wie du. Einen zweiten von deiner Sorte kann ich nämlich nicht ertragen.«

Professionell blicke ich zwischen den Brüdern hin und her, die mich ziemlich irritiert anstarren, ehe sie plötzlich die Lippen zu einem breiten Grinsen verziehen.
»Du bist ganz schön dicht«, stellen sie überzeugt fest, ehe sie die Sache nicht mehr lustig zu finden scheinen und Sorge in ihren faszinierenden grünen Augen auftaucht.

»Und müde«, bestätige ich mit einem Gähnen. »Ich glaube ich kann nicht mehr lange stehen, meine Beine fühlen sich wie dieser grüne Wackelpudding an, der so lecker schmeckt.«

Irgendwie scheint das Evan umzustimmen, der plötzlich nur noch allein in der offenen Tür steht, nachdem ich kurz die Augen geschlossen und sie wieder geöffnet habe. Wo ist Eliot hin?

»Na schön, bevor du mir noch umkippst und dir den Kopf anschlägst. Komm mit, aber wehe du kotzt mir den Boden voll!«, warnt er mich und hilft mir mit seinem Arm um meiner Hüfte die Treppe hinauf.
»Wird nicht passieren«, verspreche ich. »Falls aber doch, kann Eliot das Zimmer sauber machen. Ist ja auch seins.«

»Von wem auch immer du sprichst, ich habe keine Ahnung wer dieser Eliot sein soll und warum du ihn die ganze Zeit erwähnst«, brummt Evan missmutig und schiebt mich in Richtung eines großen Bettes. Das Licht lässt Evan zum Glück aus. »Einen Bruder habe ich auch nicht, also lass den Scheiß.«

»Gut«, säusele ich. Zaras nervige Schuhe landen irgendwo neben dem Bett, welches so unbeschreiblich bequem ist, dass ich im Sitzen hätte einschlafen können. Ich schlüpfe unter die Decke, obwohl es nicht im geringsten kalt ist und bette meinen Kopf auf das gut duftende Kissen. Ein regnerischer Sommertag.

»Ich kann nicht fassen, dass ich das zulasse«, höre ich Evans Stimme, wie aus weiter Ferne, aber bevor ich etwas erwidern kann, bin ich auch schon eingeschlafen.

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