⊱Kapitel 5⊰

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Der wohl langweiligste Unterricht an unserer Schule ist Mathematik bei Mr Bush. Dieser sieht es vor, uns direkt nach den Ferien mit Funktionsgleichungen, und den dazugehörigen Rechnungen wie beispielsweise Polynomdivision zu nerven, die ich alle nicht im geringsten verstehe.

Mein Notendurchschnitt bewegt sich stets im Vorderfeld, aber ausgerechnet das gilt natürlich weder für Mathematik noch für Chemie. Das scheint wohl insbesondere daran zu liegen, dass bei mir kein wirkliches Zahlenverständnis vorhanden ist. Von Formeln will ich lieber nicht erst anfangen zu sprechen.

Shane grinst mich an, als er meinen genervten und zugleich angestrengt grübelnden Blick bemerkt, welcher der Zeichnung auf meinem Blatt gilt. In einem unbeobachteten Moment, schiebt er mir sein Blatt vor die Nase, im selben Augenblick, in welchem ich bereits wieder heftig radiere und die lästigen Fehler verschwinden lasse.

»Schau mal, wie ich es gemacht habe. Dann bekommst du es sicher hin.«
»Danke«, murmele ich und tatsächlich komme ich nach kurzer Zeit etwas besser zurecht. »Du bist echt der Beste.«

»Ich weiß, Maggs«, erwidert er spitz. »Aber es ist immer wieder schön es aus deinem Mund zu hören.«
Ich lache und verdrehe die Augen.
»Angeber.«

»Mach die Aufgaben, ich will nicht das du Nachsitzen aufgebrummt bekommst, nachdem uns Zara heute Morgen bereits gerettet hat«, sagt Shane und wirft dabei einen warnenden Blick auf den grauhaarigen Mr Bush, dessen Leidenschaft es ist Nachsitzen zu verteilen.

Zudem gehört er zu der Sorte Lehrern, die entweder die ganze Zeit schreien oder flüstern. Einen normalen Ton scheinen seine Stimmbänder nicht mitmachen zu wollen.

Beschwichtigend hebe ich meine Hände in die Luft, kann ein Grinsen aber nicht unterdrücken.
»Schon gut, ich mache ja schon«, versichere ich schnell, als plötzlich auf meinem Blatt eine kleine Papierkugel landet.

»Wo kommt die denn her?«
Shane sieht sich fragend um ehe er seufzend die blauen Augen verdreht. »Zara, wer auch sonst. Sie ist erst seit heute hier, scheint sich aber bereits pudelwohl zu fühlen.«

»Hey, sei doch froh, dass sie sich so gut einlebt«, erwidere ich brüsk und widme mich der Papierkugel. Ist gar nicht so leicht sie aufzufalten.

»Bin ich doch«, erwidert er beschwichtigend. »Aber in der Pause habe ich mich mit Caesy unterhalten und vielleicht solltest du auch von den Gerüchten über sie erfahren.«

Bei der Erwähnung von Caesy, verdrehe ich die Augen. War ja klar, dass die größte Klatschtante der Schule bereits über Informationen verfügt, die Zara schaden könnten. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass sie die Hälfte ihrer angeblichen Neuigkeiten nur erfunden hat, um Aufmerksamkeit zu erlangen.

Ich verkneife mir einen bissigen Kommentar zu Caesy und frage stattdessen: »Welche Gerüchte?«
Shane setzt gerade zu einer Antwort an, als sich eine weitere Stimme einmischt.

»Ms Frey, Mr Anderson, in meinem Unterricht wird nicht geredet!«, blafft Mr Bush aus voller Kehle und unterbricht somit unsere Unterhaltung. Ich bin so erschrocken, dass ich auf meinem Stuhl heftig zusammenfahre und dabei den Zettel von Zara in der Mitte zerreiße.

Ich seufze innerlich, während Shane und ich eine reumütige Entschuldigung murmeln, die unseren Lehrer noch einmal zu beschwichtigen scheint. Das gehässige Gelächter der anderen Schüler versuche ich bewusst auszublenden.

Den Rest der Stunde kümmere ich mich darum, meine verkorkste Zeichnung richtigzustellen, was im Endeffekt bedeutet, die von Shane eins zu eins zu kopieren. Deswegen und, weil Mr Bush die letzte halbe Stunde mich und Shane unentwegt anstarrt, komme ich erst fünf Minuten vor Schluss dazu Zaras Zettel auf meinem Tisch auszubreiten und die beiden Teile wieder zusammenzufügen.

Lust auf Party am Samstag?

Ich muss den Zettel ganze dreimal lesen, ehe ich begreife, dass mich Zara gerade tatsächlich zu einer Party eingeladen hat. Das letzte Mal, als ich auf einer Party gewesen bin, habe ich mich ziemlich blamiert. Ich hatte zum ersten Mal etwas getrunken und über meinen Exfreund Zack, der mich betrogen hat – im Eifer des Gefechts versteht sich –, die ganze Schüssel Punsch gelehrt. Sehr peinlich.

Zum Glück hat der Mistkerl inzwischen seinen Abschluss in der Tasche und studiert auf irgendeinem weit entfernten Collage in Seattle, sodass ich ihn nicht länger sehen muss. Ich trauere ihm nicht mehr hinterher, meinem ersten Kuss, den ich an ihn verschwendet habe allerdings schon.

»Was steht drauf?«
Ich begegne Shanes neugierigen Blick. Seine blauen Augen leuchten interessiert. Meine eigenen auf das Blatt vor mir geheftet, antworte ich: »Zara hat mich auf eine Party eingeladen.«
»Und, gehst du hin?«

Daraufhin starre ich meinen besten Freund an, als sei er von allen guten Geistern verlassen.

»Oh nein, ich kenne diesen Blick! Du kennst Zara noch nicht einmal und ziehst tatsächlich in Betracht zu dieser Party zu gehen? Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist, Maggs.«

»Wenn du mitgehen würdest, wäre die Idee besser«, gebe ich mit zuckersüßem Lächeln zurück, was Shane mit einem Schnauben kommentiert.

Gerade als Mr Bush ansetzt uns erneut anzuschreien, erlöst uns die Schulglocke von der Anwesenheit unseres Lehrers. Mr Bush ist der erste, der aus dem Klassenzimmer stürmt.

»Also, was sagst du?«
»Na schön«, erwidert Shane zähneknirschend und wendet sich ab, um seine Schulsachen zu verstauen. Zara erscheint grinsend an meinem Platz.
»Und was meinst du, Maggie? Kommst du zu meiner Geburtstagsparty?«

Geburtstagsparty? Dann werde ich im Laufe der Woche wohl noch ein Geschenk für sie besorgen müssen.

»Ja, gerne. Das heißt, wenn es kein Problem ist, dass Shane auch kommt?«, hake ich vorsichtig nach, um sie nicht zu verärgern.
»Nein, natürlich nicht. Je mehr Leute wir sind, umso lustiger wird es!«, meint Zara erfreut. »Ich freue mich, dass ihr kommt.«

»Wir uns auch«, sage ich schnell, weil sie bereits halb aus der Tür ist. Sie lächelt mir noch einmal über ihre Schulter hinweg zu, dann ist sie auch schon verschwunden.
Sofort taucht Shane wieder neben mir auf.

»Aha, sie will also mehr Geschenke einheimsen. Keine schlechte Idee, wie ich gestehen muss. Wieso bin ich da nicht draufgekommen?«

»Ach halt die Klappe«, lache ich. »Nicht jeder hat solche egoistischen Hintergedanken wie du.«
»Wen nennst du hier egoistisch?«, entrüstet er sich gespielt, muss sich allerdings selbst ein Grinsen verkneifen.
Ich lächele.
»Dich und nun komm, ich will nach Hause.«

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