⊱Kapitel 36⊰

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Bisher habe ich Evans Anwesenheit immer verabscheut, aber nun bin ich froh und erleichtert darüber, dass er da ist und mich vor Dylans nicht gerade charmanten Annäherungen rettet. Sofort nimmt Dylan eine Armeslänge Abstand zu mir ein, um seinen Freund mit einem Handschlag zu begrüßen.
»Evan, ich wusste nicht, dass du auch hier bist.«

Dylan versucht erfreut zu klingen, aber selbst mir fällt auf, dass dieser Versuch eher halbherziger Natur ist. In Wirklichkeit ist er genervt, dass Evan uns, oder wohl eher ihn, gestört hat.

»Ich war das letzte Mal beschäftigt, habe ich doch gesagt. Übrigens sucht dich Ian, scheint dringend zu sein.« Evans Blick ist tödlich, aber Dylan, der schon einiges getrunken hat, scheint es nicht zu bemerken.

»Sag ihm, dass ich gerade nicht kann«, erwidert er leichtfertig und richtet seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Ich befinde mich gerade in einer sehr ernsten Unterhaltung.«

Mir kommt fast das Würgen. Flehentlich starre ich Evan an, der mich allerdings nicht beachtet und Dylan aus zusammengekniffen Augen in Grund und Boden starrt.
»Es geht um Gloria, sie ist auch hier. Will mit dir sprechen, soweit ich das mitbekommen habe.«
»Gloria?« Sofort hat Evan Dylans volle Aufmerksamkeit. »Okay, ich gehe zu Ian.«

»In der Küche, Kumpel.« Evan tritt neben mich, einen blauen Becher in der rechten Hand, einen roten in der linken. Er reicht mir den roten.
»Wer ist Gloria?«, frage ich, kaum ist Dylan verschwunden. Ich nehme einen Schluck von dem Getränk, welches mir Evan gegeben hat und stellte verwundert fest, dass es tatsächlich köstlich ist.

»Dylans Exfreundin oder Freundin. So genau weiß ich das nicht.« Evan verdreht die grünen Augen und lehnt sich an der Wand hinter uns an. »Apropos, wo hast du denn heute deinen Freund gelassen?«
Evans Arroganz ist selbst durch den Nebel aus Gin und was auch immer das in meinem Becher ist, deutlich zu spüren. Mir fällt auf, dass er mich finster mustert.

»Er ist nicht hier, wenn es das ist, was du wissen willst. Wenn du mich entschuldigen würdest, ich gehe jetzt Zara suchen«, meine ich knapp und kehrte ihm den Rücken zu. Evan hält mich allerdings auf, indem er mein Handgelenk umfasst. Irritiert wende ich mich ihm wieder zu.

»Wenn du Zara suchst, kann ich dir gleich sagen, dass sie mit Kota und ein Paar anderen Leuten oben ist und Wahrheit oder Pflicht spielt. Ich bezweifle, dass dieses Spiel was für dich ist, aber meinetwegen kannst du gerne dazustoßen.«
Evan zieht seine Hand zurück und zuckt betont desinteressiert mit den Schultern. Doch ich sehe ihm an, dass das nur Fassade ist. Eigentlich ist er wütend und ich habe keine Ahnung warum.

»Was meinst du damit?«, hake ich trotzig nach, obwohl ich unter keinen Umständen bei diesem dämlichen Spielchen mitmachen werde. Trotzdem interessiert es mich, warum ich Evans Meinung nach dort nichts verloren habe.

Evan grinst plötzlich amüsiert und nimmt einen weiteren Schluck aus seinem Becher.
»Du bist bereits ausgetickt als ich dich nur geküsst habe, was denkst du wie weit Zara und die anderen gehen werden?«
Mit einem Schlag wird mein Mund staubtrocken, so als hätte ich eine Wüste verschluckt.

»Du willst doch nicht etwa sagen, dass ...?«
Ich kann es nicht aussprechen und will es mir auch nicht vorstellen. Die Hälfte dort oben ist ganz bestimmt noch minderjährig, Zara eingeschlossen.

»Wenn du schon das Wort Sex nicht in den Mund nehmen kannst, ist es vielleicht besser, wenn du dir andere Freunde suchen würdest, Maggs. Vielleicht welche die mehr so sind wie Shane. Langweilig, übervorsichtig und noch Jungfrau
Er lacht voller Spott und in mir brennt eine Sicherung durch.

»Wie kannst du es wagen?!«, keife ich, doch Evan spricht einfach weiter, als hätte er mich nicht gehört.
»Hätte Zara ihn bei ihrer Geburtstagsparty nicht so schnell abgefüllt, hätte er sicherlich jedem die Party verdorben. Aber dann ist er ja zum Glück mit Jess verschwunden und wir waren die Spaßbremse los.«

Erneut lacht Evan, aber ich weiche entsetzt einen Schritt von ihm zurück. Das kann nicht sein, unmöglich.
»Zara ist dafür verantwortlich?«

Evan muss die Veränderung in meiner Stimme bemerkt haben, denn er zieht fragend seine Augenbrauen zusammen.
»Ja, na und? Außer Jess, die dein kleiner Freund nach wenigen Küssen einfach sitzen gelassen hat, weil sie keine Lust mehr hatte, ist doch nichts passiert. Wieso siehst du mich denn plötzlich so schockiert an?«

In meinem Kopf dreht sich alles und das nicht nur wegen des Alkohols, von dem ich bereits eindeutig genug habe. Hat Shane doch recht und Zara tut uns nicht gut?

Kaum kennen wir sie, hat Shane seine Freundin betrogen (na gut Caesy hat genau genommen das Gleiche getan) und ich mir Ärger mit meiner Mutter eingehandelt. Davon abgesehen, dass ich beide angelogen und ihnen nichts von der Party gesagt habe. Was ist bloß los mit mir? Wieso mache ich plötzlich alles falsch?

»Hey, warum weinst du?«

Erst als Evan es ausspricht, bemerke ich die salzigen Tränen auf meinen Wangen. Ich schüttele den Kopf, als Zeichen, dass ich jetzt nicht darüber sprechen will. In Evans Gesicht steht Sorge, aber ich weiß, dass er es nicht ernst meint und kann es nicht länger ertragen.

Ich wirbele herum und ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, verschwinde ich durch die Haustür in den Garten.

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