Seit geraumer Zeit beobachte ich von meinem Platz an der Snackbar aus ein extrem süßes Pärchen mittleren Alters, welches viel zu früh für die vorletzte Vorstellung des heutigen Abends gekommen ist. Aufgefallen waren sie mir das erste Mal, als der Mann zu mir gekommen war und für seine Frau einen koffeinfreien Kaffee bestellt hatte. Daraufhin musste ich mit Bedauern verkünden, dass wir diese Sorte nicht führten und er hatte stattdessen eine Flasche Wasser geordert.
Mir ist nur allzu bewusst, warum der Kaffee koffeinfrei sein sollte. Mittlerweile sieht man den Babybauch der beneidenswert schönen Frau deutlich. Obwohl sie bequeme, unauffällige Kleidung trägt, sieht sie mit ihrer schneeweißen Haut und den glänzenden roten Locken noch immer wie ein Victoria Secret Model aus.
Irgendwo habe ich die beiden schon einmal gesehen, aber ich komme nicht darauf wo. Ein Foto in einem Magazin?
»Wenn du noch länger so starrst, fallen dir bald die Augen aus dem Kopf«, witzelt Cody, der plötzlich neben mir steht. Ich habe nicht mitbekommen, wie er sich genähert hat.
»Wirklich witzig«, kommentiere ich seinen lahmen Versuch lustig zu sein, aber meine Mundwinkel zucken dennoch verräterisch. »Was gibt’s denn?«Cody sieht mich zweifelnd an.
»Sag bloß, du hast vergessen, dass du schon seit knapp fünf Minuten Feierabend hast.« Das ist keine Frage, Cody ist sich der offensichtlichen Tatsache nur allzu gut bewusst.
»Ich darf nicht noch etwas länger bleiben, oder?«
Ich möchte nicht nach Hause und will, feige wie ich nun mal bin, das Gespräch mit meiner Mutter noch hinauszögern.»Ich bin mir sicher Jerry hätte nichts dagegen, aber ich habe das. Geh nach Hause und ruh dich aus, Maggs. Du hast morgen Schule«, sagt Cody und legt mir seine Hand auf die Schulter.
»Du bist zu fürsorglich, hat dir das schon mal jemand gesagt?«, will ich lächelnd wissen, komme aber seinem Ratschlag nach.»Meine kleine Schwester vielleicht«, gibt Cody nachdenklich zu und bringt mich damit zum Lachen.
»Tja, da kann ich ihr nur zustimmen.«
Wieder besserer Laune verabschiede ich mich von Cody mit einer freundschaftlichen Umarmung, weil er sich schon auf den Weg macht, um zusammen mit Jamie die Vorstellungsräume zu säubern.Ich schnappe mir meine Tasche, die mir Jules heute Vormittag netterweise zusammen mit meiner Arbeitskleidung gebracht hat und sehe schnell meine Nachrichten durch. Jules möchte wissen, ob ich Heim komme oder ob sie mir meine Schulsachen und frische Kleidung vorbeibringen soll. Auch Tante Caroline fragt, ob ich nicht doch noch eine Nacht bleiben möchte. Eine weitere Nachricht ist von Dad, aber gerade als ich sie öffnen möchte, ertönt plötzlich lautes Stimmengewirr.
Verwundert lasse ich mein Handy zurück in meine Umhängetasche gleiten und verlasse den Personalraum. An der Snackbar steht mittlerweile Gwen, die mich für die Spätschicht ablösen sollte. Ich folge ihrem entsetzten Blick und halte überrascht inne.
Die Vorstellung endet erst in etwa fünf Minuten, trotzdem steht Evan bereits im Foyer. Durch seine dunklen Tattoos ist er mindestens genauso auffällig, wie eine weiße Maus zwischen Dutzenden grauen. Aber nicht sein Körperschmuck ist es, der Gwen den Schweiß auf die Stirn treibt, es sind die Worte, mit denen er auf den Ehemann der Modelfrau einbrüllt.
Innerhalb von Sekunden treffe ich meine Entscheidung und gehe mit festen Schritten auf das Grüppchen zu. Die arme Frau sieht aus, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen und das wäre sicher nicht gut für ihr Baby.
»Ich will nicht Teil eures verfickten Lebens sein, wann kapierst du das endlich?!«, schäumt Evan und zittert am ganzen Körper. Was der Mann antwortet, verstehe ich nicht, weil er im Gegensatz zu Evan besonnen und ruhig spricht.
Bevor ich einen Rückzug auch nur in Betracht ziehen kann, überwinde ich die letzten Schritte und frage: »Gibt es hier ein Problem?«
Evans Blick ich absolut tödlich, als er zu mir herumfährt. Das Grün seiner Augen wirkt wie pures Gift.»Halte dich gefälligst da raus, Maggie!«, knurrt Evan. Seine Stimme ist voller Aggressivität und plötzlich habe ich Angst, dass er jeden Moment die Kontrolle verliert und eine Schlägerei vom Zaun bricht.
»Evan mein Sohn, wer ist dieses reizende Mädchen?«
Sohn?Ich starre abwechselnd den Mann, der dann wohl Evans Vater ist, und Evan an, und tatsächlich, die Ähnlichkeit zwischen beiden ist verblüffend. Dasselbe lockige braune Haar und die kantige Kinnpartie. Das Einzige, was anders bei beiden ist, sind die Augen. Die von Evans Dad sind Braun, nicht Grün.
Warum ist mir das nicht schon eher aufgefallen?»Das geht dich einen feuchten Dreck an, William!«, brüllt Evan, die Hände zu Fäusten geballt und plötzlich wird mir schlagartig klar, wo ich die beiden schon einmal gesehen habe. Die Fotos im Arbeitszimmer, auf Zaras Geburtstagsparty. Das war gar nicht das Haus von Zaras Mutter, wie ich bis jetzt angenommen habe, es war das von Evans Eltern.
Und nun wird mir auch bewusst, warum Evan mir gefolgt ist, anstatt Nici im Arbeitszimmer seines Dads flachzulegen. Warum er mir gedroht hat, mir mein Leben zu Hölle zu machen, falls ich nicht aus seinem Leben verschwinden würde und aus welchem Grund er schließlich seine Meinung geändert und mir Tausende Fragen zu meiner Familie gestellt hat.
Evan ist davon ausgegangen, dass ich nach dem Betrachten der Fotos über seine Familie Bescheid weiß. Er hatte regelrecht Angst davor und wollte sicher gehen, dass dem nicht so ist. Nur warum?
»Sie haben keine Ahnung, oder?«, flüstere ich und mit einem Mal wird es totenstill. Evan starrt mich an, auch seine Eltern tun es. Ich spüre ihre Blicke, aber meine Augen sind einzig und allein für den tätowierten Jungen reserviert. Evan weiß, dass ich von seinen Freunden spreche, ich erkenne es an der Art, wie er mich ansieht. Beinahe ... verzweifelt?
»Wovon haben wir keine Ahnung?«, fragt William, der meine Aussage falsch interpretiert hat. Ich will es gerade richtig stellen, doch da kommt mir Evan zuvor.
»Wir gehen«, knurrt er, packt grob meinen Arm und schleift mich von seinen Eltern fort.
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Light up my World
Novela JuvenilSie sind so verschieden, wie die Farben Rot und Blau, doch zusammen ergeben sie ein atemberaubendes Violett! Als Maggie Frey und Evan Davis sich zum ersten Mal begegnen, ahnen sie noch nicht, was alles auf sie zukommen wird. Denn obwohl zunächst all...