11 | Dear Diary

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Let someone read your story with all the thoughts you have.

valerie

Mit den Jahren hatten sich schon viele vollgeschriebene Tagebücher in meinem Bücherregal breit gemacht. Ich war noch nicht bereit mich von ihnen zu trennen. Momentan schrieb ich in meinem zwölften Tagebuch.

Die letzten Kapitel handelten oft von Harry und meinen Gefühlen für ihn. Von unserer ersten Begegnung bis zu dem Moment als er sich über meine Gefühle lustig gemacht hatte.

Wie verletzend das wirklich war und wie schwer es doch war ihn zu vergessen.

Liebes Tagebuch,

ich saß um ein Uhr morgens an meinem Schreibtisch und überlegte wie ich den Jungen hassen sollte, in den ich mich verliebt hatte. Kann man jemanden den man liebt überhaupt hassen?

Ich liebte ihn für seine spezielle Art mit anderen Menschen umzugehen. Er war kein Freigeist aber auch kein totales Arschloch. Er war irgendwas zwischen diesen beiden Dingen.

Womöglich ein kleiner Rebell, der nur rebillierte um überleben zu können. Wahrscheinlich gab es in diesem Mileu schlimmere Typen als ihn.

Ich glaubte, dass er tief in seinem Inneren eine gute Seele war. Niemand der freiwillig Gewalt anwandte. Sein Leben hatte ihn quasi dazu gezwungen so zu sein wie er heute war. Für ihn spielten in seinem Leben nur fünf Leute und ein blinder Hund die großen Hauptrollen.

Ceddie hingegen war beispielsweise eine Nebenfigur. So wie ich. Oder die Pflegeeltern seiner Geschwister. Er kam sich wohl wie ein Versager vor. Dabei hatte ihm jemand einfach eine zu große Verantwortung auf den Rücken gepackt.

Harry war sehr stur. Wollte alles allein schaffen. Er spielte anderen Menschen eine Stärke und Sicherheit vor, die aber im Hintergrund oft schwächelte. Er hatte schlichtweg angst seine Gefühle zu offenbaren.

Das war fremd für ihn, weil man sich sowas in seiner Welt nicht erlauben konnte. Denn dann war man wohl angreifbarer für Andere.

Aber waren wir das nicht alle irgendwo? Wenn ich mehreren Leuten meine geheime Leidenschaft für das Schreiben von Romanen verraten hätte, wären vermutlich unterschiedliche Reaktionen herausgekommen.

Fünfundsiebzig Prozent beschäftigten sich nicht weiter damit, fünfzehn Prozent lachten mich dafür aus und die restlichen zehn Prozent fanden es ernsthaft interessant.

Auch wenn es nur fünfzehn Prozent waren, hatten sie nun etwas gegen mich in der Hand, wodurch ich mich selbst angreifbar gemacht hatte.

So ähnlich stellte ich mir auch Mobbing vor. Am Ende waren die Anführer dieser Mobbingaktionen einfach nur idiotische und zersplitterte Menschen, die nur so in Selbstmitleid schwammen. Ihre Wut darüber mussten sie dann an den Schwachen auslassen um stark rüberzukommen.

Und das taten manche um jeden Preis. Musste man sowas verstehen? Die Antwort lautete meines Erachtenes nach Nein.

Aber kamen wir zum eigentlich Thema zurück.

In My Blood | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt