Anfang

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Angefangen hat alles damit, dass ich mich verliebt habe.

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Der Regen peitscht gegen das Fenster. Der Wind heult um das Gebäude. Im Inneren ist es ungemütlich kalt. Der Stein spendet keine Wärme, die Menschen hier auch nicht. Sie ignorieren mich, laufen an mir vorbei oder schauen mich komisch an. Die Blicke versuche ich zu ignorieren, meine einzige Aufgabe besteht darin meinen Vater abzuholen. Es ist noch früh am Abend, die Sonne steht schon ziemlich tief wodurch das Gebäude von orangem Licht geflutet wird. Nervös wippe ich mit meinem Bein auf und ab, immer wieder geht mein Blick zur Tür. Wie lange die wohl noch brauchen werden? Ich hasse es hier zu sein, viel zu oft saß ich auf den unbequemen Plastikstühlen, viel zu oft habe ich mit den Männern hier diskutiert, viel zu oft wünschte ich mir das so vieles anders verlaufen wäre.

Aber das wünschen ist sie Seifenblasen blasen, sie sind schön anzuschauen, zerplatzen aber sobald sie zu hochsteigen. Ich rutsche weiter in meinem Stuhl runter und vergabe meinen Kopf in meinem Schaal, der Schlafmangel holt langsam seinen Tribut. Immer wieder fallen mir die Augen zu, es wird immer schwerer sie offen zu halten. Gerade als ich kurz vorm Einschlafen bin geht endlich die Tür auf. Der Mann von vorhin tritt heraus, hinter ihm mein Vater. Erleichtert atme ich aus. Das Gesicht meines Vaters ist verzehrt. Wütend hat der die Augen zusammengenkiffen und den Mund zusammengezogen. Das wird eine nette Autofahrt, denke ich mir als ich aufstehe und auf die beiden zugehe. "Ist das ihre Tochter?" fragt der Mann. "Mmh." brummt mein Vater. So Höflich wie eh und je. "Ich fahr ihn heim, Officer." mische ich mich ein. Der Mann in Uniform mustert mich kurz, dann gibt er ein Nicken von sich und entlässt uns. Mein Vater schweigt, bis wir das Polizeirevier verlassen haben. Doch sobald wir außerhörweite jedes Polizisten sind, fängt er an.

"So eine Unverschämtheit. Die wollten mich über Nacht dabehalten! Einen Scheiß tu ich für die. Unser Land ist am Arsch wegen solchen Arschlöchern wie denen. Ich habe rein gar nichts kriminelles getan. Ich habe meine Ehre und meine Familie beschütz und dafür werde ich eingesperrt!" Ich verdrehe die Augen. Eilig laufe ich zu unserem Auto, schließe es auf und setzte mich hinters Steuer. Ich ziehe die Tür zu, kurz ist es musmäuschenstill im Auto. Außer der Regen ist nichts zu hören. "So was lass ich mir nicht gefallen! " poltert er im Auto weiter. Weg ist die entspannte Stille. Ich beiße mir auf die Zunge um ihn nicht zu widersprechen, das letzte Mal hat es nicht gut für mich geendet. Also schweige ich die Fahrt über. Die Schimpftriade erlasse ich stumm über mich ergehen. Es ist jedes Mal dasselbe. "Die Menschheit besteht doch nur noch aus Feiglingen und Arschlöchern." Sobald das Auto steht, springe ich raus. Mein Kopf tut weh, meine Augenlider sind schwer und meine Nerven liegen blank.

" Everleigh! " "Was?" Ich drehe mich zu meinem Vater um. Der Regen hat bereits meine Haare durchnässt. Dieser kommt nur langsam die Treppen hoch zu unserer Haustür. "Ich werde meine Jungs einladen..." Er brauch nicht weiter zu sprechen, seine Augen sagen alles weitere. "Schon verstanden." Ich schließe die Tür auf und gehe direkt zur Treppe doch mein Vater hält mich zurück. "Danke, dass du mich abgeholt hast. Wird nicht wieder vorkommen. " Er lächelt mich an. Kurz schließe ich meine Augen um mich zu sammeln. Immer wieder rede ich mir rein, dass er es diesmal ernst meinen würde, jedes Mal werde ich aufs Neue Enttäuscht. "Keine Ursache." Jedes Mal reagiere ich gleich. Ich stehe schon mit einem Fuß auf der Treppe als ich innehalte. " Dad? " Neugierig schaut er mich an. "Mach....Mach heute Abend keine Dummheiten. Okay? Nichts Unerlaubtes in nächster Zeit, bitte." Flehe ich ihn an. Mein Vater kaut kurz auf seiner Lippe und streicht sie das immer werdende Haar zurück. "Everleigh, du weißt das ich das nicht versprechen kann." Frustration packt mich. "Wieso nicht?" blaffe ich ihn an. Meine Stimme klingt fest und fremd. "Ich entscheide sowas nicht allein. Ich möchte das du in Sicherheit leben kannst und dafür riskiere ich alles." Seine Stimme ist monoton, seine Augen fixieren mich. Ich schlucke den Klos im Hals runter, konzentriere mich, damit meine Stimme nicht bricht. "Ich..." Sie bricht. Tränen wollen raus, ich kneife meine Augen zusammen. "Egal." murmle ich. Mein Vater wendet sich ab, ich wende mich ab. Langsam erklimme ich die Stufen in mein Zimmer hinauf.

Ich werde den restlichen Abend in meinem Zimmer verbringen, so wie die meisten Tage, wenn mein Vater Besuch bekommt. Ich kann seine Freunde nicht leiden und die meisten können mich nicht leiden. Also verkrieche ich mich lieber.

The DifferenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt