Ich gehe gerne dem Problem aus dem Weg, so kann ich mir einreden, dass es gar keins gibt.
******************
"Ever?" Ich ziehe die Jacke zu, schnappe mir meinen Schlüssel und öffne die Tür. "Ever!" die Stimme kommt näher. Meine Hand liegt bereits an der Türklinge als die Stimme und die Person zu dieser Stimme hinter mir stehen bleibt. "Hey, Ever rede mit mir." sagt Eric eindringlich. Ich drehe mich um, öffne neben bei die Tür, und lächle ihn entschuldigen an.
"Sorry, ich bin spät dran. Wir reden wann anders." Dann bin ich draußen. Mit schnellen Schritten gehe ich zu Dads Wagen und fahre schon in der nächsten Sekunde von unserem Grundstück. Ich weiß das ich mich Feige verhalte und eigentlich zu meinem Verhalten stehen sollte aber...nein. Mein Handy, das neben mir auf dem Beifahrersitz liegt, vibriert. Ich konzentriere mich weiterhin auf die Straße. Ich bin schon 5 Minuten zu spät dran, weil ich gehofft hatte, das Eric vor mir das Haus verlassen würde. Hat er aber nicht.
Als ich schließlich 20 Minuten zu spät auf dem Parkplatz beim Café ankomme, hat mein Handy so oft gepiept das es mich nicht wundern würde, wenn die Batterie jetzt leer ist. Völlig entnervt schnappe ich mir es und schaue drauf.
1 Verpasster Anruf von Eric und eine Nachricht und 120 Nachrichten aus einer neuen Gruppe in die ich von Kim hinzugefügt worden bin. Ich ignoriere erst Erics Nachricht und schaue mir neugierig die WhatsApp Gruppe; Hydroxylgruppe, an. Das Profilbild ist eine Nahaufnahme von Kims Gesicht. Etwas verwirrt gehe ich auf Info und schaue mir die Gruppenmitglieder an. Kim, Kenan, Amber und Will. Ich kratze mich am Kinn, gehe auf Kims Chat und frage nach einer Zusammenfassung. Auf eine Antwort warte ich nicht. Während ich aus dem Auto aussteige lese ich die Nachricht von Eric.
Eric: Du weißt das wir reden müssen, Everleigh. Lauf nicht von mir davon!
Ich verdrehe die Augen und tippe, während ich laufe.
Ever: Ich laufe nicht vor dir weg. Ich war zu spät dran.
Sofort kommt eine Antwort.
Eric: Dann reden wir heute Abend.
Ever: Ich kann heute nicht.
Das war eine Lüge.
Eric: Dann Morgen. Das passt eh viel besser.
Ever: Wieso passt es besser?
Eric: Weil wir dann zusammen zur Halle gehen können.
Ich bleibe stehen und starre auf mein Handy.
Ever: Ich gehe Morgen nicht zur Halle.
Eric: Doch tust du.
Am liebsten hätte ich mein Handy auf den Asphalt geschmissen, so sehr nervte mich Erics Macho Gehabe. Aber ich beherrsche mich, stecke das Handy ein und reiße mit etwas zu viel Kraft die Tür zum Café auf.
*******************
Nach zwei Stunden, kommt Kenan mit seinem kleinen Bruder ins Café geschneit. Es ist wenig los daher nehme ich mir die Zeit um mich zu ihnen zu gesellen.
"Hey." Ich stelle mich hinter den Tresen vor sie hin. Kenans Kleiner Bruder hüpft auf einen Hocker und grinst mich breit an. "Ich hätte gerne eine Cola!" Ich lächle ihn an. "Bekommst du. Und du?" ich drehe mich zu Kenan. Dieser grinst mich an. "Er will einen Schokomilkshake. Etwas anderes trinkt er nämlich nicht. " antwortet der Kleine. "Alles klar. kommt sofort."
Ich drehe mich um und bereite beide Bestellungen zu. Mit einem Ohr lausche ich den beiden. "Du stellst mich vor ihr ziemlich blöd da." raunt gerade Kenan. Ich grinse breit. "Wieso denn? Mag sie keine Milkshakes?" fragt sein kleiner Bruder mit kindlicher Unerfahrenheit. "Das weiß ich nicht. Aber." "...Vielleicht hat sie einen guten Geschmack und mag lieber Cola." unterbricht er Kenan. Dieser seufzt. "Das musst du sie fragen."
Da stelle ich den Mixer an und höre kurz nicht was als nächstes gesagt wurde. Erst als ich die Milchmasse in ein Glas gebe höre ich Kenan wieder. "Mädchen mögen das. Frag sie nach ihren Namen und sag etwas nettes." flüstert Kenan. Etwas verwirrt über wen sie reden drehe ich mich zu den beiden. Vor Kenan stelle ich den Milkshake und vor den kleinen jungen Mann die Cola.
Mit seinen braunen großen Augen schaut er zu mir hoch. "Wie heißt du?" fragt er geradeheraus. "Everleigh und du?" Er bleibt still. Angestrengt schaut er erst mich und dann Kenan an. Dieser nickt ihn ermutigend zu. Etwas überfordert lächle ich ihn an. "Das ist ein wirklich toller Name." sagt er wie aus der Pistole geschossen. "Dankeschön." sage ich berührt. "Marlon das mit dem Flirten üben wir noch." kichert Kenan hinter vorgehaltener Hand.
Tadelnd schaue ich zu Kenan und schlage mit meinem Lappen nach ihm. "Hör auf so gemein zu sein!" empöre ich mich. Marlon scheint, Kenans Kommentar nichts auszumachen. Er grinst seinen großen Bruder an. "Na wenigstens habe ich den Mut einem Mädchen Komplimente zu machen. Ich hatte schon zwei Freundinnen." prahlt er und hebt seine Hand und zeigt zwei Finger. Ich mache große Augen. "Echt? Du bist ja ein richtiger Aufreißer...und das schon mit...?" Abwartend schaue ich die beiden Jungs an. "8!" sagt Marlon stolz. "Mama sagt ich bin schon viel reifer als Kenan. Mama beschwert sich auch immer das Kenan nie jemanden mit heimbringt. Sie sagt sie hat Angst keine Enkelkinder zu bekommen."
"Marlon!" versucht Kenan seinen Bruder zurechtzuweisen aber er grinst dabei. Wie die zwei rumzanken amüsiert mich so sehr das ich mit dem Lächeln und lachen gar nicht mehr aufhören kann.
Irgendwann, als beide ihre Getränke leer getrunken habe und Marlon als nächstes nur ein Wasser bekommen hat, frage ich Kenan nach der WhatsApp Gruppe.
"Warum heißt sie...Hydroxylgruppe?" Kenan fährt sich einmal durch die Haare. "Kim hat sich den Namen ausgedacht. In Chemie haben wir die Alkoholgruppen durchgenommen und Alkohol heißt Hydroxid und naja, weil Kim eben gerne trinkt fand sie es lustig uns so zu nennen." "Kreativ." antworte ich kichernd. Gerade will ich etwas erwidern als mein Handy zu klingeln anfängt.
Mit einem entschuldigenden Lächeln schnappe ich mir es und verschwinde in der Küche um den Anruf entgegenzunehmen.
"Hallo?" frage ich in den Hörer. "Hi, Ever." Verwundert schaue ich auf das Display. Die Nummer habe ich nicht eingespeichert, auch sonst kommt sie mir nicht bekannt vor. "Von welchem Handy rufst du an, Eric?" frage ich entgeistert. "Mein Handy ist leer, rufe von dem Handy meines Dads an." Aha. "Wollte nur wissen ob du eine Mitfahrgelegenheit brauchst. Ich könnte dich abholen." Meine Gute Laune schwindet immer mehr, macht Platz für die Wut. "Nein, ich bin mit dem Auto hier, Danke Eric." Ich höre ihn enttäuscht seufzen. Bevor er die Gelegenheit hat noch etwas anderes zu fragen, quatsche ich schnell weiter. "Ich muss auflegen, hier ist die Hölle los."
"Okay, dann sehen...Piiiiep." Schon aufgelegt. Ich lehne mich an den Vorratsschrank und versuche meine Wut wieder in den Griff zu bekommen. "Oh Hey, Ever." Mein Kopf dreht sich nach links. Aus der Kühlkammer kommt Marlene mit einer Kiste Orangen. Ihre Haare stehen ihr wirr vom Kopf ab. Sie pustet sich dich den Pony aus der Stirn, während sie versucht die Kühl Tür mit dem Fuß zuzudrücken.
Schnell gehe ich zu ihr und helfe. "Komm, warte ich helfe dir." Ich nehme ihr die Kiste mit den Orangen ab. "Danke." Sie strahlt mich an. Ich lächle zurück.
Ich will gerade durch die Tür, ins Café zurück als sie mich innehalten lässt. "Ich mag die neue Ever." kichert Marlene hinter mir. Ruckartig drehe ich mich um. "Was?" frage ich, fast ein bisschen fassungslos. "Na du bist in letzter Zeit anders drauf. Du zeigst jetzt viel stärker wie es in dir drin aussieht. Wenn du glücklich bist, sehe ich das sofort. "
Verunsichert über ihre Worte nicke ich bloß, drehe mich wieder um und verschwinde im Café.
Aber die Worte gehen mir den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf. Auch als ich sehr viel später hellwach in meinem Bett liege und an die Decke starre, gehen mir ihre Worte nicht mehr aus den Ohren.

DU LIEST GERADE
The Difference
Teen FictionEverleigh und Kenan. Zwei Verschiedene Charaktere. Zwei verschiedene Menschen. Sie wollte das alles nicht. Er hat das alles herbeigerufen. Sie hatte Angst. Er nahm sie ihr. Er und Sie Ein Thema das jeden von uns etwas angeht. Eine fiktive Gesc...