Du überlebst das.
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Meine Mauern sind nicht mehr so dick und undurchdringlich wie sie vor ein paar Wochen noch waren.
Das wird mir klar als ich gerade Abendessen koche. Ich stehe am Herd und lasse die Worte von Marlene erneut durch meinen Kopf kreisen. In den letzten Wochen habe ich so viel gefühlt wie in den letzten 5 Jahren nicht mehr. Es ist nicht so dass ich in den letzten 5 Jahren überhaupt nichts gefühlt habe, aber ich konnte diese Gefühle besser unterdrücken. Seid....ja seid Kenan mich damals vor der Schule verteidigt hat, habe ich das Gefühl meine Gefühle liegen auf einem Präsentierteller. Ich weine öfter und ich lache mehr. Ich...ich kichere sogar. Kichern!
Während ich weiter in der Pfanne meine Bratkartoffeln hin und her schiebe gehen meine Gedanken weiter an Kenan. Er hat viel dazu beigetragen das ich mich verändert habe. Er hat mich zu denken angeregt. Er nimmt mir das Taubheitsgefühl. Ein Kloß bildet sich in meinem Magen. Ich spüre die Vorahnung einer Veränderung. Der Kloß wie größer und schwerer. Verdammt. Diese Veränderung jagt mir eine Höllen Angst ein.
Ich bin so in Gedanken das ich erst merke das jemand im Haus ist als die Küchentür geöffnet wird. Vor Schreck lasse ich den Pfannenwender auf den Boden fallen und kreische kurz auf. Als ich jedoch sehe wer mir Gesellschaft leistet beruhigt sich mein Herzschlag gleich wieder. "Man Eric!" fauche ich und gehe in die Knie um die Sauerei aufzuwischen. "Sorry." nuschelt Eric, schließt die Tür und setzt sich an den Küchentisch. Jetzt fängt mein Herz von neuen an zu rasen aber diesmal aus einem anderen Grund.
Seit Tagen gehe ich Eric aus dem Weg. Seit Tagen ignoriere ich seine Worte. Jetzt muss ich mich ihm Wohl oder Übel stellen. Mit finsterer Miene drehe ich mich zu meinem Essen und stochere weiter drin rum. Bevor er die Gelegenheit hat auf das Thema zu sprechen zu kommen grätsche ich dazwischen. "Ist dein Dad auch da? Haben die auch Hunger? Meinst du ich soll mal nachfragen?" Ich stelle den Herd aus, dann drehe ich mich Richtung Tür. Von draußen dringen die Stimmen unserer Väter herein. "Nein, wir haben schon gegessen." meint Eric leise. "Na gut." Schulterzuckend drehe ich mich zu meinem Essen hin und gebe mir auf einen Teller. Zusammen mit den Bratkartoffeln esse ich zwei Spiegeleier.
"Wo wart ihr denn?" frage ich um ein bisschen Small Talk zu betreiben und um den Elefanten im Raum zu ignorieren. Ich setzte mich mit meinem Teller und einem Glas Wasser vor Eric. Dieser schaut mich durch seine in die Augen hängenden Strähnen an. Sein blondes Haar ist total verstrubbelt. Seine grünen Augen schauen mich intensiv an. Er lehnt sitz nach vorne gelehnt da. Seine nackten Arme liegen auf dem Tisch, nur etwa einen halben Meter von meinem Essen entfernt.
"Wir waren bei einem Termin." "Was für einen Termin?" Eric zieht eine Augenbraue nach oben. "Was?" frage ich mit der Gabel vor meinem Mund. "Unsere Väter interessieren sich für den Ku-Klux-Klan, wir hatten heute ein Gespräch mit einem Anwärter. Sie finden unsere Aktionen gut und würden uns gerne Fördern." Mir bleibt das Ei im Hals stecken. Die Bratkartoffeln in meinem Magen werden bleischwer. Ich muss all meine Kraft zusammennehmen um nicht das Gesicht zu verziehen. Ich trinke einen Schluck um nichts sagen zu müssen. Mir wird immer schlechter.
"Schön." presse ich zwischen zusammenpressten Lippen hervor. Eric nickt. Ich nehme wieder die Gabel in die Hand, aber ich schaffe es nicht weiter zu essen.
Eric bemerkt das ich nicht mehr dazu sagen werde. Er richtet sich auf, faltet seine Hände ineinander. Ich weiß das er jetzt gleich darauf zu sprechen kommen. Ich mache mich innerlich bereit. "Können wir reden?" fragt er mit rauer Stimme. Ich meide seinen Blick, schaue lieber auf seine Hände. "Über was willst du reden?" Eric seufzt laut. "Über den Kuss, verdammt." Ich beiße mir auf die Zunge.
"Was gibt es da zu reden?" hinterfrage ich kalt. Eric setzt sich noch ein Stück aufrechter hin. Seine Miene erstarrt. "Dein Ernst, Ever?" Jetzt bin ich es die die Arme verschränkt und sich aufrichtet. "Was?" "Du willst allen Ernstes so tun als sei nichts passiert?" Ich spüre wie die Hitze in mir hochsteigt. "Nein will ich nicht aber ich hänge es auch nicht an die große Glocke!" fahre ich ihn an. Eric entfaltet seine Finger und legt sie flach auf den Tisch. "An die große Glocke? Ich bitte dich Ever. Ich habe dich geküsst und du hast mich zurück geküsst. Mir hat es gefallen und dir ja wohl auch! Also hör auf die unnahbare Frau zu spielen! "
Mein Kopf fliegt hoch. Ich schaue Eric in seine stürmisch grünen Augen. Seine Lippen sind zusammengepresst. "Ich spiele hier gar nichts, Eric. Ich war betrunken." Ich versuche einen milderen Ton anzuschlagen. "Ever. Komm schon." Eric lehnt sich weiter vor. Näher zu mir. Meinen Teller habe ich inzwischen völlig vergessen. Mir ist der Appetit vergangen.
"Ich weiß das du mich magst. Es war klar, dass das irgendwann zwischen uns passieren wird." Er setzt ein charmantes Lächeln auf. "Nein, Eric. " "Everleigh." Er klingt wie eine mahnende Mutter. "Nein Eric. Ich mag dich aber nicht so." "Und wieso hast du mich dann geküsst?" fragt er herausfordern. "Weil ich betrunken war!" rufe ich aus. Da schlägt Eric mit beiden Händen auf den Tisch. Ich zucke zurück. "So betrunken warst du nicht!"
Mit großen Augen schaue ich ihn an. Mir fehlen die Worte. Ich öffne zwar meinen Mund aber es kommt nichts heraus. "Everleigh, ich meine ja du warst betrunken aber...komm schon. Du magst mich und ich mag dich. Sehr. Lass es uns doch wenigstens versuchen. Dein Dad würde es befürworten." "Nein." murmle ich leise. "Sprich lauter, ich verstehe dich nicht." mahnt er mich erneut.
Ich schaue hoch. Suche seinen Blick und schüttle langsam den Kopf. "Nein, Eric. Ich will es nicht probieren und mein Dad hat nicht zu entscheiden wen ich irgendwann als Partner nehme." Erics Lächeln schwindet immer mehr aus seinem Gesicht. Etwas in mir sticht. "Es tut mir leid Eric." Er antwortet nicht. Ich lehne mich vor, lege ihm meine Hand auf seine. "Es tut mir leid." sage ich erneut. Doch er zieht nur seine Hand weg und steht auf.
Ich stehe ebenfalls auf und gehe ihm hinterher. "Wir...wir sind immer noch Freunde Eric." gebe ich von mir, einfach nur weil ich ein schlechtes Gewissen habe. Es stimmt. Ich habe ihn geküsst und damit die Hoffnung geschnürt aber...er war es nicht den ich an den Abend wirklich küssen wollte.
"Ever?" Er bleibt an der Tür stehen. "Ja?" frage ich ein wenig zu Hoffnungsvoll. Mit dem Rücken zu mir spricht er: "Du wirst es noch bereuen." Damit öffnet er die Tür und verschwindet in den Flur.
Ich bleibe noch kurz allein zurück bevor ich meinen Teller nehme und ihn in den Kühlschrank stelle. Auf dem Weg in mein Zimmer schaue ich noch kurz im Wohnzimmer vorbei. Eric sitz mit einem Bier auf dem Sofa und hört seinem Dad zu. Ich schaue zu meinem. Er Sitz in seinem Sessel und fängt an zu lächeln als er mich sieht. "Hey, Mäuschen." "Hi." "Willst du dich zu uns setzen?" fragt er. "Nein will sie nicht." mischt sich Eric ein ohne den Blick zu heben. Mein Vater schaut verwirrt zu ihm, dann zu mir. Ich zucke mit den Schultern. "Alles gut, ich muss noch lernen." "Mach nicht zu lang." sagt mein Dad. Ich nicke und kehre mit einem mulmigen Gefühl dem Wohnzimmer den Rücken.
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The Difference
Teen FictionEverleigh und Kenan. Zwei Verschiedene Charaktere. Zwei verschiedene Menschen. Sie wollte das alles nicht. Er hat das alles herbeigerufen. Sie hatte Angst. Er nahm sie ihr. Er und Sie Ein Thema das jeden von uns etwas angeht. Eine fiktive Gesc...