Atmen ist das natürlichste auf der Welt und trotzdem fühlt es sich manchmal so an als würden wir daran ersticken.
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Mein Fuß pocht. Meine Gedanken drehen sich so schnell im Kreis das ich die Augen schließen muss damit mir nicht schlecht wird. Mein Hals tut vom Rumzicken weh und meine Lippen prickeln in gespannter Vorfreude auf den nächsten Kuss.
Kenan schweigt und lässt mir alle Zeit der Welt. Ich lehne an einen Mauerpfeiler und habe mein verletztes Bein nach vorne ausgestreckt. Kenan hält ihn vorsichtig auf seinem Schoß fest, während er abwesend meinen Knöcheln streichelt.
"Hast du schonmal den Atem angehalten damit du nichts sagst? Damit es einfach schnell vorbei geht und du dir nicht die Mühe machen musst dich damit auseinander zu setzen?" frage ich leise in die Stille hinein. Kenan streichelt weiter unbeirrt meinen Fuß weiter, sein Blick geht in die Ferne. Ohne mich anzuschauen antwortet er mir genauso leise. "Früher. Ja, mehr als das ich mir selbst eingestehen will." "Und jetzt hältst du nicht mehr den Atem an?" Sein Blick geht langsam zu mir. Auf seinen Lippen spiegelt sich ein kleines Lächeln wider.
Seine braunen Augen hingegen mustern mich intensiv. Ich winde mich leicht unter seinem Blick und schaue lieber auf meinen Fuß. "Nein. Nicht mehr." Seine Stimme klingt kehlig. Ich grüble weiter nach. Versteife mich zu sehr in Gedanken das ich nur leise mitbekomme wie Kenan mich anspricht.
"Hältst du den Atem an, Ever?" Langsam hebe ich den Kopf und schaue in die vertraut braunen Augen. "Ständig." gestehe ich ihm so leise das es mich nicht wundern würde, wenn die Worte vom Wind weggeblasen wurden bevor sie Kenan erreicht haben. Aber es scheint als habe er mich verstanden. Er setzt sich aufrechter hin und hält in der Streichelbewegung inne.
"Das ist aber nicht gesund." sagt er. "Ich weiß." Mir bricht die Stimme. "Ich...bin kurz vorm ersticken." Tränen drücken hinter meinen Lidern, sie wollen raus. Mein Hals beginnt fürchterlich zu kratzen als wolle ein Schluchzer aus mir raus. Ich kämpfe um meine Beherrschung, beiße die Zähne zusammen und konzentriere mich auf den Schmerz in meinem Fuß.
"Dann fang wieder an zu Atmen." Ich traue mich nicht zu antworten. Zu groß ist die Angst von Tränen überrannt zu werden. Stattdessen balle ich meine Hände zu Fäusten und atme ein paar Mal tief durch.
Ganz langsam, als wäre Kenan sich ebenfalls nicht sicher was er als nächstes tut, legt er meinen Fuß langsam ab. Vorsichtig lasse ich ihn nach unten baumeln und beobachte ihn weiter. Kenan rutscht an sein Ende, lehnt sich mit den Rücken an den Pfeiler, so sitz er in identischer Position mir gegenüber. Er zieht seine Kapuze über den Kopf als ein Wind durch die alte Ruine bläst, und lässt seine Beine von beiden Seiten runter baumeln. Dann klopft er zwischen seine Beine auf den Stein. "Komm her." sagt er nur.
"Wieso?" frage ich skeptisch. Kenan verdreht bloß die Augen und streckt seinen Arm nach mir aus. "Komm her." sagt er wieder nur. Da mein ganzer Körper sich wieder nach seiner Wärme sehnt rutsche ich nach vorne, zu ihm.
Sobald ich in Reichweite bin, umfasst er meine Taille und hebt mich vorsichtig zwischen sich. Mein verletztes Bein hebe ich wieder auf den schmalen Balken auf den wir sitzen. Kenan umschlingt mich und drück mich fest an sich. Sein Kopf kuschelt sich zwischen meinen Hals und meiner Schulter ein. Sein warmer Atem trifft meine empfindliche Haut am Hals. Kleine heiße Schauer laufen durch meine Blutbahnen.
"Jetzt kannst du atmen." murmelt er gegen meine Haut. Mir stockt kurz der Atem. Nein. Nein jetzt kann ich ganz bestimmt nicht einfacherer atmen. "Komm, wir atmen zusammen." Ich spüre wie sich seine Brust hinter mir hebt und dann wieder senkt. Das geht ein paarmal so weiter bis er mich leicht anstupst. "Los, mach mit." er drückt mir einen kurzen Kuss auf den Hals. Ich werde schwach. Also gut.

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The Difference
Teen FictionEverleigh und Kenan. Zwei Verschiedene Charaktere. Zwei verschiedene Menschen. Sie wollte das alles nicht. Er hat das alles herbeigerufen. Sie hatte Angst. Er nahm sie ihr. Er und Sie Ein Thema das jeden von uns etwas angeht. Eine fiktive Gesc...