Teil 22

245 17 1
                                    

Die Welt hört nicht auf sich zu drehen. Die Zeit bleibt nicht stehen. Das Leben macht keine Pausen nur weil du nicht mehr kannst.

*********************

Wütend tigere ich in meinem Zimmer auf und ab. Seit einer halben Stunde laufe ich in meinem Zimmer auf und ab. In meiner Hand, das Handy. Ich murmle vor mich hin und gehe in meinem Kopf das Geschehen von heute Mittag immer wieder durch. Jetzt fallen mir mehr Möglichkeiten ein wie ich hätte anders handeln können. Wie ich anders reagieren hätte können und was ich anders hätte sagen können. Es ist zum Haare raufen.

Ich bleibe vor meinem Fenster stehen und schaue nach draußen. Es ist bereits dunkel, dabei haben wir noch nicht spät. Ich kann nicht weit hinausschauen, da das Licht von drinnen sich in den Fenstern spiegelt. Aber ich muss nichts sehen um zu wissen was da draußen ist. Durch die Spiegelung sehe ich mich selbst. Meine zerzausten Haare. Meine Joggingsachen. Meine Pickel im Gesicht, meine Augenbrauen die mal wieder gezupft werden müssen und meine Augenringe. Ich wende den Blick ab, schaue nach unten auf meine Hand. Wieder überkommt mich Wut. Ohne zu zögern öffne ich die Telefon App und klicke auf Kenans Namen.

Ich halte es mir ans Ohr und warte. Ich bete das er nicht drangeht. "Hallo?" ertönt die raue Stimme von ihm. Ich muss schlucken bevor ich antworten kann. "Du bist ein Arschloch." fauche ich. "Ever?" fragt er. Ich höre es im Hintergrund rascheln. "Du bist so ein Testosteron bezogener Vollidiot!" Ich höre Kenan einmal tief durchatmen, dann erneut ein Rascheln. "Es tut...""Nein! Wag es nicht dich zu entschuldigen! Erst hörst du mich an." Als es dann still in der Leitung ist und dich nur sein Atmen hören kann, bin ich ein bisschen überrascht das nichts sagt. Dann lasse ich endlich meiner Wut freien Lauf.

"Du...Du kannst so einen Mist nicht bringen. Nicht vor Eric und auch sonst vor keinem! Du bist nicht mein Freund! Ich habe dir erzählt was Eric für ein Typ ist und du hast nichts Besseres zu tun als mich in eine Scheiß Situation zu bringen? Wegen diesem Hühnerkampf musste ich mich rechtfertigen, ich musste lügen! Ich hasse es zu lügen! Du hast doch genauso verhalten wie Thompson oder die anderen Arschgeigen aus unserer Stufe. Eric ist komplett ausgeflippt. Wie kannst du nur so was raushauen? Mal im Ernst Kenan, das ist sowas von Machohaft das es schon wieder uncool ist. " Nach meiner Rede atme ich schwer ein und aus. Ich habe glaube ich kein einziges Mal Luft geholt und Kenan hat mich kein einziges Mal unterbrochen. "Darf ich jetzt?" fragt Kenan leise. Ich bilde mir ein das ich höre wie geknickt er ist. "Nein." motze ich einfach aus Trotz. Ich tigere schon wieder in meinem Zimmer auf und ab.

"Ich bin so wütend! Eric ist total misstrauisch geworden dabei habe ich nichts Unrechtes getan. Außerdem waren deine Worte total unnötig. Sie haben mich mehr verletzt als ihn, Kenan. Ich weiß nicht was das sollte aber wenn du mir helfen wolltest, dann lass es das nächste Mal besser bleiben. " Kurz hole ich tief Luft. Das hilft nicht. „Du musst nicht für mich kämpfen. Ich kann das allein. Ich kann mich alleine rechtfertigen und alleine kämpfen. Ich bin keine die darauf wartet von einem Mann gerettet zu werden, weil ich eine Frau bin und mich selbst retten kann." "Everleigh." ertönt Kenans leise Worte. Ich setzte mich auf mein Bett und lasse mich nach hinten fallen.

"Was?" sage ich patzig. "Ich weiß du willst es nicht hören aber mir tut es leid. Ich weiß auch nicht was in mich gefahren ist. Ich...ich habe nur Eric gesehen, sein schmieriger Blick der mir sagen wollte das du ihm gehörst und dann...ist eine Sicherung bei mir durchgebrannt. Tut mir leid." "Ich beiße mir auf die Lippe und schweige. Warte auf weitere Worte. Sein Atmen wird einmal ausgestoßen, dann erklingt erneut seine raue, tiefe Stimme. "Ich weiß das du alleine kämpfen kannst. Das machst du schließlich schon ziemlich lange" "Mmh." "Es tut mir leid Ever. Ehrlich." "Okay." "Verzeihst du mir?" Es wird still in der Leitung. Gespannt wartet er auf meine Antwort.

Ich starre an die Decke, ordne meine Gedanken und denke nach. Verziehe ich ihm? Die Antwort darauf kenne ich bereits aber bin ich schon bereit das zuzugeben? Er hat sich wie ein Arsch verhalten...aber jeder sagt mal was Unpassendes. Das habe ich auch oft genuggetan. Kenan ist nicht schlecht. Er ist sogar ein ziemlicher guter Typ. Ich stoße die Luft aus. "Ever?" fragt er leise, fast vorsichtig, in die Leitung. "Ja, ich verzeihe dir."

"Danke." flüstert Kenan. Ich starre weiter zur Decke empor und überlege was ich noch loswerden wollte. Als mir nichts mehr einfällt beschließe ich das ich ihn für einen Abend genug angeschnauzt habe. Ein bisschen tut er mir leid. Aber nur ein winziges bisschen. "Ich will dich nicht weiter stören, deshalb...Gute Nacht." Kenan braucht länger um zu antworten, so lange das ich schon glaube er hätte bereits aufgelegt. "Gute Nacht, Everleigh. "

Ich schalte mein Telefon aus und lege es auf die Matratze neben mir. Noch ein paar Minuten bleibe ich so liegen und starre zur Decke. Rühre mich nicht, lausche nur meinen Atemzügen. Es ist erstaunlich entspannen, einmal nichts zu tun.

Unten geht eine Tür auf und wieder zu. Männerstimmen werden lauter. Ich schließe die Augen und wünsche mich an einen weit entfernten Ort. Getrampel. Schritte die näher kommen. Ein Klopfen an meine Tür. Ich rühre mich weiterhin nicht. "Ever?" Ich sage weiterhin nichts. Die Tür wird einen Spaltbreit geöffnet. "Hey, wir sind wieder zurück. Dein Dad hat dir was zu essen mitgebracht." Ich öffne ein Auge und schaue zur Tür. Eric steht lächelnd in der Tür. "Kommst du mit runter? " Er macht die Tür weiter auf und nickt auf den Flur.

Eigentlich ist mir eher danach mich in meinem Zimmer zu verschanzen und dort nicht mehr raus zu kommen aber mein Magen knurrt. Ich setzte mich auf, schnappe mir kurz mein Handy und schaue drauf. Zwei entgangene Nachrichten.

Kenan: Es tut mir leid.

Kenan: Manchmal ist es einfacher zu zweit zu kämpfen als alleine in den Krieg zu ziehen.

Ich muss schmunzeln, drücke aber beide Nachrichten weg, lege das Telefon unter mein Kopfkissen und gehe zu Eric. "Ich habe einen Bärenhunger." verkünde ich lächelnd.

"Dann komm mit." Eric legt mir eine Hand auf den unteren Rücken und bugsiert mich nach unten in die Küche. Ich stecke kurz meinen Kopf ins Wohnzimmer und Hallo zu sagen.

"Hallo Schatz." Begrüßt mich mein Dad lächelnd. Er sitz auf seinem Sessel vorne über gebeugt. Auf dem Tisch vor ihm viele Unterlagen. Ihm gegenüber sitzt Erics Dad und...mir wird schlagartig eiskalt. Neben Erics Dad sitz der Mann von letzten Mal. Der Mann vom Ku Kluxs Klan. "Hey, Ever. Eric hat erwähnt das du am Freitag mitkommst?" Erics Dad lehnt sich zu mir vor und lächelt mich nett an. Ich erwidere es ein bisschen gezwungener. "Eh ja. Ich habe zugesagt." "Klasse, ich wusste das mein Sohn dich noch zur Vernunft bringt. " Darauf antworte ich nichts mehr. Ich lächle meinem Dad ein letztes Mal zu und verschwinde dann zu Eric in die Küche. 

The DifferenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt