Wer die Konfrontation meidet ist ein Feigling...ich bin gerne ein Feigling.
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Ich wache auf dem Badezimmerboden auf. Mein Haar liegen mir zerzaust im Gesicht. Mein Körper noch halb in den Klamotten und mein Mund fühlt sich ganz eklig an. Nur langsam schaffe ich es mich hochzustemmen. Der Geruch von Kotze steigt mir in die Nase und am liebsten hätte ich erneut mich übergeben.
Widerstrebend erhebe ich mich langsam, entkleide mich von meinen restlichen Klamotten, meide den Blick in den Spiegel und stelle mich in die Dusche. Mein Kopf dröhnt und mein Magen rebelliert. Ich bleibe mehrere Minuten unter der Dusche stehen und wasche mir den ganzen Dreck von gestern ab. Später versuche ich mit der Zahnbürste den Geschmack von Kotze weg zu waschen und die Erinnerung an den Kuss mit Eric. Was habe ich mir dabei nur gedacht? Stimmt, nämlich rein gar nichts.
Auch das ich eine Stunde vorher unbedingt Kenan küssen wollte und es auch getan hätte, hätte er diesen Mann nicht einfach geschlagen. Das Bedürfnis Kenan zu küssen ist immer noch nicht abgeflaut. Vielleicht habe ich noch Rest Alkohol? Bei den Gedanken an gestern oder besser gesagt heute Früh beginnt mein Kopf an zu brummen. Stöhnend quäle ich mich in mein Zimmer, schmeiße mir ein großes Shirt über und lege mich in mein Bett. Irgendwo in meinem Zimmer brummt es. Mein Handy. Ich hebe meinen Kopf und nachzuschauen wo es ist aber als ich es nicht finden kann lasse ich den Kopf wieder sinken. Ich kann auch später noch zurückrufen.
Ich weiß nicht wie lange ich mit dem Kopf unter den Kissen liege und mich verfluche für so viel Alkohol als ich Schritte und Stimmen vor meinem Zimmer wahrnehme.
"Wann ist sie gestern nach Hause gekommen?" "So gegen 3." "War sie betrunken?" "Nein." "Lügst du mich an?" "Vielleicht" Mein Vater seufzt tief. "Danke das du hiergeblieben bist und auf sie aufgepasst hast." "Kein Problem." antwortet Eric. Allein bei seiner Stimme würde ich mir am liebsten wieder die Zähne putzen.
"Ich schaue gleich noch mal nach ihr." Oh nein bitte nicht. "Ja mach das. Du bist ein guter Junge." Ich höre wie er Eric auf den Rücken klopft und dann höre ich wie sich seine Schritte entfernen. Ich bleibe wie erstarrt liegen und rühre mich nicht. Sekunden später wird meine Tür langsam geöffnet. Ich kneife meine Augen zusammen und vergrabe mich ein Stückchen mehr in meinen Decken und Kissen. "Ever?" ertönt seine Stimme leise. Ich bleibe leise. "Bist du wach?" Ich bette innerlich das er wieder verschwindet. Bitte. Bitte. Bitte.
"Okay, dann schlaf mal weiter. Ich melde mich später nochmal." Er muss an der Tür verharren denn ich höre weder Schritte noch das Schließen der Tür. "Mir hat der Kuss sehr gefallen, Ever." murmelt er und ich beiße mir auf die Zunge um nicht gequält zu stöhnen. Dann, endlich, höre ich das klicken der Tür.
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Erst am Abend finde ich die Kraft aufzustehen. Mein Dad brachte mir während des Tages Wasser und etwas zu Essen hoch. Jetzt liege ich zwar noch immer in meinem Bett aber mit weniger Kopfschmerzen und gesättigt. Außerdem habe ich mein Handy neben mir. Es ist voller Nachrichten, von Kim, von Eric, sogar welche von Amber und Will und eine von Kenan. Diese verhöhnt mich jetzt.
Kenan: Ruf an.
Zwei einfache Worte vor über drei Stunden verschickt. Mein Daumen schwebte bereits mehrere Male über den Anrufbutton aber jedes Mal bin ich zu feige. Dann trudelt eine neue Nachricht von ihm ein.
Kenan: Ich weiß das du die Nachricht gelesen hast. Ruf an oder ich komme vorbei.
Jetzt bin ich nicht mehr Feige. Ohne viel zu denken drücke ich den Button zum Anrufen und sobald sich seine Stimme am anderen Ende meldet fange ich schon an.
"Du kannst nicht herkommen." In der Leitung erklingt ein tiefes Lachen. "Ich weiß aber es hat dich dazu gebracht endlich anzurufen." "Blödmann." murre ich und starre zur Decke hinauf. Es wird ruhiger in der Leitung. Ich höre sein Atmen, leise Musik im Hintergrund. "Ever." "Kenan." äffe ich ihn nach. Er seufzt einmal tief. "Wir müssen über gestern reden." Ich schließe meine Augen. Sowas habe ich befürchtet.
"Über die Schlägerei oder über die Demütigung von Ty?" rutscht es mir heraus. Ich höre es Kruschteln und dann ist Kenans Hintergrund ganz leise. Keine Musik mehr. "Ich bin kein Typ der einfach drauf losschlägt, Ever. Wirklich nicht." "Hat gestern anders ausgesehen." "Ich war Betrunken und das Arschloch hat widerliches Zeug gesagt." In meinem Kopf beginnt es zu rattern. "Was...was hat er den gesagt?" Ich erinnere mich nur noch schwammig an den Mann. Kenan schnauft aus. "Er und sein Freunden wollten dich...benutzen. Dieser Wichser wollte schauen wie betrunken du bist, wie leicht die Beute ist. Er meinte zu seinen Freunden das er dich zuerst ficken will und danach die anderen können. Ich..." Ich höre Kenan einmal tief durchatmen, so als müsse er sich beherrschen. "Tut mir leid, da ist eine Sicherung bei mir durchgebrannt."
Leichte Beute. Benutzen. Er dich zuerst ficken will. Mein Kopf schwirrt, mein Mund wird trocken bei der Vorstellung Kenan wäre später rausgekommen. "Ever?" fragt Kenan besorgt nach. "Es tut mir leid." flüstere ich. "Ich wusste das nicht, Kenan." Er seufzt erleichtern aus. "Das dachte ich mir schon. Ich wollte ihn nicht schlagen, so bin ich nicht. Ich verabscheue jede Art von Gewalt aber als ich ihn das sagen gehört habe, da..." Er lässt den Satz unbeendet aber ich weiß wie er ihn beenden will.
"Schon gut. Mir tut es leid Kenan." wiederhole ich mich. "Entschuldige dich nicht." "Mache ich aber trotzdem." leise entfährt Kenan ein lachen. Mein Herz rutscht mir in die Hose nur um in der gleichen Sekunde wie wild zu pochen. "Hat er dich eigentlich getroffen?" "Wer? Das Arschloch? Nein, der war viel zu bekifft aber ich habe mir die Hand verstaucht als ich ihm eine verpasst habe." gesteht mir Kenan geknirscht. Ungläubig kichere ich. "Es tut mir leid." bringe ich zwischen zwei kichern heraus. "Es tut mir wirklich leid, dass ich lache aber...Kenan du bist wirklich kein Schläger Typ." Mein Kichern muss ansteckend sein denn auch Kenan beginnt zu lachen.
Das Thema mit Taylor oder das was danach passiert ist lassen wir unter den Tisch fallen, sowie was daheim mit Eric passiert ist. Ich rede noch weiter, springen von Thema zu Thema, von Geschichte zu Erzählungen und Erfahrungen. Wir reden bis spät in die Nacht. Und wenn uns gerade kein Thema mehr einfällt schweigen wir einvernehmlich bis jemand wieder etwas zu erzählen hat.
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The Difference
Teen FictionEverleigh und Kenan. Zwei Verschiedene Charaktere. Zwei verschiedene Menschen. Sie wollte das alles nicht. Er hat das alles herbeigerufen. Sie hatte Angst. Er nahm sie ihr. Er und Sie Ein Thema das jeden von uns etwas angeht. Eine fiktive Gesc...