51 - Sunday night

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Jimin POV

Es war bereits halb zehn am Abend als wir durch die Glasschiebetür der Bibliothek traten. Hoseok hatte eine Tasche mitgenommen, in der sich - wie versprochen - eine Thermoskanne mit frisch gekochtem Kaffee befand. Zudem hatte er den gesamten Vormittag damit verbracht, für jeden von uns eine Bentobox mit genügend Essen vorzubereiten, sodass jeder von uns es durch die Nacht schaffen würde, ohne zu verhungern. Ich versuchte ein Kichern zu unterdrücken, was beim Gedanken an die geradezu monströse Menge an Essen, die er zubereitet hatte aus meiner Kehle schleichen wollte. Natürlich gelang mir das nicht besonders gut, weshalb Hoseok mir einen fragenden Blick zuwarf. Ich machte darauf allerdings nur eine abwinkende Geste und zwinkerte ihm zu, was ihn leicht erröten ließ.

Taehyung trottete neben uns her und blickte gedankenverloren in der Gegend rum. Ich hinterfragte sein Verhalten schon gar nicht mehr, denn es war mir schon seit einer Weile ein Rätsel. Immerhin wirkte er wesentlich entspannter als das letzte Mal, dass ich ihn gesehen hatte und das war für mich zur Zeit die Hauptsache. Alles weitere konnte warten, bis dieses Thema hier durch war. Den Gesichtsausdruck den er trug, als er Sakurais widerlichen Brief in den zitternden Händen gehalten hatte, würde ich so schnell nicht mehr vergessen. Allein der Gedanke daran schürte in mir wieder das Schuldgefühl, was seit Beginn dieser ganzen Katastrophe praktisch mein permanenter Wegbegleiter war.

Ich atmete tief durch und verdrängte das Gefühl schnell wieder. Es war sinnlos, denn es würde uns nicht dabei helfen, Sakurai zu verhaften. Ganz im Gegenteil, es sorgte nämlich nur dafür, dass ich unkonzentriert wurde und keinen anständigen Gedanken mehr fassen konnte.

Wir gingen am Empfangsbereich vorbei, an dem Yoongi saß und scheinbar irgendwelche wichtigen Formulare durchblätterte. Natürlich tat er das wirklich nur scheinbar, denn kaum passierten wir den Schreibtisch an dem er saß, schaute er zufälligerweise auf und deutete ein seichtes Nicken an. Damit gab er uns das Zeichen was wir brauchten, um an den vereinbarten Ort zu gehen und auf ihn zu warten. In diesem Fall war der vereinbarte Ort eine Sitzecke, die durch die rundherum angeordneten Regale gut abgeschirmt vor Zuschauern war. Hier würden wir warten bis Yoongi dafür gesorgt hatte, dass alle restlichen Besucher die Bibliothek geräumt hatten, bevor wir gemeinsam zu den Archiven gingen.

Es gab definitiv schlechtere Orte als diesen, um ein bisschen Wartezeit zu überbrücken. Ein paar Sitzsäcke waren in Form eines Kreises angeordnet. In der Mitte befand sich ein kleiner Tisch, auf dem noch eine Zeitschrift lag, die wohl ein Student dort vergessen hatte. Hier hatte man zumindest seine Ruhe, denn die Arbeitsplätze für Gruppenarbeit befanden sich glücklicherweise genau am anderen Ende der Bibliothek.

Taehyung ließ sich auf einen der gigantischen Sitzsäcke nieder und schloss fast augenblicklich die Augen, als wollte er ein kleines Nickerchen machen. Ich hatte dafür definitiv nicht die nötige Ruhe und Hoseok ging es da offensichtlich ähnlich. Seufzend ließ er sich auf den Sitzsack neben Taehyung fallen und begann anschließend in seiner Tasche zu wühlen. Er holte die Thermoskanne hervor und warf mir einen fragenden Blick zu. Ich nickte darauf stumm und warf einen Blick auf mein Handy, um die Uhrzeit zu kontrollieren. Eine Viertelstunde hatten wir noch zu warten, bis die Bibliothek schließen würde. Zwar machte mich unser Vorhaben ziemlich nervös, es fiel mir schwer nicht darüber nachzudenken, wie kaputt die ganze Situation doch war, doch zugleich fühlte ich mich unheimlich erschöpft. Gegen ein bisschen Koffein hatte ich daher nichts einzuwenden.

***

"Ich habe jetzt mehrere Kontrollgänge hinter mir und kann euch daher versichern, dass wir nun ungestört sind. Wenn ihr euch bereit fühlt, könnte es also losgehen." Yoongi sah müde aus, seine Augenringe waren beeindruckend, auch wenn sie mir zugleich ein mieses Gefühl gaben. Für ihn war unser kleiner, illegaler Plan wohl am schwierigsten, immerhin war er es, der seinen Job riskierte und das auch noch für eine Person, mit der er praktisch nichts zu tun hatte.

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