30 - Negative vibes

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Jimin POV

Es gab diese Momente im Leben, in denen man sich dachte, dass es sowieso nicht mehr schlimmer werden konnte. Dass die Stimmung bereits ihr globales Minimum erreicht hatte, es nichts mehr gab, was es noch tiefer sinken lassen könnte. Ich glaubte, genau so eine Zeit gerade zu durchleben: Mein bester Freund verhielt sich wie ein absoluter Idiot, hatte irgendein offensichtliches Problem und rückte nicht mit der Sprache raus und die Person, für die ich mehr als nur rein platonische Gefühle hegte, distanzierte sich von mir und zeigte mir die kalte Schulter. Kurz gesagt bevorzugten die Menschen, die mir wichtig waren, mir ihre Probleme vorzuenthalten statt mit mir zu reden und mir die Chance zu geben ihnen zu helfen. Ich fand das mehr als nur frustrierend, es kam wir vor, als wäre ich wirklich in dieses globale Minimum gerutscht. Doch als ich mit meinem Bier in der Hand zurück zu Hoseok und Taehyung marschierte, sollte ich eines Besseren belehrt werden.

Jungkook hatte uns offensichtlich wie von selbst gefunden, er hatte mir vor kaum zwanzig Minuten erst eine Nachricht geschickt und schon hatten sich unsere Wege gekreuzt. Was ich erwartet hatte? Dass Taehyungs Laune ins schier Unermessliche steigen würde, er endlich wieder ein normales, gar euphorisches Verhalten an den Tag legen würde, immerhin stand da ja Jungkook vor ihm, unser gemeinsamer Schulfreund, mit dem er sich manchmal gefühlt besser verstanden hatte, als mit mir. Was ich nicht erwartet hatte, war der Anblick, der sich mir dann stattdessen bot. Taehyung war kreidebleich im Gesicht, sein Ausdruck so entsetzt, als hätte er einen Geist gesehen und während Jungkook quasi bereits dabei war, ihn in eine Begrüßungsumarmung zu ziehen, drängte sich Taehyung von ihm und hatte eine mehr als abweisende Haltung ihm gegenüber.

Würde mich endlich jemand aufklären, was mit Taehyung kaputt gegangen ist? Nein, dass würde nicht passieren, denn die einzige Person, die hier stand und eine Rechtfertigung abliefern könnte, war der liebe Taehyung selbst. Wer sonst sollte sein Problem kennen? Wenn jemand außer ihm selbst Taehyungs Probleme kannte, dann wäre das wohl meine Wenigkeit und da ich keinen blassen Schimmer hatte, sollte die Situation wohl weiterhin ein ungelöstes Rätsel bleiben.

Wenige Schritte später erreichte ich die Drei auch schon und stellte mich neben Hoseok, legte meinen Arm leicht um ihn und begann seinen Rücken zu kraulen.

"Hey Jungkook", grüßte ich den neu dazu Gekommenen und strich während ich sprach weiterhin über Hoseoks Rücken. Ich suchte seine Nähe quasi wie von selbst, konnte mich gar nicht dagegen wehren. Jungkook, der mit einer Packung Yakisoba neben Taehyung stand und strahlte, wie ein Honigkuchenpferd, während er ihn irgendwie halbwegs umarmte, aber irgendwie nicht so richtig, weil Taehyung sich versuchte aus der Umarmung zu lösen, wandte sich folglich mir zu.

"Hey, Jimin! Ihr wolltet euch ja eigentlich noch ein bisschen hier umschauen, aber als ich Hoseok-hyung gesehen habe, konnte ich nicht anders, als zumindest mal "Hallo" zu sagen. Und wer hätte gedacht, dass ich auch noch Taehyungie heute Abend treffe?" Er war begeistert, er freute sich wirklich, seine Hyungs zu sehen und zwar alle beide.

"Jungkook, freut mich, dich hier zu sehen. Bist du eigentlich alleine hier?" Als wäre ein Schalter in ihm umgelegt worden, der ihn wieder daran erinnerte, dass er mich eigentlich ignorieren wollte, rückte Hoseok unauffällig ein Stück von mir weg und löste sich damit von mir. Es hätte mir klar sein müssen, warum auch sollte er auf einmal wieder von mir berührt werden wollen? Doch es tat trotzdem unverändert weh einmal wieder abgewiesen zu werden und ich konnte mir nach wie vor keinen Reim darauf machen, warum er sich so verhielt. Ich wollte mir auf die Lippe beißen, um das Gefühl in meiner Brust irgendwie zu kompensieren, doch ich entschied mich dagegen und nahm stattdessen einen Schluck von meinem Bier.

"Ach, ich wollte nur mal schauen, was hier los ist", winkte er ab und strahlte unverändert fröhlich. "Ich hoffe, ich störe euch nicht, ich wollte mich euch nicht aufzwängen oder so, es freut mich nur, euch alle zu sehen", beendete er seinen Satz. Er war doch ein Engel. Wirklich. Jungkook war ein lieber Kerl, wie könnte ich ihn wegschicken, wenn er sonst mit niemandem hier war? Nur weil Taehyung und Hoseok gerade schwierig waren, würde ich ihn kaum wegschicken. Außerdem war ich einfach glücklich darüber, dass er offensichtlich über die Ereignisse der Vergangenheit hinweg war. Es war nicht angenehm gewesen, ihn abzuweisen, ihm zu sagen, dass ich seine Gefühle nicht erwiderte. Es war ziemlich mies gewesen und noch mieser war es, wie danach unsere Freundschaft im Sande verlaufen war. Doch so war eben der Lauf der Dinge, manchmal passierte soetwas und umso glücklicher war ich einfach gerade, dass er dieses Kapitel offensichtlich abgehakt hatte.

"Als ob du uns stören würdest, komm schon Jungkook! Magst du was trinken? Ich gebe dir gerne was aus", antwortete ich daher und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Er deutete auf seine Nudeln und schüttelte den Kopf, "Nein, danke. Ich muss das hier erstmal aufessen. Aber später trinke ich gerne noch was mit euch."

Ich nahm das mit einem stummen Nicken zur Kenntnis und schenkte ihm ein Lächeln, bevor ich meinen Blick wieder zu Taehyung gleiten ließ. Er schwieg, wirkte, als wäre er vollkommen verstummt. Seine Finger hatte er vor seinem Körper ineinander verhakt, fixierte irgendeinen imaginären Punkt auf dem Asphalt und wirkte mehr, als wäre er in einer Art Trance, als wirklich anwesend.

"Sag mal Hoseok-hyung, hast du schon eine Idee für unser Tanzprojekt bekommen? Ich habe gestern nochmal darüber nachgedacht und da kam mir eine Idee, die vielleicht gar nicht so schlecht ist. Also ich hatte so eine Abfolge von Tanzschritten im Kopf, die perfekt darauf ausgelegt wäre, sie zusammen zu tanzen, so... Ich zeige es dir am besten nächste Woche einfach mal beim Training." Hoseok lächelte darauf matt und kratzte sich am Hinterkopf. "Ehm, ich... Ich habe noch nicht so genau darüber nachgedacht, weißt du. Aber ich lasse mir noch was einfallen, keine Sorge." Er endete mit einem nervösen Lachen und versuchte schnellstmöglich seine Gesichtszüge wieder zu glätten. Jungkook machte darauf nur eine lockere Geste und leerte seine Nudelbox, die er, nachdem er Hoseok versichert hatte, dass er sich keinen Stress machen soll, in den nächsten Mülleimer beförderte.

Als Jungkook wiederkam, schlang er seinen Arm um Taehyungs Schulter und zog ihn ein bisschen zu sich ran. Er war definitiv körperlicher geworden, seit unsere Wege sich getrennt hatten. "Taehyungie, lass uns was zusammen trinken! Was kann ich dir Gutes mitbringen? Einen Cocktail? Wie wäre es mit einem Caipirinha oder doch lieber einen Pina Colada?" Taehyungs Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, doch soweit ich es wusste, trank er nichtmal Alkohol.

"Ich glaube, ich möchte nichts trinken, danke, Jungkook." Das erste Mal schaute er während er sprach Jungkook ins Gesicht und löste zur Abwechslung seinen Blick vom Boden. "Komm schon, Taehyungie! So kenne ich dich gar nicht, du bist doch sonst nicht so unsicher." Jungkook tätschelte Taehyungs Schulter und löste sich schließlich von ihm, um einfach zum Getränkestand zu spazieren. "Mag sonst noch wer was haben? Hoseok-hyung, soll ich dir was mitbringen?" Auf halber Höhe hatte er sich nochmal umgedreht, doch Hoseok verneinte natürlich die Frage. Etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet. Er würde nachhause gehen, ohne etwas hier getrunken zu haben, ohne irgendwie an diesem Fest teilgenommen zu haben und ich verstand es nicht.

Auf Taehyungs Aussage, dass er nichts trinken wollte, hörte Jungkook offensichtlich nicht, denn als er wiederkam, hielt er einen cremig aussehenden und einen orange-roten Cocktail in den Händen.

"Taehyungie, du darfst wählen! Ananas und Kokos oder Pfirsich-Maracuja?"

"Pfirsich-Maracuja, denke ich", murmelte er und nahm Jungkook den Cocktail ab.

Da standen wir, vier Studenten auf einem Campusfest, drei von uns mit köstlichen Getränken in den Händen, an einem Samstag, während Livemusik gespielt wurde, umgeben von Lampions in den verschiedensten Farbtönen, zusammen mit Freunden. Doch statt den Abend zu genießen, standen wir in einem Kreis und schwiegen uns an, bis auf Jungkook, der versuchte mit Taehyung ein Gespräch aufzubauen.

Ich denke, dass auch wenn man meint, dass es nicht mehr unangenehmer werden kann, es immernoch Spielraum nach oben gibt.
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Guten Abend~

Achtung, es gibt eine wichtige Ankündigung!
Nächste Woche Samstag (31.03) werde ich hier eine Lesenacht starten. 😍
Ich werde um 19 Uhr beginnen und dann wird es Kapitel regnen 😎
Naja, so ungefähr zumindest ^^'
Ich hoffe, der ein oder andere wird dabei sein, ich würde mich jedenfalls sehr darüber freuen. ❤

Bis dahin!

- Cat

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