11 - Choosing between pest and cholera

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Jimin POV

Sollte ich es riskieren?

Seit sich Hoseoks und mein Weg heute morgen getrennt hatten, war das eigentlich mein einziger Gedanke gewesen. Ich versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren und eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Das war nun besonders wichtig: Einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch erschien es mir nahezu unmöglich, nicht wieder auszuflippen und hysterisch zu werden, so wie es gestern Abend der Fall gewesen war.

Ja, es hatte gut getan, meine Gefühle raus und den Tränen freien Lauf zu lassen, aber half mir das wirklich dabei, eine vernünftige Entscheidung zu treffen?

Hyung hatte es geschafft, mich zu besänftigen, meine dunklen, verzweifelten Gedanken wie durch einen Knopfdruck einfach auszuschalten. Seine Berührungen und sein warmes Lächeln wirkten wie eine Valium-Tablette auf meine Seele. Aber Fakt ist, dass er nicht mehr bei mir war. Er musste nun seinen eigenen Alltag bewältigen, er konnte nicht ab jetzt mein persönliches Beruhigungsmittel spielen. Allerdings hatte er mir seine Handynummer gegeben. Ich hatte also jederzeit die Möglichkeit, mich zumindest bei ihm zu melden.

Mein Blick fiel auf das hautenge T-Shirt, welches ich immernoch trug. Das müsste ich ihm ja ohnehin wiedergeben. Ich würde es heute abend waschen, trocknen, bügeln und ihm morgen einfach vorbeibringen. Ich tat das natürlich, um ihm sein T-Shirt so schnell wie möglich wiederzugeben, ich wollte schließlich nicht in seiner Schuld stehen, er hatte genug für mich getan. Und das für einige Monate oder auch Jahre.

Ich musste tatsächlich lächeln. Nein, viel mehr brach ich in ein lautes Gelächter aus. Die Leute, die meinen Weg kreuzten warfen mir irritierte und missbilligende Blicke zu. Oh, Verzeihung, da hab ich wohl zu laut gelacht, für diese friedlichen Bürger. Es war aber auch etwas komisch, wie ich mir einreden wollte, dass ich ihm sein T-Shirt soooo dringend wiedergeben wollte. Eigentlich wollte ich doch nur einen Vorwand haben, ihn alsbald wiederzusehen. Aber mir das Ganze selbst eingestehen konnte ich irgendwie dann doch noch nicht so richtig. Ich meine, war ich denn jetzt schwul, oder so?

Ich setzte mich auf eine Parkbank vor einen Teich und fing an, kleine Steinchen über die Wasseroberfläche springen zu lassen. Ach Jimin, du Meister der Prokrastination. Komm doch lieber mal zurück zum eigentlich relevanten Thema, dachte ich mir.

Also, würde ich übermorgen dem Perversling einen Besuch abstatten und tun, was der Sack von mir verlangt, oder würde ich mögliche, üble Konsequenzen riskieren und einfach dieses Treffen aussetzen, ihn also sitzen lassen? Zunächst erschien die Frage überflüssig. Immerhin hatte ich keine Lust, an noch mehr Stellen betatscht zu werden, als ohnehin schon erfolgt war. Auf einen weiteren Tritt in die Nieren, oder sonstwo hin, konnte ich ebenfalls gut und gerne verzichten. Das Hämatom tat immernoch höllisch weh. Wie sollte es auch anders sein? Vielleicht sollte ich mir mal ein paar Schmerztabletten kaufen gehen. Außerdem könnten noch viel schlimmere Dinge geschehen, die ich mir gar nicht wagte auszumalen.

Ich hatte meine Entscheidung getroffen, ich würde am Freitag nicht für seine kranken Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Was sollte auch passieren? Würde er mir dann ab jetzt schlechte Noten geben? Mich in jeder Prüfung durchfallen lassen? Gerüchte über mich verbreiten, dass ich im Labor heimlich Heroin koche? Tolle Aussichten waren das natürlich nicht, aber ich wählte hier immerhin zwischen Pest und Cholera. Und das war dann doch die Variante, die ich deutlich präferierte.

Allmählich gingen mir die Steine aus. Ich ließ den Blick durch den Park gleiten und merkte, dass es deutlich leerer geworden war. Langsam wurde es dunkel und mit der Dunkelheit verschwanden wahrscheinlich auch die Menschen - gingen nachhause, um mit ihrer Familie zum Abend zuessen, ihren Feierabend zu genießen oder in die nächstbeste Bar zu ziehen, um sich das Leben schön zu saufen. Nur eine einzige Person war außer mir noch hier. Ein junger Mann, vielleicht so alt wie ich, plus/minus 3 Jahre. Er saß auf einer weiteren Bank und starrte hochkonzentriert auf einen Zeichenblock, der in seinem Schoß lag. Was machte er da? Schrieb er vielleicht Gedichte, oder Geschichten? Ich strengte meine Augen an und versuchte herauszufinden, was er da tat. Bei dieser Dunkelheit war das gar nicht mal so einfach, etwas zu erkennen. Lediglich sein helles Haar und sein hochkonzentrierter Gesichtsausdruck wurden von einer Parkleuchte in ein warmes Licht getaucht. Er achtete gar nicht auf seine Umgebung, hob nur zwischendurch immer wieder den Kopf und fixierte irgendeinen Punkt am Horizont, nur um anschließend wieder seinen Blick zu senken und auf seinen Block zu schreiben, oder zu zeichnen.

Er bemerkte mich gar nicht, so vertieft, wie er in seine Arbeit war. Es beeindruckte mich irgendwie, wie fokussiert er auf sein Tun war.

Ich begann langsam etwas zu frieren. Meine Jacke hatte ich gestern leider nicht mitgenommen, also musste ich mich mit Hyungs T-Shirt begnügen. Hoseok. Der Gedanke an ihn verlieh mir eine innere Wärme, als sich in meiner Magengegend wieder dieses komische Gefühl ausbreitete. Es war ein angenehmes, wohliges Gefühl. Gepaart mit der Erinnerung an ihn, war es das schönste Gefühl, was ich gerade empfinden konnte. Allerdings verspürte ich im gleichen Atemzug eine bedrückende Einsamkeit. Ich wollte nicht in meine Wohnung gehen. Einsam, alleine. Hilflos, ausgeliefert. Nicht, dass diese Gefühle berechtigt gewesen wären, aber sie waren einfach da. Das war auch der Grund, weshalb ich den ganzen Tag durch die Stadt gestromert war, mich in ein Café gesetzt hatte und Kaufhäuser abgeklappert hatte, um anschließend im Park spazieren zu gehen. Ich wollte mich einfach vor der Situation drücken, in meine Wohnung zu gehen. ich befürchtete dort, alleine mit mir und meinen Gedanken, wieder meine Ruhe zu verlieren und das Ereignis von gestern in Gedanken erneut zu durchleben.

Hier im Park war ich auch alleine, ja. Aber ich fühlte mich trotzdem besser, als ich es zuhause tun würde.

Plötzlich vibrierte mein Handy und holte mich damit in die Gegenwart zurück. Bestimmt war es Tae, der fragte, ob ich Lust hatte, mit ihm noch eine Runde zu zocken. Ich grinste.

Dann nahm ich mein Handy aus der Hosentasche und entsperrte den Bildschirm. Eine SMS? Ich runzelte die Stirn. Das war ein seltenes Ereignis. Eigentlich schrieb ich mit jedem über Line, wer konnte es also sein? Ich öffnete die SMS und sah, dass sie von einer mir unbekannten Nummer stammte.

Na Süßer, wie geht's denn so?

Ich wollte dich nur an unsere kleine Verabredung am Freitag erinnern, Jimboy.

Ich hoffe doch, du kommst. Wirst du doch, oder?

Sonst müsste ich mir ja einen anderen Zuckerarsch suchen und das wäre sehr lästig.

Achja, ich habe übrigens gehört, dass dein bester Freund auch ein echter Blickfang sein soll.

Du würdest doch nicht wollen, dass ihm was zustößt, oder?

Entsetzt ließ ich das Handy aus der Hand fallen und schlug mir die Hände vor den Mund, um nicht zu schreien. Ich begann am ganzen Körper zu zittern und zugleich bekam ich Schweißausbrüche. Die Panik machte sich erneut in mir breit und sorgte mit jeder Sekunde, die verstrich dafür, dass ich zunehmend meine Fassung verlor. Ich kauerte mich auf der Parkbank zusammen und begann, von der Verzweiflung getrieben, laut zu schluchzen.

Was sollte ich nur tun? Ich fühlte mich unendlich hilflos. Der Gedanke, dass dieses Schwein Taehyung so etwas antun würde wie mir, war einfach unerträglich. Aber was konnte ich machen, ich konnte mich ihm doch unmöglich einfach fügen. Woher hatte er überhaupt meine Handynummer? Die Panik wuchs immer weiter und ich wurde langsam wieder hysterisch.

Ohne weiter darüber nachzudenken, sprang ich von der Bank auf und rannte aus dem Park. Ich rannte immer weiter, ohne genau zu wissen, wohin es überhaupt gehen sollte.

Ich lief noch eine Weile durch die kühle Abendluft, wie lange ich unterwegs gewesen war, wusste ich nicht. Irgendwann fand ich mich vor einem mir bekannten Altbau wieder, der sich in einem abgelegenen Stadtviertel Kobes befand. Schweratmend stand ich nun vor der Haustür und fragte mich, was genau das hier überhaupt werden sollte.

Ach scheiß drauf, du würdest den Abend nicht alleine durchstehen.

Ich klingelte.

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Guten Abend 🐈

Heute kommt Mal wieder ein Kapitel aus Jimins Sicht ❤

Ich weiß nicht, wie oft/ ob ich nächste Woche etwas hochladen kann. Ich werde zumindest versuchen, ein Update hier zu machen.

Danke für's Lesen!
Wie immer freue ich mich über Kommentare, Meinungen und Votes :)

See ya
-Chemicat13







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