Would You Rather

12 - Lost cellphone // Reunion

Yoongi POV

Sein Handy lag noch immer im Gras vor der Bank.

Die Hülle war weiß, wahrscheinlich war es mir deshalb direkt ins Auge gefallen. Schnell genug ihm hinterher zu laufen und es ihm zu geben war ich leider nicht gewesen.

Ich rief mir die Situation noch einmal ins Gedächtnis: Es war zu dunkel zum Zeichnen geworden, also hatte ich meine Zeichenutensilien schonmal sicher verstaut, um noch für ein paar Minuten meine Augen zu schließen und die Ruhe zu genießen. Allerdings sollte meine kleine Meditation schon wenige Augenblicke später wieder beendet werden. Ein lautes Schluchzen hatte mich aus meinem entspannten Zustand gerissen. Ich hatte kaum Zeit die Situation vollständig zu erfassen, denn der Fremde hatte fortschreitend seine Fassung verloren, konnte gar nicht mehr aufhören zu schluchzen und trug dabei einen Gesichtsausdruck, der von purer Angst und Verzweiflung gezeichnet war. Dann war er aufgesprungen und wie ein Gejagter aus dem Park gerannt. Sein Handy hatte er dabei offensichtlich ganz vergessen und es im Gras zurückgelassen. Ende der Geschichte.

Ich stand auf und schlenderte zur anderen Parkbank. Ich hob das Handy vom Boden auf und musterte es eine Weile. Was hatte ich bitte erwartet? Dass sein Name in fetten Buchstaben drauf stand, am besten noch eine Adresse dazu?

Ins Fundbüro konnte ich es heute natürlich nicht mehr bringen. Es war bereits 21 Uhr und alle Büros in der Nähe hatten schon seit gut 3 Stunden geschlossen.

Na gut, Yoongi. Was nun? Der Junge würde sicherlich einen Herzinfarkt bekommen, wenn er bemerkte, dass er sein Handy verloren hatte. In dem Zustand, in dem er sich befand, konnte ich das zumindest nicht ausschließen.

Bei der Handyhülle handelte es sich um diese aufklappbaren Varianten, bei denen auf einer Seite das Handy fixiert wurde und auf dem klappbaren Element noch zwei, drei Fächer für Karten angebracht waren. Ich öffnete die Handyhülle und sah, dass in zweien der Fächer sogar Karten steckten. Ich nahm die erste Karte heraus und fand eine Stempelkarte für ein... Maid-Café namens "Chisaii Neko". Leicht irritiert steckte ich die Karte zurück. Vielleicht war der Fremde so ein Otaku Typ, wer wusste das schon? Bei der zweiten Karte handelte es sich um etwas wesentlich nützlicheres, einen Studentenausweis. Park Jimin war also sein Name. Er besuchte offensichtlich die gleiche Universität wie ich.

Als ich die Karte zurückstecken wollte, merkte ich in dem Fach einen leichten Widerstand. Neugierig kramte ich mit meinen Fingern in dem Fach rum und fand schließlich einen kleinen Zettel. Mir war klar, dass mein Verhalten nicht gerade korrekt war und ich in seine Privatsphäre eintrat, aber sicherlich würde sich der liebe Otaku doch freuen, wenn er sein Handy möglichst zeitnah wiederbekommen könnte, nicht wahr?

Hoffentlich handelte es sich bei dieser kleinen Notiz nicht um so einen "Passwort-Zettel". Bitte nicht. Ich faltete langsam den Zettel auseinander und atmete erleichtert auf. Zum Glück war es nur seine "Errungenschaft" der letzten Studentenparty, so vermutete ich zumindest. In geschwungener Schrift stand eine Handynummer auf dem Zettel geschrieben. Da war eigentlich auch nichts weiter Verwunderliches dran, wenn mich nicht dieses Gefühl beschleichen würde, dass irgendwas an der Nummer seltsam war. Ich runzelte nachdenklich die Stirn. Das war schon eine sehr schöne Handschrift, so eine typische Weiberschrift.

Ich war im Begriff den Zettel wieder zusammenzufalten und zurückzustecken, als mir noch etwas ins Auge fiel. Diese "4" war so seltsam geschrieben. Wer schrieb bitte so eine "4"? Abgesehen von... Nein! Nein, das konnte nicht sein. Hektisch kramte ich mein Handy aus der Tasche und ging mein Kontaktverzeichnis durch, bis ich endlich fand, wonach ich suchte.

Meine Kinnlade fiel mir gefühlt bis auf den Boden. Hätte mir aber auch direkt auffallen müssen, seine Schrift war einfach unverkennbar. Und so eine komische "4" habe ich bisher auch nur bei ihm gesehen.