50 - We need your help

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Jimin POV

Der Campus war leerer, als während des Semesters und doch herrschte mehr Betrieb, als an dem Tag, an dem das alles hier begonnen hatte. Die mündliche Prüfung, Sakurais Erpressung, mein Zusammentreffen mit Hoseok. Wenn ich die verschiedenen Ereignisse Revue passieren ließ, keimte in mir der Gedanke auf, dass das Leben einem bestimmten Schicksal folgte, statt aus einer Verkettung von Zufällen aufgebaut zu sein. Wie eine Reihe von Dominosteinen waren verschiedene Geschehnisse und Handlungsstränge miteinander verknüpft. Jeder Baustein war abhängig von dem jeweils vorherigen und je nach getroffener Entscheidung wurde wieder eine bestimmte Abfolge an Ereignissen in Gang gesetzt. Doch hatten die Entscheidungen, die man traf, dann überhaupt einen so großen Einfluss auf die Zukunft, wie man es immer vermutete?

Hoseok verhakte seine Finger mit den meinen und riss mich aus meiner Gedankenkette raus. Er warf mir ein seichtes Lächeln zu, was ich erwiderte. Gemeinsam betraten wir die Bibliothek, in der Yoongi wohl arbeitete und in der wir mit ihm verabredet waren. Es war kurz vor Schließungszeit, dementsprechend leer war die Bibliothek. Wir betraten den Eingangsbereich und steuerten den Tresen an, hinter dem Yoongi saß und dabei war, zu Zeichnen. Als er unsere Schritte hörte schaute er auf, klappte seinen Zeichenblock zu und erhob sich, um uns entgegen zu kommen. Er begrüßte uns, wobei er Hoseok in eine brüderliche Umarmung zog und bei mir zunächst zögerte, nach kurzem Überlegen jedoch ebenfalls seine Arme um mich schloss. "Lasst uns nach nebenan gehen", sagte er und deutete in Richtung einer Tür, die neben den hohen Bücherregalen, die sie umgaben wirkte, wie ein Geheimgang.

Wir folgten ihm schweigend und betraten schließlich den Raum, in dessen Richtung Yoongi uns geführt hatte. Er war verschlossen, doch da Yoongi offensichtlich zu jedem Raum der Bibliothek den passenden Schlüssel besaß, konnten wir ihn getrost nutzen. Der kleine Raum erinnerte an eine Abstellkammer und eventuell handelte es sich auch um eben diese. Jede Wand wurde von einem staubigen Metallregal bedeckt, in dem Aktenordner, sowie Bücher standen, deren Buchrücken schon zerfleddert und abgewetzt waren. In einer Ecke stand ein unscheinbarer Schreibtisch inklusive Stuhl. Yoongi lehnte sich gegen den Schreibtisch und musterte uns eingehend. Während er Hoseok mit deutlicher Sorge betrachtete, meinte ich ein kritisches Funkeln in seinen Augen erkennen zu können, als sein Blick mich traf.

"Wie kann ich euch helfen?", brachte der Blonde dann wenige Augenblicke später hervor und verschränkte die Arme vor der Brust. Hoseok fuhr sich durch die schwarzen Haare und strich sich dabei eine Strähne aus der Stirn. "Die Geschichte mit dem Prof...", setze er an und wartete Yoongis Reaktion ab, um sicher zu gehen, dass er wusste, wovon Hoseok sprach. "Er wurde offensichtlich nicht verhaftet. Taehyung hat einen Drohbrief von ihm bekommen. Von wann der ist, können wir nicht genau sagen, aber er ist eindeutig von Sakurai. Er hat ihm gedroht, die Leute zu bestrafen, bei denen er es sich am wenigsten wünscht, wenn er sich nicht seinem Willen beugt." Hoseoks Gesicht hatte während seiner Erzählung an Farbe verloren und auch Yoongis Ausdruck hatte sich verändert. "Wir brauchen deine Hilfe, Yoongi, denn wahrscheinlich hat es der Polizei an Beweisen gefehlt. Vielleicht waren sie mal bei Sakurai, aber ohne Beweise waren sie wohl nicht bereit, dem Ganzen weiter nachzugehen", fuhr Hoseok fort und biss sich dabei auf seine Unterlippe. Ich legte meinen Arm um ihn und strich ihm sanft über den Rücken. Sein nervöser Gesichtsausdruck tat mir weh. Er sollte nicht Teil dieser grausamen Geschichte sein.

Yoongi versuchte seine Gesichtszüge nicht allzu sehr entgleisen zu lassen, doch vollständig gelang es ihm nicht. Als er mir in die Augen blickte spürte ich, eine gewisse Spannung in meiner Brust. Ich schluckte das herunter, was mich irrational werden ließ und beschloss, das Schuldgefühl was mich plagte vorerst zu ignorieren und stattdessen dazu beizutragen, dass dieses verdammte Problem aus der Welt geschafft wurde. Das hier war mein eigenes Päckchen, was ich zu tragen hatte. Dass Hoseok und auch Taehyung irgendwas damit zu tun hatten, machte mich wütend. Ich spürte wie meine Wangen begannen zu glühen und scheinbar war ich nicht der Beste darin, negative Emotionen vor meinem Umfeld zu verbergen, denn der Ausdruck in Yoongis Augen sagte mir, dass er meine Emotionen so deutlich mitverfolgen konnte, wie eine Serie im Fernsehen.

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