55 - Stop pretending that you're okay

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Eine kleine Bemerkung vorab: Ich habe während der gesamten Geschichte das Thema der Honorifics komplett ignoriert. Sowohl, während sie sich in Japan befinden, als auch nun, wenn sie in Korea sind. Ich weiß, dass diese Szene so nicht in Korea stattfinden würde, aber in Japan würde auch niemand beim ersten Treffen den Gesprächspartner ohne "-san" ansprechen. Da die Geschichte aber ziemlich weit fortgeschritten ist, werde ich daran jetzt auch nichts mehr ändern und nehme das einfach als Anfängerfehler hin. :)

Jimin POV

Als wir vor dem großen Haus, welches der Familie Kim gehörte, ankamen, nutzte ich die Gelegenheit, um für einen Augenblick den Koffer abzusetzen und einmal tief durchzuatmen. Ich war erschöpft, im Flugzeug hatte ich kaum ein Auge zugetan und auch in der Nacht zuvor hatte mich ein unruhiger Schlaf geplagt. Seit wir den Brief von Sakurai gefunden hatten, stand ich völlig neben mir und dessen war ich mir durchaus bewusst. Was mich allerdings viel mehr störte als die Tatsache, dass diese Müdigkeit so etwas wie ein Dauerzustand war und ich zugleich nicht zur Ruhe kam, war der Fakt, dass ich Hoseok damit Sorgen bereitete. Dann war da noch der geplante Besuch bei meinen Eltern, der mir das letzte Bisschen an innerer Ruhe raubte.

Statt unsere Unterkunft der nächsten Nächte in Augenschein zu nehmen, war mein Blick wie von selbst nach links gewandert, zum Haus meiner Eltern. Erleichtert hatte ich festgestellt, dass aus keinem einzigen der großen Fenster Licht schien. Außerdem stand das Auto meiner Mutter nicht vor der Garage, was meine Vermutung bestätigte: Es war niemand zuhause.

Ich hatte meine Eltern angerufen und ihnen mitgeteilt, dass ich sie morgen besuchen kommen würde. Was ich ihnen allerdings nicht erzählt hatte war die Tatsache, dass ich mich heute bereits in Busan befand, geschweige denn, dass ich direkt nebenan im Haus nächtigen würde. Das Gefühl, wieder an dem Ort zu sein, an dem ich einen großen Teil meiner Kindheit und Jugend verbracht hatte und nicht in mein Elternhaus zurückzukehren, sondern zunächst das Elternhaus meines besten Freundes aufzusuchen, war seltsam. Doch bei Taehyung zuhause hatte ich mich ohnehin immer wohler gefühlt, weshalb ich das Gefühl zwar seltsam, jedoch nicht unangenehm fand. Vorallem nach dem Telefonat mit meiner Mutter war ich nicht gerade vorfreudig auf das Wiedersehen, was ich schon seit langer Zeit erfolgreich hinauszögerte und auf einen fernen Tag in der Zukunft versucht hatte zu vertagen. Doch das sollte morgen enden.

Ich wandte den Blick ab und beobachtete Taehyung dabei, wie er die Klingel betätigte, dessen heller Klang Millisekunden später aus dem Anwesen der Kims zu vernehmen war. Es folgten schnelle Schritte und im nächsten Moment öffnete sich auch schon die massive Eingangstür, sodass uns Taehyungs Mutter gegenüber stand.

"Taehyung! Lass dich drücken", entkam es der zierlichen Frau, die noch kleiner zu sein schien, als ich es in Erinnerung hatte. Sie zog Taehyung schon während sie redete in eine feste Umarmung und den Geräuschen nach zu urteilen, die dem Mund des Otakus entkamen, erdrückte sie ihn dabei fast. "Mum, ich kriege keine Luft", hörte man Taehyungs halberstickte Stimme, woraufhin seine Mutter ihn losließ und ihn ein wenig von sich wegschob. "Jajaja, ist ja gut. Ich freue mich, dass du endlich mal wieder zu Besuch...", setzte sie zum Reden an, doch als ihr Blick auf mich fiel, brach sie den Satz mittendrin ab. "Jiminie, mein Junge!", rief sie euphorisch und ging an ihrem Sohn vorbei auf mich zu. "Aus dir ist ja ein richtiger Mann geworden", fügte sie hinzu und konnte sich ein mädchenhaftes Kichern nicht verkneifen. "Gut siehst du aus."

"Ehm, danke Frau Kim?", antwortete ich etwas verlegen und warf Taehyung einen unsicheren Blick zu. "Jimin, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich nicht so nennen sollst", entkam es dann der zierlichen Frau, die ihre Hände in die Hüften gestemmt hatte. "Mum, kannst du uns vielleicht einfach reinlassen?", unterbrach Taehyung die Szene dann trocken und war schon im Begriff, das Haus zu betreten. Taehyungs Mutter begann darauf herzhaft zu lachen und bat uns im nächsten Moment herein.

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