52 - This far and no further

116 23 11
                                    

Jimin POV

Ich fühlte mich, als säße ich in einer großen, transparenten Kugel, die sobald Licht auf ihre Oberfläche traf in jeder Farbe des Regenbogens schimmerte. Einer Seifenblase, die mich durch die Luft gleiten ließ, scheinbar sicher von einem Ort zum nächsten beförderte. Nur war diese Blase jetzt geplatzt und das Gefühl, was sich gerade in meinem Inneren breit machte war dem Gefühl des endlosen Fallens, welches man wohl spüren musste, wenn man aus einer Seifenblase in die Tiefe stürzte, leider viel zu ähnlich.

Jede Hoffnung, die es mit dem Schmieden unseres alten Planes geschafft hatte, sich in mir breit zu machen, war restlos verpufft. Da war nichts mehr, als diese elendige Hoffnungslosigkeit, die ich das erste Mal verspürt hatte, als ich panisch aus Sakurais Büro gestolpert war, um vor ihm und seinen grausamen Berührungen zu fliehen. Ich musterte Hoseok über den Rand meines Glases hinweg, dessen Inhalt mir so schal vorkam, wie Wasser aus einer drei Tage alten Pfütze schmecken musste. Er hatte seine Lippen aufeinander gepresst und schaute nicht minder deprimiert drein, als ich mich fühlte.

Wir hatten das Archiv in dem Zustand zurück gelassen, in dem wir es vorgefunden hatten und mit hängenden Schultern die Bibliothek verlassen. Nun saßen wir im Wohnzimmer von Yoongis WG, schwiegen und zögerten das unvermeidliche weiter hinaus: Das Finden eines neuen Planes.

Gab es den überhaupt noch? Konnte es ihn geben, oder war er von Anfang an nur eine Utopie gewesen, die aus unserer Verzweiflung heraus gewachsen war? Hoffnungsvoll war ich von Beginn an nicht gewesen, die Hoffnung in mir hatte Hoseok erst geweckt. Er war es, der mir diesen Funken gegeben hatte, der mir dieses Gefühl gegeben hatte, dass wir es schaffen könnten, wenn wir nur zusammenhalten würden, wenn wir gemeinsam stark sein würden. Doch es hatte nicht funktioniert. Am Ende war es doch keine Lösung gewesen, sich an einer naiven Hoffnung festzuhalten und nun war es an der Zeit, sich damit abzufinden.

"Ich weiß, keiner von euch möchte das hören, aber ich fürchte, in diesem Stadium kann uns nur noch die Polizei helfen." Yoongi war es, der die unangenehme Stille, die sich seit Verlassen des Archives zwischen uns ausgebreitet hatte, schließlich durchbrach. Der von ihm gesagte Satz hatte jedoch seine Wirkung, indem er uns aus unserer Schockstarre raus riss. Allerdings änderte das nichts daran, dass sein Vorschlag uns letztendlich nichts bringen würde.

"Das mag erstmal vernünftig erscheinen, doch es wird uns auch nicht aus dieser Lage helfen", erwiderte ich kurze Zeit später auf seine Aussage, "Taehyung, Hoseok und ich waren bereits bei der Polizei und es hat uns genau gar nichts gebracht. Ich weiß nicht, ob sie uns jemals wirklich Ernst genommen haben, doch der Mangel an Beweisen hat wohl dafür gesorgt, dass man sich der Sache nicht annehmen wollte, oder der Sache nur halbherzig nachgegangen ist. Ich kann es nicht genau sagen, doch so oder so hat es ja nichts gebracht. Obwohl wir ihnen die SMS gezeigt haben, in der er mir ganz offensichtlich drohte und Taehyung als potentielles, nächstes Opfer ankündigte, konnte nicht verhindert werden, dass Taehyung nun wirklich einen Drohbrief bekommen hat und damit wohl tatsächlich zu seinem nächsten geplanten Opfer geworden ist." Ich musterte Yoongi, der ganz offensichtlich damit kämpfte, seine Ruhe zu bewahren. Er konnte auch nichts dafür, dass uns all das hier geschehen war, verdammt, er hatte uns sogar versucht zu helfen und damit seinen Job in Gefahr gebracht. Dennoch spürte ich einen Funken der Wut in mir aufkeimen, denn dass uns die Polizei genauso wenig helfen konnte, wie wir es schafften uns selbst zu helfen, war bereits bekannt.

"Ja, das was du sagst ist richtig. Aber was planst du stattdessen zu tun?", gab er auf meine Aussage folgend zurück und ließ seinen Blick nun auch zu Taehyung und Hoseok gleiten. "So wie es jetzt aussieht, kann es ja auch nicht bleiben."

"Natürlich nicht", entkam es mir in einer fast schon patzigen Tonlage. Ich hatte genug von dem Ganzen, denn je länger ich Hoseoks und Taehyungs Gesichtsausdruck betrachtete, desto mehr wünschte ich mir, dass ich einen Alleingang gewagt hätte, dass ich doch versucht hätte, die Sache irgendwie für mich selbst zu lösen, ohne irgendwen anders in diese Angelegenheit mit reinzuziehen.

"Jimin, Yoongi hat Recht", mischte sich nun auch Hoseok ein, dem kaum mehr als ein tonloses Flüstern entkam. "Wir müssen es zumindest noch einmal versuchen, uns Hilfe von der Polizei zu holen. Wir haben keine andere Wahl."

Ich musterte ihn und spürte, wie sich das Gefühl schier endlos wirkender Erschöpfung in mir breit zu machen drohte. Sein gequälter Gesichtsausdruck machte das Ganze nur noch schlimmer, er gab mir umso stärker das Gefühl, diesen Konflikt endlich selbst in die Hand nehmen zu müssen und zu klären, statt mich auf andere zu verlassen und sie letztendlich in Gefahr zu bringen.

Ich wandte meinen Blick ab und fuhr mir gestresst durch die Haare.

"Ihr versteht das nicht", sagte ich schließlich und war im Begriff mich zu erheben. "Wir können dieses Problem nicht auf diese Weise klären, warum könnt ihr das nicht begreifen?", setzte ich fort und versuchte das Beben meiner Unterlippe zu ignorieren. "Ich habe es satt, die Leute die mir wichtig sind noch tiefer in meinen Scheiß reinzuziehen. Das Ganze endet hier. Ich kläre dieses Problem von nun an für mich alleine und ihr haltet euch schön daraus, okay?", endete ich schließlich. Mittlerweile war es nicht mehr nur meine Unterlippe, die bebte, meine Hände waren zu Fäusten geballt, die in gleicher Manier wie meine Lippe zitterten. Ich achtete gar nicht darauf, wie Yoongi und Taehyung darauf reagierten, denn Hoseoks Blick reichte schon, um mir einen weiteren Stich zu versetzen. Das schlechte Gewissen nagte an mir und ich wusste, dass ich mich gerade wie ein verdammtes Arschloch aufführte, doch es musste sein, um dem Albtraum ein für allemal ein Ende zu bereiten. Hoseoks verletzter Gesichtsausdruck war das letzte was ich wahrnahm, bevor ich mich schließlich abwandte, um die Wohnung zu verlassen. Meine Schritte hallten im Flur wider, den ich durchquerte, um durch die Wohnungstür nach draussen in die Kälte zu treten. Was ich jedoch nicht wahrgenommen hatte, waren die Personen, die mir bis dorthin gefolgt waren und ehe ich mich einen weiteren Zentimeter bewegen konnte, schlang sich auch schon eine Hand um mein Handgelenk, um mich mit eisernem Griff davon abzuhalten, die Wohnung zu verlassen.

"Nichts endet hier, Jimin."

Ich blickte in Hoseoks Gesicht, sah die nassen Spuren auf seinen Wangen, die seine Tränen dort hinterlassen hatten und biss mir auf die Unterlippe, bis der Schmerz mich schließlich dazu brachte damit aufzuhören.

"Du stehst das nicht alleine durch, ich werde den Weg auch weiterhin mit dir gehen", setze er noch hinzu und zog mich abrupt in eine so feste Umarmung, dass ich mir erneut, diesmal ausversehen, auf die Unterlippe biss.

"Hat dir wer ins Hirn geschissen, oder so?", hörte ich dann auch Taehyungs aufgebrachte, durch den Stoff von Hoseoks Pullover gedämpfte Stimme. "Ernsthaft, Jimin. Hör endlich auf mit dem Scheiß. Diese Sologänge bringen nichts. Nimm die Stütze die deine Freunde dir sein wollen endlich an. Gerade in schweren Zeiten sollte man das." Ich löste mich von Hoseok, um etwas darauf zu erwidern, doch kaum öffnete ich meinen Mund, hielt mich Taehyung auch schon davon ab, etwas zu sagen. "Versuch gar nicht erst, dagegen zu argumentieren. Akzeptiere es einfach."

Dann begannen endlich die Tränen zu fließen, die ich so mühsam versucht hatte zurückzuhalten. Sie benetzten die mittlerweile wahrscheinlich gerötete Haut meiner Wangen und hinterließen dort einen salzigen Film. Ich wusste, dass ich ein schreckliches Heulgesicht hatte und Yoongis Gesichtsausdruck bestätigte mir das nur zu gut, was mich grotesker Weise fast zum Lachen brachte.  Stattdessen vergrub ich jedoch mein Gesicht in Hoseoks Schultergegend und nahm die von ihm ausgehende Wärme zufrieden zur Kenntnis. Sie beruhigte mich, sie gab mir etwas zurück, was ich in diesem ganzen Chaos wohl verloren hatte und sie erinnerte mich an ein Ereignis aus meiner Kindheit.

Dann kam mir die Idee, die uns zur potenziellen Lösung dieses Problems führen könnte.
______________________________________

Hallo ihr Lieben!

Ich hoffe, ihr habt alle schöne Weihnachtstage verbracht und könnt auch die nächsten Tage noch ein bisschen entspannten. 😊

Falls das mein letztes Update für dieses Jahr sein sollte, wünsche ich euch schonmal einen guten Jahreswechsel. 🤗

See ya

- Cat

Would You RatherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt