"Toby, holen Sie mir einen Kaffee.", dröhnt die schrille Stimme der Chefsekretärin in meinem Ohr und ich blicke sie an. Ich bin gerade aus der Cafeteria zurück gekommen, weil die werte Dame ein Sandwich haben wollte.
"Ja Miss Walters, Moment.", antworte ich und will nur die zwei Akten noch weg sortieren, da höre ich Miss Walters erneut: "Nein Toby jetzt, nicht später. Du weißt was für dich auf dem Spiel steht. Ich muss nur meinen Mund aufmachen und schon bist du den Job hier wieder los. Also überleg genau was du tust."
Ich lasse sofort die Akten, Akten sein und gehe schweigend den weiten Weg zu Cafeteria. Wie Miss Walters ihr Kaffee trinkt muss ich sie nicht mehr fragen, ich hab ihn ihr schon viel zu oft geholt.Ich arbeite jetzt seit gut drei Monaten als ihr Assistent. Ich wusste nicht das eine Sekretärin auch einen Assistent hat, aber in dem Krankenhaus hier scheint das für die Chefsekretärin üblich zu sein. Vor knapp sechs Monaten bin ich endlich achtzehn geworden, konnte mir einen vernünftigen Job suchen und mir nun endlich auch eine Wohnung leisten.
Sie ist nicht groß, besteht lediglich aus einem Zimmer, welches in Küche und Wohnraum unterteilt ist und einem winzigen Bad, dazu liegt sie auch noch im schlechtesten Viertel der Stadt, aber es ist meine.Der Tag an dem meine Eltern mich rausgeschmissen haben, ist jetzt fast ein Jahr her. Die neun Monate auf der Straße waren grauenvoll, hart und kalt.
Es ist jetzt Mitte März und ich freue mich dass der Frühling so langsam durch das Land zieht, es draußen grün und auch ganz langsam wieder etwas wärmer wird."Mensch Toby du warst doch gerade erst hier.", höre ich Jason sagen, welcher hinter dem Tresen steht und die Getränke verteilt.
Ich lächel ihn an und sage: "Miss Walters ist eingefallen das sie zu ihrem Sandwich noch einen Kaffee haben möchte."
"Wie du das nur mit der alten Schreckschraube aushälst.", antwortet er nur und beginnt den Kaffee zu machen.Ich hab ja keine andere Wahl. Miss Walters weiß dummerweise das ich vor dem Job hier im Krankenhaus mehr oder weniger auf der Straße gelebt habe, dann wenn ich nicht rechtzeitig an der Obdachlosenstation angekommen bin um mich anzustellen, damit ich noch einen Schlafplatz bekomme.
Manchmal war ich einfach zu spät da und die begrenzten Betten waren schon weg. Dann musste ich die Nacht auf der Straße verbringen und hoffen dass ich diese überlebe.
Miss Walters war damals sehr spendabel, als ich mit zittrigen Händen und kaputter Kleidung an irgendeiner Straßenecke gesessen habe, bewaffnet mit einem alten Pappbecher. Immer die Hoffnung die Leute würden ein Herz haben und mir etwas Kleingeld geben, damit ich mir etwas zum Essen oder zum Trinken kaufen konnte.Sie steckte mir damals einen zwanziger in meinen Pappbecher und ich konnte mein Glück gar nicht glauben, fragte sie noch ob es ein Versehen war, doch sie verneinte. An diesem Tag war Miss Walters meine Heldin.
Dann habe ich von dem Job hier erfahren und mich beworben, natürlich persönlich ohne jegliche Unterlagen, denn wo sollte ich sie auch her haben.
Doch ich habe meine Chefin, Misses Jackson wohl einfach überzeugt, oder sie hatte ein Herz für mich, dem kleinen blonden Jungen mir den blauen Augen.
Als Misses Jackson mir dann meine direkte Vorgesetzte vorgestellt hat, traute ich meinen Augen kaum, als ich sah das es Miss Walters war.Der ersten Worte die über ihre Lippen kamen, als wir alleine gewesen sind, waren: "So Toby, ich denke Misses Jackson weiß nichts von deiner Vergangenheit, denn sonst hätte sie wohl kaum einen Straßenköter wie dich eingestellt. Ich will keinen Widerworte hören, sonst wirst du den Job schneller wieder verlieren als du gucken kannst. Das was ich sage wird gemacht!"
Ich schaute sie damals mit großen Augen an und spürte bei ihren Worten ein wenig Angst.
Meine Chefin fragte mich fast täglich nach meiner Adresse damit sie den Arbeitsvertrag fertig machen konnte, doch ich wich ihr immer wieder aus, denn ich hatte ja noch keine Wohnung."Hier der Kaffee für die Schreckschraube." sagt Jason, holt mich so aus meinen Gedanken und ich sehe das er mir zuzwinkert. Ich hingegen lächle nur, bedanke mich und verschwinde dann mit dem Kaffee in der Hand zurück zu Miss Walters.
Auch bei der Wohnungssuche hatte ich etwas Glück, als ich mal wieder eines Nachts keinen Schlafplatz in der Obdachlosenstation bekommen habe.
Ich lief durch die Straßen, da ich einfach nicht schlafen konnte und kam in dieses schlechte Armutsviertel und an einem Laternenmast hing der Aushang für die Wohnung.
Mit meinem letzten Kleingeld rief ich am nächsten Morgen von einer Telefonzelle aus diese Nummer an und bekam die Wohnung, eröffnete danach ein Bankkonto und war froh Misses Jackson endlich die fehlenden Daten nennen zu können.Die nächsten Nächte verbrachte ich damit wieder durch die Straßen zu ziehen, in der Hoffnung Sperrmüll zu finden mit dem ich mir meine Wohnung etwas gemütlich machen konnte.
Doch das stellt sich bis heute schwirig dar. Ich bin froh für die alte Matratze die ich gefunden habe und mühevoll durch die halbe Stadt geschleppt habe. Ich bin dankbar für einen kleinen Beistelltisch, eine Kommode und einen Sessel den mir mein direkter Nachbar vermacht hat, da er es sonst eh alles auf den Müll geworfen hätte. Dieser Nachbar, welcher ein alter Mann ist der vor knapp zwei Jahren seine Frau verloren hat, hat mir auch angeboten in seiner Waschmaschine, die im Gemeinschafswäscheraum steht, meine Wäsche mit zu waschen. Dieser Raum befindet sich im Keller des Hochhauses und ich bin diesem Mann so dankbar. Er ist einer der nettesten Menschen der mir in dem letzten Jahr begegnet ist.Die Einbauküche ist alt und abgelebt, doch sie erfüllt ihren Zweck, auch das Badezimmer hat schon bessere Zeiten gehabt aber auch dass muss gehen. An den Decken hängen die blanken Glühbirnen die mir Licht spenden.
Von meinem ersten Gehalt habe ich mir neue Kleidung und Bettzeug gekauft und an diesem Abend, als ich auf meiner Matratze unter dem Bettzeug lag war ich glücklich."Hier ihr Kaffee Miss Walters.", sage ich und stelle der dicklichen Frau das Heißgetränk vor die Nase.
"Das hat ja ewig gedauert.", meint sie und nippt an dem Becher.
"Entschuldigung." entgegne ich ihr und senke den Blick.
"Sieh zu dass du an die Arbeit kommst, sie macht sich nicht von allein.", äußert sie harsch und ich will gerade anfangen, da höre ich die Stimme von Misses Jackson: "Warte mal Toby."
Ich drehe mich um und schaue die dunkelhaarige Frau an, die ihren Blick von mir zu Miss Walters gleiten lässt und dann sagt: "Carol, Toby wir haben da ein Problem.""Was ist los?", höre ich Miss Walters fragen und Misses Jackson meint: "Unser Krankhaus steht kurz vor der Insolvenz."
Ich schlucke und frage dann mit leiser Stimme: "Verlieren wir jetzt unsere Jobs?"
Davor habe ich am meisten Angst. Ich will nicht wieder ganz unten sein.
"Das kommt darauf an. Morgen Nachmittag kommt ein Interessent und wenn wir ihn überzeugen, kauft er es vielleicht. Mister Troysen besitzt zwanzig der renomiertesten Kliniken dieses Landes und wir müssen ihn davon überzeugen dass er dieses Krankenhaus kaufen soll, dann haben wir vielleicht alle Glück und können unsere Jobs behalten.", sagt Misses Jackson und Carol antwortet: "Na dann machen wir uns an die Arbeit.""Ich weiß das ich mich auf sie verlassen kann. Ach und eins noch, es weiß noch niemand etwas davon. Ich will die Mitarbeiter nicht unnötig in Panik versetzen. Ich hoffe auf ihre Diskretion.", meint meine Chefin und blickt zwischen uns hin und her.
"Keine Sorge Susan, das bleibt unter uns.", sagt Carol und ich steh da und nicke nur stumm, weiß nicht was ich sagen soll, aus Angst einfach alles wieder zu verlieren. Bitte nicht, das darf nicht passieren.
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Little Prince
General FictionToby Calters, ein achtzehnjähriger, schüchterner, liebevoller Junge arbeitet als Sekretärsgehilfe in einem Krankenhaus. Seine Tage sind lang und hart, doch er ist froh um den Job, denn mit einer abgebrochenen Schullaufbahn, ohne Abschluss ist es nic...