Two

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Der Boden unter meinem Gesäß wird immer härter, weshalb ich mich langsam erhebe. Meine Beine fühlen sich wie Wackelpudding an.
Es ist unmöglich nicht kurz vorm weinen zu sein. Bis jetzt haben Logan und ich uns erst ein oder zweimal gestritten, aber wir haben uns dann sofort wieder vertragen.
Kurz vor Weihnachten kann sowas doch nicht sein!

Ich muss mich sofort entschuldigen. Oder? Unsicher greife ich nach dem Telefon, welches auf dem Wohnzimmertisch liegt. Macht es Sinn jetzt anzurufen?
Wie gebannt sehe ich auf die Ziffern. Schließlich wähle ich eine Nummer, aber nicht die von Logan, sondern die von meiner besten Freundin Blair Winston.
Ich kenne sie seit wir zusammen studiert haben. Wir reden wirklich über alles, deswegen beschließe ich sie anzurufen und um einen Rat zu bitten.

Es piept und ich höre nach ein paar Sekunden ihre vertraute Stimme „Julie, was gibt's?"
Ich setze mich auf das Sofa und ziehe das eine Knie an meine Brust „Ich habe Stress mit Logan und-naja ich-"
Sofort unterbricht mich ihre Stimme „Ich komme sofort!"
Blair legt auf und etwas überrascht über diese kurze Konversation nehme ich nur noch das Piepen auf der anderen Seite wahr.
Wenigstens kann ich ihr dann gleich persönlich die Situation schildern.

Ich lege das Telefon zurück auf den Tisch und Blicke nach draußen. Es ist schwierig zu definieren was gerade in mir vorgeht. Vielleicht das Gefühl von verloren und allein sein?
Das sollte es treffen.

Der Schneefall wird immer dichter. Ob jetzt überhaupt Taxis fahren? Sonst könnte es schwierig für Blair werden hier anzukommen.
Das Buch liegt plötzlich in meinem Fokus, als ich auf das Sofa sehe. Ich beschließe solange weiterzulesen, bis Blair hier ist.
Naja ich auf jeden Fall versuche ich es.
Das Buch in meinen Händen wirkt im Endeffekt doch nur wie Deko. Es ist schwierig zu lesen, wenn man nur an einen Person denken kann.

Draußen sehe ich kurze Zeit später ein Lichtkegel.
Sofort springe ich auf und Blicke aus dem Fenster. Blair steigt aus einem Taxi und joggt durch den Schneesturm, dabei presst sie ihren Wintermantel an ihren schmalen Körper.
Mein Weg führt mich zur Haustür, die ich sofort öffne.

„Verdammt, was ist da draußen bloß los?"
Bibbernd betritt sie den Flur und ich schließe die Haustür.
„Es soll noch über Weihnachten so weitergehen," antworte ich und sie setzt ihre mit Schnee bedeckte Mütze ab. „Ich habe ja echt nichts gegen Schnee oder weiße Weihnachten, aber das da draußen ist schon leicht übertrieben."
Blair zieht sich ihre Boots und ihren Mantel aus, den sie über die Heizung hängt.

„Willst du Tee?"

Ich gehe vor ins das warme Wohnzimmer und warte auf eine Antwort.
„Oh ja, liebend gern."
Sie setzt sich auf das Sofa und nimmt mein neues Buch in die Hand.
Ich wiederum gehe in die Küche, um uns einen Pfefferminztee zu kochen.

„Ist das Buch neu?"

Blair ruft vom Wohnzimmer aus und eine kleine Skepsis liegt in ihrer lauten Stimme.

„Ja ist es!"

Ich fülle das heiße Wasser in die Tassen und lege die Teebeutel dann hinein.

„Ich habe es in dem Buchladen da an der Ecke gefunden." Da ich davon ausgehe das sie weiß wo von ich rede, gebe ich nur eine grobe Erklärung.

Vorsichtig gehe ich samt den Tassen in das Wohnzimmer und überreichte ihr ihre Tasse. Sie setzt sich im Schneider sitz hin „Ach du meinst dahinten neben dem Thai-Restaurant?"
Nickend stelle ich die dampfende Tasse auf den Tisch, da die Substanz eindeutig noch zu heiß zum Trinken ist.

„Also Julie, erzähle mir was passiert ist." Auch Blair stellt ihre Tasse auf den Tisch und schnappt sich ein Sofakissen um es auf ihren Schoß zu legen.
Wo soll ich bloß anfangen?
Damit wie er mich genannt hat? Oder doch lieber von seinem Verhalten?
Räuspernd sehe ich auf meine Hände, die mir meinen abgebröckelten Nagellack auf meinen Nägeln präsentieren.

„Also Logan er... Er wollte eben mit mir naja... Schlafen?"
Das klang eher wie eine Frage, als eine Aussage. Überrascht zieht Blair eine Braue nach oben.
„Logan, schlafen mit dir?"
Unglaubwürdig blickt sie mich an. Blair kennt Logan, nebenbei bemerkt, länger als ich. Sie wären früher beste Freunde und durch die habe ich ihn erst kennengelernt. Dann haben wir angefangen uns zu daten und sind bis jetzt eben zusammen.
Naja, ich hoffe das wir das noch sind.

„Wie hast du dann reagiert?" Ihre Tasse wieder in die Hand nehmend, blickt sie mich fragend an. Jetzt folgt der unangenehme Teil der ganzen Geschichte. Blair ist in der Hinsicht viel reifer und erfahrener als ich, deswegen ist es mir ja so peinlich ihr das jetzt erzählen müssen.

„Naja ich... Ich habe ihm gesagt das ich es noch nicht will."

Keine Reaktion.

Nicht einen Ton gibt sie von sich. Nur das ticken der Uhr ist wahrzunehmen.
„Und dann?"

Neugierig nimm sie einen Schluck und erwartet endlich eine Antwort von mir.

„Er hat mich Frigide genannt."

Plötzlich lacht sie laut los und stellt wackelnd ihre Tasse zurück auf den Tisch.
Überrascht von ihrer Reaktion sehe ich sie nur an und warte bis die zuende gelacht hat. Ihr Gesicht ist selbst durch das Licht der Teelichter rot angelaufen. Also das mit Logan finde ich nicht so witzig.

„Ich kann es nicht glauben." Sie wischt sich über ihr rotes Gesicht. Ja, ihre Reaktion ist sehr unerwartet.

„Das ausgerechnet er dich Frigide nennt. Oh man."

Langsam beruhigt sie sich und hebt das Kissen auf, welches runter gefallen ist. Meine Reaktion ist immer noch gleichgültig. Was ist daran denn so witzig?
Blair schaut mich an und streicht sich eine braune Locke aus dem Gesicht.

„Tut mir leid, nur es ist so surreal. Weißt du?"

Ich nicke nur und nehme endlich den ersten Schluck aus meiner Tasse.

„Also und dann ist er abgehauen oder wie?"
Sie scheint zu merken das das Thema nicht so gut auf mich zu sprechen ist und wechselt das Thema.

„Ja, nachdem er gesagt hat das ich mich bei ihm melden soll, wenn ich mich beruhigt habe."
Wenn ich das so wiedergebe, tut das ganz schön weh. Ich hatte ja keine Ahnung, das mich das so sehr mitnimmt.

„Mh, soll ich mal mit ihm reden?" Fragend nimmt sie meine Hand, da sie zu sehen scheint, wie niedergeschlagen ich bin. Ich zucke mit den Schultern „Ich weiß nicht, ob das was bringen würde."
Leicht lächelt sie und nimmt ihr Handy aus ihrer Hosentasche.
„Da bin ich mir sicher."

Nein, sie soll ihn nicht anrufen! Dann weiß er ja sofort das ich das gleich allen erzähle, obwohl das nur eine Sache zwischen ihm und mir ist.

Schnell nehme ich ihr das Handy aus der Hand und verstecke es hinter meinem Rücken.
Lachend fragt sie „Was soll das? Ich dachte du willst das geklärt haben?"

Sie greift danach, doch ich halte es noch weiter zurück.
„Nein bitte nicht. Er soll nicht denken, dass ich es gleich rumposaune was passiert ist. Ich muss das selbst klären."
Weiter hält sie ihre Hand auf, doch lässt sie dann sinken. Gleichzeitig hebt sich ihre linke Augenbraue.
„Echt jetzt? Da brauchst du dir keinen Kopf machen."
Anstatt auf ihre Aussage zu hören, schüttele ich stur den Kopf „Nein bitte."

Blair sieht mir eine Ewigkeit ins Gesicht, scheint nach Argumenten zu suchen, doch anscheinend fallen ihr keine ein und sie seufzt „Na schön kann ich dann mein Handy wiederhaben?"
Erneut hält sie ihre Hand auf. Schluckend nicke ich und ziehe ihr Handy hinter meinem Rücken hervor. Bevor ich es in ihre Hand lege, frage ich „Versprochen?"
Augenrollend lacht sie und sagt „Ja! Jetzt gib schon her!"
Blair zieht mir ihr Handy aus der Hand und steckt es nach meiner Erleichterung gleich in ihre Hosentasche.
Gerade noch so gut gegangen.

Ich muss das selber regeln.

When two lonely hearts meetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt