Eight

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Ich pule ein loses Stück Holz aus der Theke und lasse es auf dem Boden fallen. Neben mir nimmt Jo einen Schluck von seinem Getränke, was auch immer das für eine Flüssigkeit ist.
Owen spült ein Glas ab. Was soll ich hier, wenn sowieso keiner mehr mit mir redet?
Schließlich stehe ich räuspernd auf und ziehe mir den Mantel an, naja ich versuche es eher. Mein Intus ist doch höher als ich dachte.
„Gehst du schon?"
Owen dreht sich zu mir und beobachtet mich, wie ich endlich meinen Arm durch den Ärmel schiebe.
„Ja ich-ich muss jetzt los."
Meine Augen suchen das Portemonnaie „Aber vorher bezahle ich."
Leicht schwanke ich zur Seite, doch fange mich wieder. Schnell schüttele ich meinen Kopf und ziehe meinen Geldbeutel aus der Tasche.

„Lass stecken Julie, das geht aufs Haus. Du hattest ja nicht viel."

Ja, aber trotzdem bin ich schon stark angetrunken. Ich kann auch echt nichts ab.
Diese Aussage nehme ich einfach hin, packe das Portemonnaie weg und verabschiede mich „Tsch-Tschüss."

Mit torkelnden Bewegungen gehe ich von der Bar weg zur Tür. Weder Owen noch Jo haben irgendwas gesagt, sondern mich nur komisch angestarrt.
Langsam mache ich die Tür auf und schließe sie hinter mir.
Die Hitze in meinen Gesicht wird schlimmer durch die eisige Kälte draußen. Es war vielleicht keine gute Idee mich einfach so zu betrinken. Ich merke ja jetzt schon den Kater.
Mit langsamen und sehr unsicher wirkenden Schritten gehe ich, oder vielmehr schleiche ich Richtung Heimat.
Meine Müdigkeit die plötzlich auftritt ist kaum zu bändigen.
Gähnend sehe ich auf die Scheinwerfer, die auf mich zukommen.
Das Licht blendet mich und ich muss meine Augen zukneifen.

„Julie!"

Jemand zieht mich zur Seite und ich knalle auf jemanden rauf. Das Auto fährt vorbei und mein Blick gleitet zu dem Gesicht meines Retters.

„Owen hatte schon recht. Vielleicht sollte dich jemand begleiten."
Jo sieht mich mit seinen grauen Augen besorgt und amüsiert zugleich an. Was will er denn jetzt?

Aufgebracht erhebe ich mich, in dem ich mich an der Straßenlaterne hochziehe.

„Bist du mir ge-gefolgt?"
Jo selbst steht auf und wischt sich etwas Schnee von seiner dunkelblauen Jacke.
„Ja aber nur weil Owen mich dazu gezwungen hat. Er kann nicht weg und hat mich darum gebeten dich sicher nach Hause zu bringen."
Entgeistert als hätte ich einen Geist gesehen, sehe ich ihn an.
Owen kann mich doch nicht mit irgendjemand fremden nach Hause schicken, den ich vorher noch nie gesehen habe. Ich weiß gerade mal seinen Namen.

Ich schüttele meinen Kopf „Vergiss es. Ich kenne dich gar nicht. Was ist wenn du mich entführen willst?" Wie eine verschreckte Katze halte ich mich weiterhin an der Laterne fest und beobachte jede seiner Bewegungen.

„Ja stimmt, aber ich kann dich beruhigen. Entführen werde ich dich aber sicher nicht. Warum auch."
Er steckt seine Hände in die Jackentaschen und schmunzelt leicht. Ich finde das nicht wirklich amüsant.
„Trotzdem das kann ja jeder sagen. Ich gehe jetzt alleine, ohne dich!"
Giftig blinzel ich ihn an. Meine Hände scheinen an der Laterne festzukleben. Schützend hebt Jo seine Hände nach oben.
„Ist ja gut. Ich habe es ja gut gemeint."
Ein letztes Mal schnaube ich, bevor ich von ihm absehe. Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen und versuche möglichst normal zu laufen.
Der Schnee macht es ein wenig schwierig, doch ich gebe mein bestes.

Auf einmal vernehme ich Schritte hinter mir. Wutentbrannt drehe ich mich um. Was an „Ich will alleine gehen“ hat er nicht verstanden?

„Ich habe gesagt ich gehe allein!"
Meine Stimme verstummt, als ich sehe das es nur ein älterer Herr ist, der mich erschrocken ansieht.

„Oh tut mir leid. Ich dachte Sie wären jemand anderes."
Meine peinliche Röte schießt mir in den Kopf.
Der Mann nickt nur und geht schnell an mir vorbei.
Leicht kneife ich meine Augen zu, damit ich hinten Jo sehen kann, der zur Bar zurückgeht. Gut so, es ist besser so.
Mir wird sicher nichts passieren. Naja, auf jeden Fall hoffe ich das. Was aber auch Fakt ist, ist das ich noch nie in diesem Zustand alleine gewesen bin und dann noch in New York. In mir herrscht ein innerer Kampf. Was soll ich jetzt machen?

„Warte mal!" Mein Mund spricht die Wörter aus, bevor ich richtig drüber nachdenken kann.

Jo bleibt stehen und dreht sich langsam um.
Er bewegt sich nicht von der Stelle. Anschein erwartet er das ich nochmal was sage.
Ich rolle die Augen.
„Ich möchte doch das du mitkommst."

Ich beobachte wie er lächelt und nickend auf mich zukommt.
Seine Schritte sind zwar ruhig, aber durch seine langen Beine sehr groß, deshalb dauert es nicht sehr lange bis er vor mir zum stehen kommt.

„Dann komm." Er nickt in die Richtung wo ich gerade selber hinlaufen wollte. Ausatmend nicke ich.
Auch wenn er mich doch jetzt begleitet, scheint es die richtige Entscheidung gewesen zu sein.

Wir laufen still nebeneinander her, ohne das jemand auch nur was sagt.

Es herrscht absolute Stille. Worüber sollen wir auch reden? Ich kenne ihn nicht und er kennt mich nicht. Gerade aus diesem Grund ist diese Situation mehr als nur merkwürdig.
Die Lichterketten in den Bäumen sehen toll aus. Wenigstens das überbringt mir ein paar Weihnachtsgefühle. Wenn ich den Tag schon nicht mit Logan verbringe... Jo neben mir ist so groß, daß fällt mir auf, als ich auf unsere Schatten sehe, die sich vor uns erstrecken.
Leicht schmunzel ich in den Schal hinein.
„Was ist los?" Jo sieht zu mir runter und seine klaren graunen Augen inspizieren kurz mein Gesicht.

„Sieh dir unsere Schatten an, wie verschieden sie sind."
Er sieht auf den Boden und nickt.
„Ja, stimmt. Ich könnte dein Vater sein."

Der Alkohol spricht aus mir und ich fange laut an zu lachen, obwohl das gar nicht so lustig ist. Die Vorstellung ist nur so suspekt. Amüsiert sieht er mich an und muss auch leicht lachen. Egal wie komisch meine Lache auch klingen mag, es tut gut einfach gerade sich keine Gedanken zu machen. Ausgelassen schwanke ich hin und her, während wir die Straße überqueren.

„Hast du Lust was zu spielen?"

Sofort verstummt mein Lachen. Was? Er will was spielen?

Fragend sehe ich zu ihm auf, doch er sieht schmunzelnd auf den Boden.

„Was willst du denn Spielen?"

Jetzt schaut er in meine Augen.

„Schonmal was von dem Frage-Antwort Spiel gehört?"

When two lonely hearts meetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt