Five

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Am nächsten Morgen stürme ich förmlich aus meinem Haus, da ich gerade dabei bin zu spät zur Arbeit zu kommen.
Langsam gehe ich die glatten Steinstufen hinunter, renne dann aber weiter in Richtung meiner Arbeit. Den Bus habe ich auch verpasst, weshalb ich jetzt einmal quer durch New York renne muss.
Meine Lunge drückt schon gegen den Brustkorb, doch ich denke nicht mal daran mein Tempo zu verlangsamen. Immer weiter tragen mich meine Füße die rutschigen Gehwege hinunter.

„Verdammt." Ich sehe auf eine Uhr auf dem Marktplatz und bekomme Panik. Sicherlich bin ich nicht pünktlich da.
Weiter renne ich die Straße weiter, laufe an einem Bäcker vorbei, als jemand dort aus der Tür kommt und ich volle in jemanden reinrenne.

„'tschuldige." Nicht mal in das Gesicht der Person kann ich gucken, weil mir das so peinlich ist.
Ich entscheide mich dafür meinen Weg fortzufahren.
~

Endlich erreiche ich mit einer laufenden Nase die Eingangshalle und gehe mit schnellen Schritten zum Büro meines Chefs.
Im Fahrstuhl ziehe ich mit Schal, Mütze und Mantel aus, richte nochmal meine Haare und zupfe an meiner Bluse. Hoffentlich wird Mister Collins mir das nicht sehr übel nehmen.
Nach einigen Stockwerken, erreiche ich das Büro.
Meine Faust trifft die Tür zum Büro und ein dumpfes „Herein," erreicht meine kalten Ohren.
„Guten Morgen, Miss Wyler, sind Sie auch mal da, ja?" Mister Collins sieht mich an, während er sich seine Lesebrille absetzt. Voller Reue trete ich näher an seinen Tisch „Es tut mir leid. Mein Wecker am Handy, der-also der Akku meines Handys war leer und ich-ähm der Wecker-"
Lachend hebt er seine Hand und zeigt auf den Stuhl vor sich „Ist schon in Ordnung, solange das nicht zur Gewohnheit wird. Setzen Sie sich."
Nickend und mit einer großen Portion Erleichterung, setze ich mich auf den mit Stoff überzogenen Stuhl.
„Also Miss Wyler."
Mistee Collins lehnt sich nach vorne und faltet seine Hände. „Haben Sie den Artikel dabei?"
Der Panorama Ausblick im Hintergrund kann schon leicht dir Aufmerksamkeit rauben.
„Aber natürlich. Ich habe ihm auf einem Stick."
Sofort fange ich an in meinem Mantel rumzukramen, bis der kleine Stick in meinen Griff rutscht
„Hier."
Ich lege den sorgfältig vor die Hände meines Chefs und er nimmt ins sich.

„Sehr gut, vielen Dank. Da gibt es noch eine Sache, Miss Wyler."
Neugierig lege ich mein eines Bein über das andere, während Mister Collins sich wieder seine Brille aufsetzt und mir einen Zettel rüberschiebt.
Zügug nehme ich ihn in meine Hand und oben steht dick und fett „Artikel nach freiem Interesse."
Fragend sehe ich meinen Chef an.

„Ich bitte Sie bis in drei Wochen ein Thema rauszusuchen und zu erforschen, was Sie persönlich interessiert. Ich vertraue Ihnen und denke, daß Sie Potential dazu haben."

Freudig nicke ich. Endlich etwas was ich gerne mache. Ein Artikel über ein Thema schreiben was mich interessiert.

„Ich bitte Sie nur kein Thema auszusuchen, was etwas mit Mode oder sonstigem zu tun hat. Eher was aktuelles."
Mode ist sowieso nicht das was ich im Kopf hatte. Ehrlich gesagt habe ich noch gar keine Ideen. Das wird sich schon ergeben.

Er erklärt mir noch das ich auch Umfragen machen könnte oder Interviews führen.
Nach dem Gespräch sehe ich das Mister Collins sich ein Glas Gefäß nimmt, wo eine bräunliche Flüssigkeit ist, die er in ein kleines Glas schüttet. Ich weiß ganz genau was das ist. Alkohol am Arbeitsplatz ist denke ich verboten, doch da er selber Chef ist und das öfter macht, habe ich kein Recht dazu was zu sagen.
Ich warte bis er den letzten Schluck seinen Rachen runterlaufen lässt.
Knallend stellt er das Glas hin und stößt kurz auf.
Das ist eine, und die einzige Sache, die ich an Mister Collins nicht mag. Sein trinken.

„So," Sofort trifft seine Alkohokfahne meine empfindliche Nase. Ich muss schlucken, denn wirklich angenehm ist das nicht.
Langsam erhebe ich mich, da er selber aufsteht und sich seinen Schal um den Hals wirft.
„Sie können nun gehen. Schöne Feiertage noch."
Ich versuche freundlich zu lächeln. Wenn mein Freund sich mal melden würde, hätte ich schöne Feiertage. Auch ich ziehe mir meinen Mantel und meinen Schal an, bedanke mich nochmal für die Aufgaben und verschwinde kurzzeitig aus seinem Büro und komplett aus dem Gebäude.

Draußen setze ich mir die Mütze auf. Familien laufen mit schicken Klamotten an mir vorbei Richtung Kirche. Andere wiederum stehen an ihrem Auto und packen ihren Kofferraum voll mit Koffern. Verreisen über Weihnachten wäre auch eine Möglichkeit gewesen, nur wohin? Einen wirklichen Anhaltspunkt gibt es ja nicht.
Gemütlich stolziere ich durch die Schneelandschaft, immer noch mit denselben Sorgen im Kopf.
Logan und seine nicht-antworten. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie muss ich mir für den heutigen Tag jemand anderes suchen, für den Fall das von Logans Seite nichts mehr kommt.

Meine Füße biegen nach Links ab und schon gelange ich zu meiner Wohnung, die von außen kaum weihnachtlich geschmückt ist. Außer einem weihnachtlicher Kranz an der Tür, deutet auch nichts darauf hin, dass wir überhaupt Weihnachten haben.
Seufzend schließe ich die Tür auf und trete in die Wärme. Langsam setze ich mir Mütze, Mantel und Schal ab, die Schuhe folgen.
Ein kalter Schauer durchfährt meinen Rücken und sofort stelle ich sowohl im Flur aus auch im Wohnzimmer die Temperaturen der Heizung höher.
Als ich mir händereibend den unaufgeräumten Stubentisch anschaue, fällt mir auf, dass das Telefon blinkt.
Hoffnungsvoll nehme ich das Telefon in die Hand und grinse.

Logan hat angerufen und mir eine Sprachnachricht auf der Sprachbox hinterlassen. Aber er wusste doch, dass ich bis eben weg war? Ich schiebe das aber weit hinten in meinen Kopf und freue mich einfach, dass er sich gemeldet hat.
Mit klopfendem Herzen setze ich mich auf das Sofa und halte den Hörer an mein Ohr, während ich mir die Sprachnachricht anhöre.

Hallo Julie. Ich-ähm. Frohe Weihnachten."
Ich beiße mir auf die Innenwange. Er ist zu süß.
Ich muss mit dir reden." Sofort zerfällt meine Miene. Langsam setze ich mich im Schneidersitz hin und sehe auf meine Fingernägel.
Zwischen dir und mir läuft es nicht mehr so gut. Ich habe das Gefühl das wir uns kaum mehr kennen."
Ich lasse von meinen Fingernägeln ab und starre unglaubwürdig gegen die Wand. Was redet er denn da? Er kennt mich besser als jemand anderes.
Julie fällt mir nicht leicht, aber ich-ich..."
Ich halte den Atem an, habe schon wässrige Augen. Nein, nein.

Ich mache Schluss, Julie. Es tut mir leid."

Schluss. Es ist aus. Schluss. Finito. Immer und immer wieder höre ich mir die zehn Sekunden Sprachnachricht an. Die Welt ist für mich von der heilen Welt in eine gebrochene Welt verwandelt worden.
Egal wie oft ich mir diese Nachricht anhöre, mein Verstand will das nicht wahrhaben.
Das ist unmöglich.

Plötzlich schluchze ich laut los und halte mir geschockt die Hand vor den Mund.
Das Telefon fällt auf den Boden, doch ich ziehe meine Knie fest an meine Brust um mein Gesicht darin zu verstecken. Wie kann er nur? Wie kann er nur sagen das wir uns kaum mehr kennen?
Die ganzen acht Monate waren die schönsten meines Lebens. Jedes Geheimnis weiß er von mir und auch ich habe oder hatte das Gefühl ihn zu kenne. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.
Das geht nicht. Er kann mir nicht einfach über die Sprachbox eine Nachricht hinterlassen und ohne triftigen Grund mit mir Schluss machen. Ich will sehen wir er mir das ins Gesicht sagt. Ich will und muss es von ihm direkt hören.
Verzweifelt werfe ich ein Kissen gegen die Wand und kauere mich schreiend zusammen. Es tut so weh zu wissen, dass ich die Person die dir am meisten bedeutet, dich aus seinem Leben ausschließt. Ohne einen Grund genannt zu haben.
Meine Tränen tropfen auf den Stoff des Sofas. Schluchzend und mit verzogenem Gesicht kauere ich mich zusammen.

When two lonely hearts meetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt