Sixteen

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„Was machst du hier?"
Jo deutet nach rechts und jetzt erst erkenne ich seine Gitarre die er hinten auf seinem Rücken herumträgt.

„Eigentlich wollte ich gerade zur Bar."

Schon wieder? Aber heute ist doch Sonntag! Bevor ich fragen kann, fällt er mir ins Wort.

„Wie wars zu Hause?"

Leicht grinst er. Ich zucke wiederum nur mit den Schultern.

Ja wie war es eigentlich? Nicht besonders, eigentlich. Wie immer halt.
Außer das es mir leid tut meine Mutter jedesmal aufs Neue alleine zu lassen.

„Ganz okay."
Er nickt verständnisvoll und beißt sich auf die Innenwange. So stehen wir dort, als hätten wir uns nie wieder was zu sagen. Um uns herum hunderte Leute, die mir jetzt erst richtig auffallen. Einer schneller als der andere.
Langsam zerfrisst mich diese Stille und ich breche sie.

„Gut, dann sieht man sich."

Jo nickt nur und winkt, bevor er an mir vorbei Richtung Bar geht.

Warte!

Die Bar!

Ich habe doch nach einem Zufluchtsort gesucht. Ich denke die Bar hat das nötige Potenzial. Blair könnte ich einfach schreiben das ich den Zug verpasst habe, vielleicht geht sie dann von alleine.

„Jo, warte mal!" Ich renne ihm hinterher als ich seinen Arm Packe, damit er stehen bleibt.
Sein Kopf dreht sich schlagartig in meine Richtung und er sieht auf meine Hand die sein Oberarm umschließt. Sofort lasse ich von ihm ab und räuspere mich.
„Was denn?"
Sein Körper dreht sich nun komplett in meine Richtung. Das er so riesig ist fällt mir in dem Moment wieder sehr auf. Er könnte locker ein NFL Basketballspieler werden.

„Kann ich mitkommen zur Bar? Ich habe eh nichts zutun."
Innerlich bete ich das er einfach zusagt und nicht hinterfragt warum ich nicht nach Hause will.
Skeptisch sieht er mich an, dabei hebt sich seine rechte Augenbraue.
Erleichterung breitet sich in mir aus, als er nur nickt.
„Klar, dann komm."
Freudig grinse ich und laufe neben ihm her zur Bar.

Wir unterhalten uns unterwegs nur wenig, doch es ist nicht schlimm. Im Gegenteil. Ich genieße die Ruhe.
Tief atme ich die frische Luft ein und lächle. Die Luft fegt meinen Kopf frei.

„Sag mal meditierst du gerade oder warum atmest du die ganze Zeit so merkwürdig?"
Jo sieht amüsiert zu mir runter und öffnet die Tür zur Bar um mich reinzubeten.
Augenrollen schlage ich ihm gegen den Oberarm und betrete den rauchigen Raum.
„Nein, ich habe lediglich die Luft genossen."

Mein Blick gleitet automatisch zur Bar wo ein älterer Mann auf einem der Barhocker sitzt und irgendwelche Formulare ausfüllt.
Hinter mir höre ich wie Jo die Tür schließt.

„Sowas wie frische Luft gibt es hier drinn auf jeden Fall nicht."
Sein lachendes flüstern kitzelt in meinem Ohr und ich sehe zu ihm auf. Auch er schaut zur Theke und sieht wirklich überrascht aus.

„Jeff, was machst du denn hier?"

Der von hinten alt aussehende Mann dreht seinen Kopf in unsere Richtung.

„Jonathan, du alter Rockstar. Wen hast du denn abgeschleppt?"
Erschrocken ziehe ich die Luft ein. Was ist das denn für eine Redensart? Hat Jo etwa oft Mädchen mit hier her gebracht?
Neben mir lacht Jo nur auf und schüttelt den Kopf, während er seine Gitarre auf einen Tisch ablegt. Auch ich lege meine Tische drauf ab.

„Ich habe niemanden abgeschleppt Jeff. Wir sind nur befreundet.
Ihr Name ist Julie."
Das er vor mir in Dritter Person spricht fühlt sich merkwürdig an, da ich mich ja auch selbst vorstellen könnte.
Ich zwinge mir ein Lächeln auf und winke Jeff zu, den Besitzer dieser Bar.
Jeff sieht mich skeptisch an, bis er mich zu sich nickt. Was wird das jetzt?
Unsicher schaue ich zu Jo, der mir aufmunternd zu lächelt. Na schön.
Langsam gehe ich auf ihn zu. Leicht lächelt er und bittet mich zu setzen.

Bin ich jetzt im Verhör?

„Julie also. Was machst du in deiner Freizeit?"

Was geht ihn das an? Verwundert sehe ich Jeff an und weiß nicht wie diese Frage beantworten soll.

„Äh, alles mögliche. Lesen, spazieren gehen und... Und.. Schreiben."

Interessiert nickt er und kratzt sich an seinem Bart.

„Was schreibst du denn so?"

Unsicher schaue ich zu Jo, der uns amüsiert zusieht, dabei hat er seine Arme verschränkt.

„Ich arbeite als Redakteurin und schreibe eher sowas wie Artikel für Zeitungen."
Beeindruckt nickt er und muss auf einmal laut losprusten als er bemerkt wie ich ihn unsicher anschaue.
Plötzlich klopft er mir auf die Schulter und schüttelt lachend den Kopf.

„Ich mach doch nur Spaß, Julie. Du darfst dich nicht so rumschubsen lassen."
Verkrampft lächle ich, als ich plötzlich von Jo, meinem Retter, vom Hocker gezogen werde.

„So Jeff du hattest jetzt deinen Spaß."

Jeff scheint sich noch nicht einzukriegen und bemerkt nicht das Jo mich einfach irgendwo mithin zieht.
Erst in einem Gang lässt er von meiner Hand ab.

„Jeff ist nunmal so wie er ist. Aber im großen und ganzen ist er wirklich nett."
Jo scheint zu merken wie unangenehm es mir gerade war. Ich nicke und folge ihm in einen Raum.
Er knipst das Licht an und nur eine Glühlampe hängt an der Decke.
Das leichte Licht offenbart mir einen Raum voller Flaschen und Pappkartons.
„Hilfst Du mir die Kartons zu meinem Auto zu bringen?"

Ich nicke und nehme mir einen Karton wo jedemenge leere Flaschen drin sind.
Stöhnend hebe ich den Karton und stelle ihn sofort wieder auf den Boden. Meine Arme sind gänzlich zu schwach.

„Geht's?" Lachend sieht Jo mir zu, wie ich erneut versuche den Karton hoch zu heben.
Ich schüttele den Kopf und stelle mich wieder gerade hin, nur ohne Karton in den Händen.

„Einen Moment."
Ich dehne meine Hände und kreise meine Schultern nach hinten. Vielleicht hilft das ja.
Wie eine trinkende Giraffe stelle ich meine Beine weit auseinander, hebe den Karton hoch und stöhne wie ein Kraftsportler der seine 50kg Hanteln hochhebt.

„Julie, ich kann das auch al-"

„Nein! Nein, ich helfe dir jetzt!"

Mit kleinen Schritten bewege ich mich aus dem Raum und es fühlt sich so an, als würden meine Finger gleich abfallen.
Hinter mir läuft Jo, wie ein junger Gott. Er hat kein Problem mit dem Gewicht der Kartons.

Endlich trete ich aid der Tür in die Kälte und die Treppe hinunter mit sehr kleinen, sehr sehr kleinen Schritten.
Es ist mir sehr peinlich wie langsam ich bin.

Bei seinem Uato knalle ich den schweren Karton förmlich auf den Steinboden und stütze mir ausamtemd die Hände in die Hüfte.

„Ich hätte das auch alleine machen können."

Jo stellt sein Karton ab und öffnet den Kofferraum seines teuren Autos.

Ich winke tief ein und ausatmend ab.

„Geht-geht schon."

Er nickt und stellt die Kartons in den Kofferraum.

When two lonely hearts meetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt