Nine

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Ich nicke. Natürlich kenne ich das Spiel, nur ich habe das Spiel mit zwölf gespielt. Aber mit fast zwanzig?

„Na komm, das wird lustig." Jo stupst mich leicht an, sodass ich leicht nach rechts schwanke.
Hat er denn schon vergessen, daß ich Alkohol intus habe?

„Aber nur wenn du mir versprichst das die Fragen nicht allzu unangenehm werden." Mein Kopf vergräbt sich in meinen Schal, doch meine Augen sehen zu ihm auf.
„Klar."
Er nickt und reibt sich seine knallroten Hände.
Der Hauch aus seinem Mund, verschwindet.
„Also die erste Frage ist, wo kommst du her?"

Neugierig steckt er seine Hände zurück in die Jackentasche und sieht mich an.
Ich muss schmunzeln, als ich an mein zu Hause zurück denke.
Zu der Zeit war alles so unbeschwert. Und ich habe Logan noch nicht gekannt.

„Ich komme ursprünglich aus Washington. Jetzt ich."
Nachdenklich spitze ich meine Lippen, bis mir eine Frage einfällt.

„Ist Jo dein echter Name oder nur ein Spitzname?"

Wir überqueren eine nicht befahrene Straße, als ich sehe das er kurz lachen muss.

„Jo ist nur ein Spitzname. Eigentlich heiße ich Jonathan. Sehr originell, ich weiß."
Ich nicke nur, während ich den glitzernden Schnee auf dem Bürgersteig begutachte „Also ich persönlich finde Jonathan auch echt zu lang. Kein Wunder das dich alle Jo nennen."

Jo bleibt plötzlich stehen und sieht mich amüsiert an.
„Ich dachte du sagst jetzt, ich nenne dich Jonathan, weil dich alle Jo nenne. Wie in diesen schlechten Romanzen, weißt du?"
Ich lache und drehe mich um, um weiter zugehen. Jo joggt zu mir und läuft auf der Straße.
„Weißt du, ich wäre gerne mal in so einem Film. Da ist immer alles so perfekt."

In Gedanken merke ich gar nicht, daß wir schon fast bei mir zu Hause angekommen sind.
Jo schlurft mit den Händen in den Taschen durch den Schnee.

„Ach, das ist doch viel zu kitschig. Das Leben ist nunmal kein Romantik Film. Es ist eher das Gegenteil."

Sein Blick gleitet nach vorne und ich nicke verträumt. Da hat Jo wahrscheinlich recht. Das Leben ist alles andere als eine Romanze. Ich selber musst es am eigenen Leibe erfahren.

Die Stille durchdringt die Ortschaft. Ich höre nur Jo's Schritte neben mir.

„Julie?"

Mein Blick gleitet zu Jo der mich kurz ansieht, bevor sein Blick wieder auf den Boden fliegt.

„Warum bist du heute an Heiligabend in einer Bar gewesen. Du scheinst nicht wirklich die Person dafür zu sein."

Mir bleibt die Luft weg. Ich schlucke. Da war ich gerade dabei mich von ihm abzulenken und dann fängt er an mich auszufragen.
Tief schnaube ich aus und vergrabe mein Gesicht tiefer in meinen Wollschal.
„Ist egal."
Meine Stimme klingt sehr gereizt. Naja, ich will auch wirklich nicht drüber reden.
Die Schritte verschellern sich. Meine Tränen steigen mir in die Augen. Ich darf jetzt nicht weine. Nicht vor Jo!

„Hey, warte mal!"
Plötzlich hält Jo  meine Schulter fest, damit ich langsamer werde.

„Es tut mir Leid, wenn ich dir zu nahe getreten bin. Aber meinst du es ist gut, alles in sich reinzufressen?"

Ich starre ihm in die Augen und merke noch seine Hand auf meiner Schulter. Abwechselnd sieht er in meine Augen, während meine Atmung noch schnell geht.

„Lass es einfach, ja?" ich reiße mich von ihm los. Ich will jetzt alleine sein.

„Es geht dich nichts an. Ich kenne dich nicht, also warum sollte ich mit dir drüber sprechen, mh?"

Seine Hand gleitet von meiner Schulter. Unschuldig sieht er zu mir runter und sagt nichts, sieht mir nur zu wie ich wutentbrannt in meiner Tasche rumwühle. Ich suche meinen Schlüssel.
Wir stehen nämlich schon vor meinem Haus.

„Julie ich,"

Sofort drehe ich mich kopfschüttelnd weg und stecke den Schlüssel in das Schloss.

„Lass mich, okay? Tschüss."

Mit einem unguten Gefühl im Bauch schließe ich die Tür auf und trete in mein Haus, ohne mich nochmal umzudrehen.

Hinter mir schließe ich die Tür.
War ich jetzt zu voreilig und gemein?

Ich bin kurz davor nochmal rauszugehen und mich zu entschuldigen, doch meine Tränen laufen schon wie Bäche aus meinen Augen.
So sollte Jo mich nicht sehen.

Langsam lasse ich meinen Rücken die Haustür runterrutschen. Ich brauche Logan. Ich brauche ihn einfach.

Meine Hand durchwühlt meine Handtasche, die lose auf dem Flurboden liegt.
Sofort rutscht mein Handy in meinen Griff.
Aus Reflex schalte ich das Handy an, welches ich die ganze Zeit ausgeschaltet hatte.
Meine Finger wählen seine Nummer ohne das ich was dagegen tun kann.

Mit zitternder Hand halte ich das Smartphone an mein Ohr und schniefe laut aus. Meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding.
Mich macht das alles zu fertig.

„Hallo? Logan?"

Zuerst höre ich ein rauschen. Das rauschen wird immer lauter. Dann aber piept es.

Er hat mich weggedrückt.

Mit gequältem Gesichtsausdruck, wähle ich erneut seine Nummer und lege meinen Kopf auf meine angezogenen Knie.

Es kommt nur die Mailbox.

„Logan, hey......Ich vermisse dich, mein Schatz..... Bitte melde dich..... Ich brauche dich."

Mein Finger drückt den Anruf weg und ich drücke meine Hände gegen mein Tränen überlaufendes Gesicht.
Kein Song auf der Welt kann diesen Schmerz beschreiben. Noch nie tat etwas mehr weh, als das.
Das schlimme an der Sache ist ja, daß Gefühl nichts tun zu können.
Trotzdem Logan mich einfach vergessen hat, bekomme ich selber es nicht hin ihn zu vergessen.
Seine Liebe hat sich in meine Seele eingebrannt, wie bei gebranntmarkten Tieren. Meine Seele wurde gebranntmarkt. Von ihm.

Müde und mit zitternden Beinen stehe ich auf und wische mir die Tränen weg.
Meinen Mantel werfe ich zu Boden, genauso wie meinen Schal.
Die Schuhe lasse ich im, Flur, neben meinem Mantel stehen.

Schlurfend gehe ich ins Schlafzimmer und lasse mich auf das Bett fallen.
Meine Augen schließen sich von selber, als ob sie nur drauf gewartet hätten.

Kurz kommt mir das Gesicht von Logan ins gedankliche Blickfeld. Doch ich bin zu schwach, um dagegen an zu kämpfen.

Es tut einfach nur weh..

When two lonely hearts meetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt