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Taehyung

Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, mich zu Jungkook zu setzen. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, ein Wort mit ihm zu wechseln. Eigentlich hatte ich nicht einmal vorgehabt, ihn überhaupt zu beachten.

Doch an Jungkooks Haltung, seinem traurigen Blick auf das Wasser und dem deprimierten Spiel mit seinen Fingern konnte ich erkennen, dass es ihm scheinbar gerade nicht so gut ging. Normalerweise würde mich das nicht interessieren, ich war kein Mensch, der Empathie besaß und sich um andere kümmerte, wie Hoseok das tat. Allerdings hatte mein Freund mir beigebracht, immer für andere da zu sein und ihnen zu helfen, selbst wenn sie so tun, als würden sie keine Hilfe brauchen.

Und genau deswegen setzte ich mich nun doch neben Jungkook.

Wie in Zeitlupe drehte er seinen Kopf zu mir und schaute mich völlig irritiert an. Mit meiner Anwesenheit schien er wohl am wenigsten gerechnet zu haben, was ihm nicht zu verübeln war. Ich wirkte nicht gerade wie ein Mensch, der die Natur liebte oder sensibel werden konnte und so war ich eigentlich auch nicht. Aber seit ich dieses rote Band gefunden hatte, zog mich einfach immer wieder etwas hierher zurück. Hier zu dem Fluss, an diesen Platz. So, als würde hier etwas auf mich warten... auch wenn das völlig absurd war.

"Was machst du hier?", fragte Jungkook mich leise. Ich musste kein Meister sein, um zu erkennen, dass es ihm nicht sonderlich gut ging. Seine Stimme zitterte leicht und er schien unruhig, so als wollte er ganz schnell weg von mir. Wirkte ich etwa so bedrohlich?

"Das Gleiche könnte ich dich fragen", gab ich leidlich zurück und stützte mich auf meinen Händen ab. Nur einen Augenblick lang musterte ich Jungkook noch, ehe mein Blick zum Fluss glitt und ich diesen stumm beobachtete. Das Wasser plätscherte friedlich vor sich her, doch fehlten seine bunten, vom Licht reflektierten Farben, weil das Wetter nicht gut genug war und das war ein wenig schade. Der Fluss hatte immerhin inzwischen eine ziemlich wichtige Bedeutung für mich.

"Nicht so wichtig...", nuschelte Jungkook neben mir. Er zog seine Beine näher an seinen Körper und zog damit auch meine Aufmerksamkeit wieder auf sich, weshalb ich ihn erneut betrachtete. Mein Blick war recht emotionslos, ich sah keinen Grund darin, jemanden hier meine Gefühle zu zeigen. So hatte ich es schon immer leicht gehabt, vor Menschen meine wahren Gefühle zu verstecken. Jungkook hingegen hatte weniger Erfolg.

Selbst ich konnte ihm ansehen, dass er sich nicht wohl fühlte und seine Worte eine reine Lüge waren. Den Blick hielt er von mir abgewandt, so als hätte er Angst, meine Augen könnten ihn in Stein verwandeln. Allgemein schien er nicht sonderlich selbstbewusst zu sein und das war etwas, was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Selbstbewusst sein gehörte zum Leben dazu. Also, wieso fiel genau das so vielen Menschen schwer?

"Wenn du meinst", antwortete ich dennoch und wandte damit auch wieder meinen Blick ab. Ich wollte Jungkook nicht dazu drängen, mir etwas zu sagen, das war nicht richtig und das würde auch nicht gut enden. Stattdessen konzentrierte ich mich einfach auf meine Gedanken, die sich gerade immer mehr in das rote Band drehten, obgleich ich keinen einzigen Blick darauf geworfen hatte.

Schon seltsam...

Aber dann war es Jungkooks vorsichtige Stimme, die meine Gedanken durchbrach und mich dazu brachte, ihn mit schief gelegten Kopf anzuschauen.

"Stört dich meine Anwesenheit denn nicht...?"

𝐒𝐜𝐡𝐢𝐜𝐤𝐬𝐚𝐥𝐬𝐟𝐚𝐝𝐞𝐧 ✦ 𝖳𝖠𝖤𝖪𝖮𝖮𝖪Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt