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Jungkook

Wieder einmal war ich auf dem Weg zur Intensivstation - dieses Mal allerdings vollkommen alleine. Keiner meiner Freunde hatte Zeit gehabt, als ich gefragt hatte, ob mich jemand wohin begleiten würde. Yoongi machte tatsächlich etwas mit Jimin, nachdem dieser die ganze Zeit gefleht und gebettelt hatte und Taehyung unternahm natürlich etwas mit Hoseok. Es freute mich, dass die beiden sich wieder verstanden und dass Hoseok mich offensichtlich nicht mehr als bedrohlich empfand... schließlich war ich das auch nicht.

Mir war klar, dass ich oft etwas mit Taehyung unternommen hatte und je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr tat es mir auch Hoseok gegenüber leid. Es musste sich schrecklich anfühlen, von der Person ignoriert zu werden, die man liebte und aus diesem Grund hatte ich auch angefangen, mich wieder etwas von Taehyung zu distanzieren. Stattdessen verbrachte ich die meiste Zeit nun deutlich länger und auch öfter im Krankenhaus, selten war ich Zuhause und ab und zu kam es dazu, dass ich bei Yoongi war. Dass es mir nicht auf Dauer gut tat, war mir klar, aber hatte ich eine andere Wahl?

Viel lieber wollte ich, dass es anderen Menschen gut ging und nicht mir. Das Wohl der anderen war für mich stets an erster Stelle, es war wichtiger als meine Gefühle. So hatten es mir meine Eltern beigebracht und vermutlich kam mein Verhalten auch dadurch. Hätte ich Yoongi heute gesagt, dass ich ins Krankenhaus gehen würde, so hätte er Jimin sofort abgesagt und wäre mit mir gekommen. Aber es war genau das, was ich nicht wollte. Ich wollte es selbst schaffen. Ich wollte stark sein, nicht mehr verwundbar und ich wollte beweisen, dass ich auch ganz gut alleine zurecht kommen würde.

Doch als ich gerade das Zimmer betreten wollte, löschten sich plötzlich all meine Prinzipien aus meinem Kopf heraus, als wären sie nie da gewesen, sondern nur eine Illusion meiner eigenen Wünsche.

In dem Zimmer, in dem sie lag, waren auf einmal ganz viele Ärzte, die hektisch umher liefen und irgendwas von 'Operation' riefen. So genau hörte ich nicht zu, da meine Gedanken und mein Blick nur bei ihr hingen. Laut piepste das Gerät, dass ihr Herzschlag überwachte und als es nicht mehr schlug, hatte ich ebenso das Gefühl, als würde mein Herz aussetzen und nie wieder anfangen zu schlagen. Mein Hals war wie zugeschnürt, mein Brustkorb fühlte sich auf einmal so eng an und meine Augen fingen durch die salzigen Tränen an zu brennen.

Wie gebannt starrte ich die Erlebnisse an, musste zusehen, wie sie einen Defibrillator nahmen und wodurch ihr Körper sich leicht nach oben bewegte. Immer, wenn ich den lauten Schlag hörte, zuckte ich so zusammen, als hätte man mir eine Ohrfeige verpasst. Erst, als das Gerät wieder einen Herzschlag anzeigte, konnte ich ausatmen und stellte jetzt erst fest, dass ich die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Meine Beine zitterten und ich drohte schon, auf den Boden zu fallen, doch gerade noch so konnte ich mich festhalten. Bloß nicht schwach werden, Jungkook...

Der behandelnde Arzt kam zu mir, musterte mich erst besorgt, seufzte dann aber nur auf und fing an zu reden. Doch was ich hörte, wollte ich nicht wahrhaben und nicht akzeptieren. Alles in mir schrie danach, ihm zu widersprechen und zu sagen, dass alles wieder gut werden würde und dass es sein verdammter Job war, ihr das Leben zu retten. Allerdings kam kein einziger Ton über meine zerbissenen Lippen.

,,Es tut mir leid, Jungkook", seufzte der Arzt und ich musste bei der Stimme, die so voller Mitleid war, schwer schlucken. ,,Aber wir können nichts mehr tun, außer ihr Leid zu beenden, doch das möchte dein Vater nicht. Es ist aussichtslos Jungkook. Weder eine Therapie, noch ein Medikament will anschlagen und-"

Weiter kam er nicht, da ich mich umdrehte und einfach - erneut - aus dem Krankenhaus flüchtete. Das konnte doch nicht wirklich passieren. Das durfte nicht passieren! Ich wollte nicht alleine sein... oder verlassen werden... ich wollte keinen Tod mitansehen, vor allem nicht so früh!

Schluchzend fischte ich mein Handy aus meiner Jackentasche und rannte irgendeinen Weg entlang, irgendwohin, aber Hauptsache weg  von diesem Ort des Grauens. Unter Tränen, die mittlerweile meine gesamte Sicht versperrten, rief ich Yoongi an. Mir tat es jetzt schon leid, falls ich ihn störte und Jimin sauer werden würde, doch ich brauchte ihn. Mehr denn je. Es fühlte sich so für mich an, als würde ich selbst sterben und meinen eigenen Tod erleben.

,,Yoongi-Hyung!", schluchzte ich laut in das Handy, als er endlich meinen Anruf annahm und vollkommen atemlos blieb ich stehen. Wie lange ich gerannt war, wusste ich nicht, aber es fühlte sich für mich wie eine Ewigkeit an. ,,B-Bitte, H-Hyung... k-komm zu m-mir...", weinte ich weiterhin, verfluchte mich dafür, wie schwach und erbärmlich ich schon wieder war. Alleine etwas auf die Reihe bekommen? Davon war ich meilenweit entfernt und langsam verlor ich den Glauben, dass ich es jemals schaffen würde.

,,H-Hyung... i-ich ha-habe das G-Gefühl zu s-sterben... bitte k-komm und n-nimm mi-mich in den A-Arm..."

𝐒𝐜𝐡𝐢𝐜𝐤𝐬𝐚𝐥𝐬𝐟𝐚𝐝𝐞𝐧 ✦ 𝖳𝖠𝖤𝖪𝖮𝖮𝖪Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt