Taehyung
Als Jungkook mir - vermutlich zum ersten Mal - widersprach, biss ich mir direkt auf die Lippe. Ja, ich hatte gewollt, dass er selbstbewusster wurde und sich nicht so schnell einschüchtern ließ, aber heute? Heute wollte ich einfach nur allein sein. Ich wollte niemanden in meiner Nähe haben, ich wollte niemanden meine verletzliche Seite zeigen. Und so sehr ich Jungkook auch mochte, ihm wollte ich sie auch nicht zeigen. Ich wollte ihn nicht hier haben.
Ich wollte einfach nur alleine sein.
"Jungkook, bitte geh", bat ich ihn also noch einmal. Meine Stimme enthielt keine wirkliche Kraft mehr und ich hab mir Mühe, sie nicht brechen zu lassen. Das durfte nicht geschehen, das durfte ich nicht zulassen... ich musste stärker sein. Und ich musste ihn davon überzeugen, dass ich das auch allein schaffen würde. Er musste mir einfach nur vertrauen. Nur ein einziges Mal.
"Nein, Taehyung. Ich sehe doch, wie es dir geht und dass du jemanden brauchst", widersprach mir Jungkook und drückte sich mehr an meinen Körper. Sein Griff verstärkte sich und er presste sich regelrecht an mich heran, während seine Finger sich in dem Stoff meines T-Shirts vergruben. Mit allen Mitteln versuchte er mich festzuhalten, so als würde ich ansonsten einfach verschwinden, mich in Rauch auflösen. Dabei würde das nicht passieren. Leider.
"Jungkook, ich meine es ernst", fing ich noch einmal an und legte meine Hände auf seine Arme. Trotz dessen, dass meine Augen brannten und mein Hals sich noch immer wie zugeschnürt anfühlte, sammelte ich das letzte bisschen Kraft, das ich noch besaß, und versuchte mich von seinen Armen zu befreien. Wie erwartet war Jungkook schwächer als ich und konnte seinen Griff nicht halten, weshalb ich mich schon von ihm befreit und umgedreht hatte.
Als mein Blick auf seinen traf, erkannte ich all die Schuldgefühle und die Vorwürfe, die in seinen dunklen Iren glitzerten. Er fühlte sich für all das verantwortlich, er fühlte sich schuldig und deshalb wollte er mir helfen. Er wollte für mich da sein, weil es das Einzige seiner Meinung nach war, mit dem er seinen Fehler wieder gutmachen konnte. Aber so war das nicht. Er war nicht schuld. Hoseok hatte recht: Ich suchte nur nach Ausreden, denn in Wirklichkeit war ich selbst derjenige, der alles hatte geschehen lassen. Ich hatte meine eigene Beziehung ruiniert, deswegen stand es mir nicht zu, irgendwen um Hilfe zu bitten. Ich musste das alleine schaffen und niemand würde mir beistehen können. Und auch Jungkook musste das verstehen. Es war nicht seine Schuld.
"Taehyung, ich-"
"Ich weiß, dass du mir helfen willst", unterbrach ich ihn und versuchte den fetten Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken, damit die Tränen, die in meinen Augen glänzten, keinen Weg nach draußen fanden. Meine Nase kribbelte unangenehm wegen diesen verdammten Tränen und ich wollte einfach nur nachhause; ich wollte mich in meinem Bett unter einer Decke verkriechen und nie wieder hervor kommen. "Aber das kannst du nicht. Ich brauche Zeit für mich... hörst du? Ich... ich muss einfach nachdenken... und zumindest einer von uns sollte so vorbildlich sein und im Unterricht sitzen."
Jungkook wollte mich unterbrechen, doch mit einer einzigen Handbewegung brachte ich ihn wieder zum Schweigen. Es war besser so. Für uns beide. Er würde mich nicht trösten können. Nicht jetzt. Nicht nach meinem Schockmoment.
"Wenn du etwas für mich tun willst, dann gib mir bitte Zeit... du darfst gern heute Mittag vorbei kommen, aber ich muss jetzt einfach... ich muss einfach..." Ich brach ab und wandte meinen Blick ab, während ich mit einer Hand durch meine Haare fuhr. "Ich muss erst realisieren, dass ich wirklich so ein Versager bin", beendete ich meinen Satz, der mit jedem Wort leiser wurde. Einen weiteren Blick auf Jungkook warf ich nicht mehr; das würde den Damm an Tränen in mir nur zum Brechen bringen. Das durfte ich nicht zulassen.
Ich musste hier weg. Einfach nur weg von hier, von Hoseok und allem, was mich an ihn erinnerte.
-
Was würdet ihr von einer Lesenacht heute halten?:3
~Mika
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𝐒𝐜𝐡𝐢𝐜𝐤𝐬𝐚𝐥𝐬𝐟𝐚𝐝𝐞𝐧 ✦ 𝖳𝖠𝖤𝖪𝖮𝖮𝖪
Fanfiction»Nichts kann jemals den unsichtbaren Faden zwischen zwei Menschen zerreissen, die dafür bestimmt sind, zusammen zu sein.« Das Schicksal des roten Fadens besagt, dass es ein Band zwischen zwei Personen gibt. Der Faden ist unsichtbar und unzerstörbar...