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Ich setze mich auf das Bett. Die Bettwäsche ist ebenso klinisch weiß wie alles andere in diesem Raum. Fast könnte ich mich wie in einem Krankenhaus fühlen.
Ich weiß, dass ich diese Nacht nicht zur Ruhe kommen werde.
Und genau so ist es dann auch, als ich mich auf das Bett lege und die Bettdecke an mich ziehe wie etwas, das mich vor Schlimmerem bewahren kann.

×××

Ich werde zurück in die Realität durch ein Geräusch geholt. Das simple Stampfen von Füßen, die sich ihren Weg die Treppe hinauf bahnen. Ich weiß nicht wie spät es ist. Es kann erst 8 sein, es kann aber auch schon 10 sein. Die Helligkeit im Zimmer fließt durch das Fenster hinein. Kopfschmerzen machen sich in meinem Kopf breit, desto länger ich meine müden Augen offen halte und in das helle Licht schaue.

Ein Schlüssel dreht sich auf der andere Seite der Tür. Jemand schließt auf. Endlich. Ich setze mich auf, mein Kopf pocht unerträglich. Ich fühle mich fast so, als hätte ich einen Kater. Einen Kater von der Wahrheit, über die ich die gesamte Nacht nachdenken konnte.
Die Tür öffnet sich und das tätowierte Gesicht von T schaut in das Gästezimmer. Er erblickt mich auf dem weißen Bett, stößt mit seinem Fuß die Tür auf und schlendert in einer Jogginghose, einem T-Shirt, das mehr Falten hat als eine Hundertjährige, Socken an den Füßen und einem Tablett in den Händen zu mir rüber.

"Dein Frühstück", sagt er schroff als er das Tablett auf dem Nachttisch abstellt. Seine Augen blicken kurz in meine, dann sieht er zum Fenster raus. Einen Fluchtversuch zu starten kommt mir zwar in den Sinn, aber wäre eine dumme Idee. Er würde mich mit Leichtigkeit kriegen. "Wie hast du geschlafen?"

"Gar nicht"

Sein Kopf dreht sich zu mir. Sein ausdrucksloses Gesicht beobachtet meine Mimik, meine Haltung, und verzieht sich dann in einen spöttischen Blick.
Er atmet laut die stickige Luft des Zimmers aus, öffnet mit einer flinken Bewegung das Fenster. Ein Windzug saust mir über die warme Haut. Frische Luft tut gut.

"Iss, bevor das Rührei auf dem Tablett kalt wird.", sagt er knapp. Seine Beine bewegen sich nicht mehr ganz so verschlafen zur Tür zurück.

Bevor er verschwinden kann, löst sich der Knoten in meinem Hals: "Du hast gesagt, wenn ich dir einen guten Grund nenne, dann lässt du mich gehen. Ich hab dir einen guten Grund genannt."; er dreht sich zurück zu mir. Den Ausdruck unverändert. "Wieso behältst du mich dann hier und sperrst mich ein?"

"Dein Grund war mir nicht genug. Und gut war er nur teilweise."

"Was meinst du?"

"Dass du eine Kämpferin bist hab ich schon gewusst, als ich dich das erste mal gesehen hab. Du strahlst diese Natur aus. Dass du für deinen Bruder und deine Familie da bist, hab ich gemerkt, als ich dir und ihm begegnet bin. Er hat sich hinter dir versteckt, als seist du nicht seine Schwester sondern seine Mutter.", seine Stimme hat einen angenehm weichen Ton, der dennoch so bestimmt klingt wie immer. "Das mag ein guter Grund sein, um in einem Kampf um etwas anzutreten oder eine Argumentation zu gewinnen, aber nicht um mein vollstes Vertrauen zu bekommen."

Er schließt die Tür hinter sich, jedoch steht er noch immer im Zimmer. Er gesellt sich zu mir, kommt auf mich zu. Seine Schritte sind langsam. Seine Augen ruhig.

"Du hattest einen Teil davon, doch hast diesen Teil des Vertrauens in dich ruiniert, als du gesagt hast, dass du uns vielleicht verraten solltest. In dieser Organisation, dieser Familie, die wir sind, ist Verrat ein Grund zum Ausstoß. Du bist zwar kein Teil dieser Welt, aber du weißt von ihr, und das macht dich zu einem Problem. Dich unwissend und irritiert gehen zu lassen, würde dich aber zu einem noch größeren Problem machen."

"Und wenn ich schwöre, dass ich es keinem verrate?"

"Müsste ich dich trotzdem rund um die Uhr bewachen. Dazu hab ich wenig Lust und auch keine Zeit."

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