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Wir sitzen noch eine Weile so da. Ich auf seinem Schoß und er mit seinen Armen um mich, denn das scheint uns beiden zu gefallen. Ich erzähle ihm eine Menge über mein Leben. Mehr, als ich anfangs gewollt hatte, und er erzählt mir auch noch ein bisschen was von seiner Schwester Sophia.
Er erzählt, wie gern sie Bücher mochte und in ihrem Zimmer keinen Platz mehr in den Regalen für neue hatte, sodass sie ihre neuen Bücher in seinem Zimmer unterbrachte. Ich erfahre ihre Lieblingseissorte: Zitrone. Sie aß anscheinend immer Zitroneneis. Die Zitrone erinnert mich an die gelben Tulpen, die ich meiner Mom auf ihr Grab stellte. Sophia scheint eine Person gewesen zu sein, die sich nicht viel sagen ließ, aber durchaus gut war. Sie schrieb gute Noten und belegte eine Menge AGs, doch sie hatte anscheinend immer ihre eigene Meinung zu gewissen Dingen und sie sagte sie auch. T erzählt mir das so mit Stolz, dass seine Augen glühen vor Aufregung. Ich fahre mit meinen Fingern den Verlauf seiner Tattoos nach, während er erzählt, wie Sophia ihn an seinem 10. Geburtstag überraschte, indem sie ihm einen Schlüssel schenkte. Es stellte sich heraus, dass sie mit ihrem Vater eine Ewigkeit an einem Baumhaus im nahen Wald gebaut hatte. Der Schlüssel war bloß der Vorwand, um T das Baumhaus zu zeigen, das für Sophia und ihn war. Er sagt, er habe Baumhäuser als Kind geliebt und er liebte sie dafür, dass sie ihm eines sozusagen zum Geburtstag schenkte. Ich versuche mir das Abbild von ihm zu merken, als er breit lächelnd von dem Mal erzählt, als Sophia ihm ewig Zitate aus ihren Lieblingsbüchern auftischte, denn das liebte sie anscheinend. Sie liebte Zitate.

"Ständig hat sie für irgendeine Situation irgendein bescheuertes Zitat gefunden.", lacht er. Ich grinse. " Ich hab ihr ständig gesagt, sie würde damit nerven, obwohl ich es mochte."

Je mehr er mir erzählt, desto mehr finde ich gefallen an ihm. Seine Worte setzen die fehlenden Puzzleteile in sein rätselhaftes Verhalten. Er ist so verschlossen, da er jemanden verloren hat und das noch immer an ihm kaut. Sein Schmerz ist wie ein Kaugummi, der sich bis in die Gegenwart zieht und nicht einfach loszuwerden ist. Ich hätte niemals gedacht, dass wir uns in einem wunden Punkt so ähnlich sind.

Ein Klopfen an der Tür lässt mich hellhörig werden und schnell von seinem Schoß rutschen. Seine Hände gleiten von meinem Körper und fallen ihm kalt auf seine Beine. Er hält sie still, doch ich hätte sie gerne wieder auf mir. Ich würde gerne erneut ihre Wärme spüren.

"Was ist?", ruft er. Marley steckt seinen Kopf in das Zimmer und sieht mich verdutzt an. Er hat keinen Schimmer, wieso ich hier bin, aber scheint zu begreifen, dass er gestört hat.

"Ich will los, um Amani's Möbel zu holen.", erklärt er sich, sieht zwischen uns umher.

"Und?", knurrt T. Ihm scheint es gegen den Strich zu gehen, dass Marley überhaupt geklopft hat.

"Ich brauche die Wohnungsschlüssel. Ardy fährt auch mit." Er sieht bedeutungsvoll zu mir.

"Sicher", will ich aufspringen, doch T drückt mich mit seinem Arm zurück aufs Bett. "Aber-"

"Wieso fährt Ardy auch mit?"

"Ich kann die Sachen ja wohl schlecht alleine schleppen, oder? Du Genie, darauf hättest du auch von allein kommen können. Amani sollte auch mitkommen, immerhin sind es ihre Möbel für die wir uns den Hintern abrackern, und wir wissen beide nicht, wo die Wohnung ist."

"Er hat recht.", wende ich ein, was T nicht zu schmecken scheint. Er runzelt die Stirn und stöhnt leise auf.

"Gut", steht der Blondschopf dann auf und streicht seine Kleidung kurz glatt, zieht mich danach vom Bett und auf die Beine. "Dann wird das ein Familienausflug."

"Echt jetzt?" Meine Stimme klingt erfreuter als ich dachte. T sieht zu mir runter als würde er auf einen kleinen Schoßhund blicken. Er nickt.

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