Meine Augen brennen, ich werde wach. Mein Hals kratzt, als hätte ich mir die Seele aus dem Leib geschrien. Vielleicht hab ich das ja auch. Ich kann mich nicht erinnern.
Ich liege in irgendeinem Zimmer, weiße Wände um mich herum. Mir gegenüber hängt ein Spiegel an der Wand, neben mir ein alter Holztisch mit einer kleinen Lampe darauf. Die Jalousien in dem Zimmer sind runtergelassen. Nur wenig Licht kommt durch einige Ecken in den Raum, taucht das alles in ein viel zu sanftes Licht.
Ich versuche mich aufzusetzen.
Etwas hindert mich daran.
Ein festes Seil ist um meine nackten Füße gewickelt, genau wie um meine Handgelenke.
Mein Kopf pocht.
Wo zur Hölle bin ich?"Hilfe!", schreie ich, aber meine Stimme ist nur ein Kratzen, das viel zu schnell abbricht. Und dann versagt sie kläglich und komplett.
Durch das offene Fenster kehrt ein Windzug in den Raum und saust über meine entblößte Haut. Ich trage nichts als meine Unterwäsche und ein altes, langes T-Shirt, das ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Irgendwas an meinem Arm zwickt unangenehm. Da ist eine Einstichstelle an der Armbeuge, dunkelblau, grün und rot gefärbt. Erinnerungen kehren nur langsam zurück in meinen Verstand. Ich fühle mich wie eine Seelenlose. Als hätte man meinen Kopf ausgetauscht. Als hätte man mich ausgetauscht.
Müdigkeit fließt zurück in meinen Körper, macht meine Augen schwer und meinen wachen Zustand noch schwerer. Ich gähne.
Das ist das letzte, was ich mache, bevor ich meine Augen wieder schließen muss, da ich anders nicht kann.÷ ÷ ÷ ÷
Wieder öffne ich meine Augen. Geräusche umgeben mich wie eine laute Parade. Sie sind wie hereinfallender Donner.
"Die Kleine ist wach."
"Mmmmm", grummel ich müde. Meine Sicht ist erst verschwommen, dann wird sie klarer. Ich bin noch immer in dem Zimmer. Noch immer ist hier kaum Licht, aber meine Augen haben sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt.
Zach und Jerome stehen wie zwei Bodyguards angelehnt an eine Wand, rechts von mir. In Zach's Mundwinkel hängt ein Zahnstocher, weshalb auch immer, und Jerome's Augen sind düsterer denn je. Ich will mich auf die Seite drehen, aber Fesseln hindern mich daran. Ich rüttle an ihnen. Keine Chance.
"Du kannst nicht abhauen.", sagt Jerome. Er stößt sich von der Wand ab, nur um näher zu mir zu kommen. Mit jedem Schritt den er macht will ich zurückweichen. Ich kann nicht zurückweichen. "Und du wirst auch nicht abhauen können. Die Leute werden eine Menge Geld für jemanden wie dich bezahlen."
"Ihr wollt mich verkaufen?"
"Nein, wir behalten dich. So, wie wir auch Sophia behalten haben."
"Ihr seid krank."
Zach taucht ebenfalls neben dem Bett auf. Er hat seine Haare blondiert. Ich weiß nicht, wann er das getan hat, aber er hat seine Haare blondiert und trägt blaue Kontaktlinsen. Das Blau seiner Augen ist beinahe unnatürlich. Das Muttermal unter seinem Auge verrät ihn allerdings. Den Bart hat er abrasiert, doch er wächst bereits in Stoppeln nach.
Meister der Verwandlung."Sophia ist weg.", sagt er wehleidig. Als würde ihm das wirklich zu schaffen machen. "Ich brauche ein neues Spielzeug."
"Ich bin nicht dein verfluchtes Spielzeug."
"Ab heute schon"
"Hurensohn", fliegt aus meinem Mund. Anstatt über meine Worte geschockt zu sein, bleibe ich still.
"Wie hast du mich eben genannt?"
Zach lehnt mit seinem Gesicht über mir. Er ist mir so nahe, dass ich die Zigaretten riechen kann, die er geraucht hat. Ich rieche auch die Alkoholfahne und sein Aftershave. Doch anstatt ihm einen Gefallen zu tun oder meine Worte zu wiederholen, spucke ich ihm ins Gesicht.
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AWAKE
FanfictionDas Leben kann einen Menschen in die Knie zwingen - das musste Amani schnell feststellen. Mit ihren zwei Jobs versucht sie seit Jahren den Rest ihrer Familie über Wasser zu halten. Freizeit ist für sie eine Seltenheit und ihren Vater noch nüchtern z...