T.
"Ist das dein Ernst?", schreit sie mich an. Ihre wütenden Augen lodern beinahe wie eine Flamme. Sie reißt mir die Flasche Alkohol aus der Hand. "Du trinkst mit meinem Dad?"
"Ich trinke nicht-"
"Doch, du trinkst!"
"-mit deinem Dad."
Sie liegt falsch. Ich trinke, aber ihr Dad trinkt nicht. Ihre Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen, was durchaus lustig aussieht, und ich muss fast lachen als sie ihren Mund zu einer Schmolllippe verformt, ohne das zu merken.
Ich will nach der Flasche in ihren Händen greifen, aber sie ist schneller. Sie läuft in die Küche und kippt die Flüssigkeit den Abfluss runter. Wild dreht sie sich zu mir um."Wieso?", fragt sie mich. Sie ist schwanger, wütend, wahrscheinlich hungrig, weil sie bis spät abends an ihren neuen Ideen für Geschichten gearbeitet hat, und ihr Dad sagt kein einziges Wort. "Willst du mich verletzen?"
"Ob ich dich verletzen will?", lache ich beinahe und schüttle empört den Kopf. Wir werden von ihrem Bruder, der in seinem Glas Cola hat, und ihrem Vater, der in seinem Glas verdammtes Wasser hat, beäugt. "Am, du übertrei-"
"Sag mir nicht, dass ich übertreibe. Ich übertreibe nicht.", giftet sie mich an, geht zu ihrem Vater rüber und greift nach seinem Glas, um es auch mit dem Abfluss bekannt zu machen.
Sie dreht durch.
Sie dreht jetzt offiziell durch, das schwöre ich."Schatz, das ist Wasser!", rufe ich ihr nach. Meine Wangen sind warm und mein Körper hat innerhalb von Sekunden gefühlt den gesamten Alkohol, was nicht viel war, abgebaut.
Sie hält inne.
Ihre Augen sehen in meine, in die ihres Vaters, der mit offenem Mund von dem Sofa aufgestanden ist, und zu ihrem Bruder."Ami, das ist Wasser.", sagt Austin ebenfalls. Er sieht sie mit seinem Baby-Face, das durch die Pubertät wandert, an. Er hat schon erste Bartstoppeln im Gesicht und will ständig, dass ich ihm das Rasieren beibringe. "Er trinkt nicht."
Meine Frau lässt das Glas sinken, stellt es auf die Arbeitsplatte der Küche ab und atmet tief durch. Sie stützt sich auf ihren Ellenbogen an, beugt ihren Rücken und richtet ihren Blick nach unten. Ich höre ihre tiefen Atemzüge.
Ein Glück, dass unsere Tochter oben schläft und von dem Drama hier unten nicht viel mitbekommt."Es...Ich...", stammelt sie.
"Ist schon gut.", sagt ihr Vater. Er geht zu ihr rüber und legt ihr die eigenen Arme um, sodass sie sich geborgener fühlt. Ich sehe zu Austin, der mich halbherzig ansieht und dann einen Schluck Cola trinkt.
"Tut mir leid."
"Ist in Ordnung.", sagt ihr Dad.
"Aber dass du in seiner Anwesenheit trinkst-", will sie mich wieder angreifen, doch ihr Vater beruhigt sie weiterhin. Ich hab ihren Angriff ja sogar verdient. Ich wollte in seiner Anwesenheit nicht trinken. Ich sollte es auch nicht.
Es war ein Schluck, oder zwei, bis sie auftauchte."Es ist ein Samstag Abend, er ist ein erwachsener Mann, er kommt gerade von der Arbeit, ich bin trocken...alles in Ordnung, Anni."
Sie sieht mich mit dem Blick an, der mich einfrieren lassen könnte, wenn er Kräfte hätte.
Und ich nehme mir vor, später alles wieder gut zu machen."Du reagierst über.", sagt ihr Bruder.
"Tut sie nicht.", sage ich.
"Nein, tut sie nicht.", sagt ihr Dad.
Und wir alle sehen zu der Frau, die wir auf unterschiedliche Weise lieben.
× × ×
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AWAKE
FanfictionDas Leben kann einen Menschen in die Knie zwingen - das musste Amani schnell feststellen. Mit ihren zwei Jobs versucht sie seit Jahren den Rest ihrer Familie über Wasser zu halten. Freizeit ist für sie eine Seltenheit und ihren Vater noch nüchtern z...