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Die hellen Sonnenstrahlen, die durch die Rollläden in mein Zimmer schienen, blendeten meine empfindlichen Augen

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Die hellen Sonnenstrahlen, die durch die Rollläden in mein Zimmer schienen, blendeten meine empfindlichen Augen.
Ich gähnte.
Wir hatten es schon fast zehn Uhr, aber ich lag immer noch im Bett. Immerhin waren endlich Ferien, und die letzten zwei Woche war mehr als anstrengend gewesen. Der Streit mit Will am letzten Mittwoch, der Chemietest, den ich höchstwahrscheinlich vermasselt hatte, das Referat am Donnerstag und die mündliche Prüfung von gestern.
Dafür konnte ich heute entspannen. Ich klappte mein Macbook auf und suchte auf Netflix nach „romantische Komödie"
Heute war einfach einer dieser Tage, die man am liebsten im Bett verbrachte. Natürlich hatte ich noch jede Menge Hausaufgaben zu erledigen, aber die verschob ich kurzerhand auf morgen oder übermorgen.
Der Film lief erst ein paar Minuten als es an meiner Zimmertür klopfte. Irritiert richtete ich mich auf und öffnete. Vor meinem Zimmer stand Noah, in einer Jogginghose und einem weißen Shirt. Obwohl er vermutlich gerade erst aufgestanden war sah er verdammt gut aus. In den letzten zwei Wochen war ich ihm so gut wie möglich aus dem Weg gegangen, aber jetzt stand er in meinem Türrahmen und am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen
„Ja?", ich versuchte mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen.
„Könne wir reden?", es beruhigte mich zu sehen, dass er genauso aufgeregt war wie ich.
„Klar", ich hielt ihm die Tür auf und bat ihn reinzukommen. Lächelnd zog er die Tür hinter sich zu und nahm neben mir auf meinem Bett Platz. „Willst du mit mir ausgehen?", platzte er hinaus.
„Ich weiß nicht...", stammelte ich unsicher.
Ehrlich gesagt, gab es nicht das ich mir mehr wünschte. Aber ich durfte ihm nicht einfach so vergeben.
„Du hast gesagt du gibst mir eine zweite Chance", grinste er schief. Ich versuchte ein Lächelnd zu unterdrücken: „Das war nicht fair. Du hast mich dazu gezwungen!"
„Mhhh. Jaaa, verdammt jaa kriegst du", äffte er mich nach, wofür er einen empörten Gesichtsausdruck und einen Schlag gegen den Arm kassierte.
„Also?"
Ich grinste: „Na gut. Wenn du dann aufhörst dich über mich lustig zu machen". Ich musste kichern. Vielleicht, wenn jetzt alles gut ginge, könnte das zwischen uns ja wirklich klappen.
„Ich mache mich gar nicht über dich lustig. Ich fand es in diesem Moment höchst erotisch!", ich schlug ihm erneut gegen den Arm und verdeckte mein rotes Gesicht mit meinen Händen „Halt die Klappe"
Er sperrte seinen Mund mit einem imaginären Schlüssel ab und warf ihn weit hinter sich.
Bevor ich etwas erwidern konnte, schwang plötzlich meine Zimmertür auf.
„Wir müssen ins Krankenhaus. Es geht um Matthew. Er hatte einen Autounfall"
Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus.
„Was?", schrie ich ungläubig und mit zittriger Stimme. Mein Vater hatte sein Handy immer noch in der Hand und eilte gleich darauf wieder aus dem Zimmer um jemanden anzurufen.
Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Auch wenn ich und mein Bruder in letzter Zeit einige Differenzen hatten, machte ich mir Sorgen um ihn.
Was wenn ihm etwas wirklich schlimmes passiert war? Was wenn er nicht mehr aufwachte? Nie wieder.
Dann wäre unsere letzte Begegnung unser Abschied gewesen. Wir wären im Streit auseinander gegangen. Ich könnte ihn nie wieder erleben, meinen beschützerischen großen Bruder.
Nie wieder mit ihm bis spät in die Nacht Serien gucken. Nie wieder sein Gemecker anhören. Nie wieder mit ihm streiten.
Nein, das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein!
Ich merkte erst, dass ich weinte, als Noah mir ein Taschentuch hin hielt.
Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir hier schon saßen, aber draußen war es schon dunkel, und der lange Gang des Krankenhauses war grell beleuchtet.
Immer wieder flitzten Schwestern und Pfleger an uns vorbei, aber niemand konnte uns Auskunft über Matt geben.
Es war absurd, aber ich fing an ihn zu vermissen. Und das, obwohl wir eigentlich schon länger nicht mehr wirklich gesprochen hatten. Aber ich war einfach zu eigensüchtig, um es zu sehen. Ich dachte immer nur an mich.
Ich war am Boden zerstört, aber keine einzige Träne verließ mein Augen. Ich war ausgetrocknet, meine Hände zitterten, mein Hals schmerzte.
Kurz überlegte ich, Noah die Hand zu geben, aber vor meinen Eltern wollte ich es nicht so offen zeigen. Außerdem wusste ich nicht, ob er das überhaupt wollte.
„Hallo?", ich spürte eine Hand an meiner Schulter.
„Hm", fuhr ich hoch.
„Willst du was trinken?", flüsterte Noah sanft und hielt mir eine Wasserflasche hin. Ich schüttelte den Kopf.
„Du hast seit Stunden nichts getrunken oder gegessen", meinte er so leise, dass nur ich es hören konnte.
„Stunden?"
„Es ist gleich zwanzig Uhr"
Ich legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Die letzten Stunden zogen sich wie ein Kaugummi, aber jetzt kam es mir so vor, als wäre ich noch nicht lange hier. Seit höchstens einer Stunden vielleicht.
Ich öffnete meine Augen wieder und schaute durch den Wartebereich.
Alle schliefen, oder taten zumindest so, nur Noah und ich waren noch wach.
Ich wollte gar nicht wissen wie schrecklich ich gerade aussah, aber ihm schien es egal zu sein. Er legte mir vorsichtig eine Hand auf die Schulter uns schaute mich die ganze Zeit an.
„Danke", nuschelte ich so leise, dass ich dachte er hätte es gar nicht gehört, aber er lächelte leicht.
„Wenn wie hier alleine wären, würde ich dich jetzt küssen", flüsterte er leise und strich mit einer Hand durch meine wirren Haare. Mein Herz machte einen kurzen Aussetzer, bevor es im nächsten Moment zehn mal so schnell weiter schlug.
Für einen kurzen Moment vergaß ich alles. Das ich hier in der Notaufnahme saß. Das Matt einen Autounfall hatte. Das Noah sein bester Freund war.
Doch das war er für mich eigentlich schon lange nicht mehr.
Noah gehörte auf eine komische Art und Weise zu meinem Leben.
Aber könnte ich ihn lieben, wenn Matt sterben würde? Ich hatte Matt wochenlang mit Noah hintergangen.
Ich tat es sogar in genau diesem Moment.
Während Matt da drinnen lag und um sein Leben kämpfte, kuschelte ich hier mit seinem besten Freund.
Plötzlich fühlte ich mich dreckig.
Was machte ich hier? Verdammt nochmal!
Ich rutschte etwas von Noah weg, und tat so als, würde ich seine verwirrten und enttäuschten Blicke nicht sehen.
Vermutlich war ich für ihn doch nicht mehr als sein Spielzeug.
Plötzlich hörte ich laute Schritte.
„Sind Sie die Angehörigen von Matthew Louis Blake?"
Ich sprang eilig auf: „Ja! Ich bin seine Schwester. Mum, Dad wacht auf!"
Noah und ich folgten ihr, meine Eltern taten es uns gleich.
Vor einer grauen, schweren Tür blieben wir endlich stehen und klopften.
Am liebsten wäre ich sofort auf das Krankenbett zugelaufen, aber mich überkam ein Würgereiz.
Ohne darüber nachzudenken griff ich nach Noahs Hand, doch er zog sie nicht weg, sondern verflocht unsere Hände miteinander.
Mein Bauch kribbelte und mein Herz begann ein kleines bisschen schneller zu schlagen, doch dann fiel mein Blick auf meinen Bruder.
Überall waren Kabel und Schläuche, und eine Maschine gab laute Töne von sich.
Laute, quietschenden Töne
Meine Sicht vernebelte, alles was zu mir durchdrang war das piepen.
Es war, als würden mein und das Herz meines Bruder im selben Rhythmus schlagen. Als wären wir uns noch nie so nah gewesen, wie in diesem Moment.
Ich hörte nicht, was der Arzt sagte. Ich hörte nicht was meine Eltern sagten.
Ich hörte nicht, dass Noah mich anschrie und an der Schulter packte.
Es fühlte sich an, als würde mein Körper in ein unendliches schwarzes Loch gesogen werden.
Alles was ich hörte, war das Geräusch des Herzschlags meines Bruders.
Und dann plötzlich wurde mir endgültig schwarz vor Augen und alles was ich noch mitbekam war der grelle Ton.
Piep. Piep. Piep.

 Piep

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