13. Nachtaktiv

4.7K 225 18
                                    


Nachts lag ich hellwach in meinem Bett und konnte einfach nicht schlafen. Aurelia hatte Nachtschicht und somit war ich allein im Zimmer. Irgendwann stand ich seufzend auf und zog mir mein dunkelgrünes Morgengewand über mein weißes Schlafhemd. Auf nackten Füßen verließ ich das Zimmer und huschte leise durch die Gänge. Immer wenn ich nicht schlafen konnte, ging ich gerne an die frische Luft. Die kühle Brise sorgte dafür, dass mein Kopf frei wurde und ich müder. Cyrians Wunsch schwirrte mir immernoch im Kopf herum und auch ein gewisser Elb wollte einfach nicht aus meinen Gedanken verschwinden. Seufzend zog ich das Gewand enger um meinen Körper und strich gedankenverloren durch die Gänge. In den letzten Tagen war mehr passiert, als in den letzten drei Jahren. Und in sieben Tagen durfte ich die Sommerspiele eröffnen. Ich! Für jeden Elben war dies eine besondere Ehre und dieses Mal durfte ich diese Ehre erfüllen. Siedendheiß fiel mir ein, dass der Sternenball auch noch bevor stand und das unmittelbar nach den Spielen. Mit wem sollte ich bloß hingehen? Cyrian würde auf jeden Fall sofort zur Stelle sein...den Kopf über meine Gedanken schüttelnd hob ich den Blick und stockte in meiner Bewegung. Irritiert musterte ich die Tür vor mir. Mit heißen Wangen rieb ich mir die Stirn und drehte mich auf dem Absatz um, nur um plötzlich Legolas gegenüber zu stehen. Ich schnappte überrascht nach Luft und mein Gesicht wurde, wenn überhaupt möglich, noch röter. "Rénee, was machst du denn hier?" fragte mich der blonde Elb verwirrt die Stirn runzelnd. Seine Lippen verzogen sich jedoch gleich darauf zu einem schelmischen, breiten Grinsen. "Hattest du etwa Sehnsucht nach mir?" setzte er noch hinterher und ich vergrub meine Wangen in meinen Händen, dessen Handinnenflächen beinahe eine kühlende Wirkung besaßen. "Ich, ehm" erwiderte ich nur stockend. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, da ich selbst nicht wusste, warum mich meine Füße zu Legolas Gemach geführt hatten. War ich so tief in meinen Gedanken versunken gewesen, dass ich nicht mal die Treppenstufen bemerkt hatte? Legolas kam mit einem warmen Lächeln auf mich zu und nahm meine Hände von meinen heißen Wangen. "Versteck es nicht, ich mag es, wenn du rot wirst" sagte er mit gedämpfter Stimme und ich schluckte kaum merklich. Wenn Legolas wüsste, wie anziehend er gerade auf mich wirkte. "Ich konnte nicht schlafen und wollte mir die Füße vertreten, aber irgendwie bin ich dann hier gelandet" schaffte ich dann doch noch zu antworten und blickte hoch in seine Augen. Er musterte mich kurz, ehe er zu seiner Tür ging, sie öffnete und mich dann erwartungsvoll ansah. "Ich konnte auch nicht schlafen. Also wenn du möchtest können wir gerne noch etwas Zeit zusammen verbringen" schlug er vor und ich lauschte seiner lieblichen Stimme. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus, als ich mit einem Lächeln nickte und dicht an Legolas vorbei ins Zimmer trat. Sein Duft wehte mir in die Nase. An Schlaf war für mich nun endgültig nicht mehr zu denken.
"Warum kannst du nicht schlafen?" fragte mich Legolas, als ich mich auf das Sitzkissen auf der Truhe vor dem Bett gesetzt hatte. Er selbst lehnte an seiner Kommode und sah mich mit seinen blauen Augen neugierig an. Ich biss mir auf die Lippe und überlegte. Sollte ich ihm von Cyrian erzählen?

Legolas

Ich beobachtete aufmerksam, wie sie sich auf die Unterlippe biss. Das tat sie immer, wenn sie innerlich mit sich rang. Diese Eigenschaft hatte ich schon früh an ihr feststellen können. Mich machte ihre Reaktion umso neugieriger, da es wohl kaum ein banaler Grund sein konnte. "Ich habe mich nach dem Abendessen mit Cyrian getroffen" fing sie an und mir war, als würde sich auf einmal ein dicker Kloß in meinem Hals bilden. Unwillkürlich verzog ich das Gesicht. Cyrian. War das nicht dieser Elb, der etwas von ihr wollte? Ich versuchte mich zu beruhigen und den Kloß loszuwerden. Ich rief mir ihre Worte am Stall zurück in mein Gedächtnis. Dort hatte sie ausdrücklich gesagt, dass sie kein Interesse an Cyrian hatte. "Er hatte mich nach einer Art Nachhilfestunde im Bogenschießen gebeten und ich habe eingewilligt" fuhr Rénee unbeirrt fort und sah nun hinunter auf ihre Finger, welche in ihrem Schoß lagen. "Während des Trainings haben wir geredet und er gestand mir, dass er mich auch gefragt hatte, um mit mir alleine zu sein" bei ihren Worten ballte sich unbewusst meine Hand zu einer Faust und ich verzog erneut das Gesicht. "Naja, er hat aber auch direkt gesagt, das er weiß, dass ich ihn nur als einen Freund sehe. Aber dann wünschte er sich plötzlich einen Kuss von mir" erzählte Rénee weiter und nun war es um meine Beherrschung geschehen. Ich stoß mich von der Kommode ab und tigerte im Raum umher. "Bitte sag mir nicht, dass du ihm einen Kuss geschenkt hast" entkam es meinen Lippen und Rénee sah zum ersten Mal wieder auf. Schalk blitzte in ihren Augen auf, doch da war noch etwas anderes. Etwas feuriges, herausforderndes. Sie reckte das Kinn in die Höhe und sah mich mit einem frechen Grinsen an. "Was wäre wenn?" fragte sie und ich hielt in meiner Bewegung inne. Perplex musterte ich sie, ehe sich ebenfalls ein Grinsen auf meine Lippen schlich und ich mit einem Satz bei ihr war und sie durchkitzelte. Ihr helles Lachen ertönte und mein Herz begann unter meinem Brustkorb schneller zu schlagen. "Legolas! Hör auf!" rief sie laut, wandte sich aus meinem Griff und rannte davon. Mit einem Lachen folgte ich ihr und wich einem Kissen aus, welches geradewegs auf mich zu flog. Rénee stand kichernd neben meinem Bett und griff nach dem nächsten Kissen.
Es artete zu einer kleinen Schlacht aus. Wie laut wir lachten und herumtollten fiel mir erst auf, als es plötzlich an meiner Tür klopfte. Sofort hielt auch Rénee inne und warf mir einen entsetzten Blick zu. "Versteck dich im Kleiderschrank" flüsterte ich eindringlich, mein Brustkorb hob und senkte sich immernoch etwas schneller. Die Elbin nickte und verschwand leise hinter der Tür zu meinem anderen Zimmer. Ich schmiss währenddessen die verräterischen Kissen wieder zurück auf mein Bett und lief dann zur Tür.

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt