Ich rümpfte die Nase, als Rhegar mich noch dichter an sich zog. Seine letzten Worte hingen in der Luft, keiner sagte etwas darauf. Die Schlinge nicht mehr um meinen Hals zu spüren, tat unglaublich gut. Dafür lag Rhegars Arm fest um meine Hüfte geschlungen und seine Finger bohrten sich in den Stoff meiner Kleidung. Ich wagte kaum zu atmen, da er den Dolch immernoch an meinen Hals hielt, auch wenn seine Anspannung etwas nachgelassen hatte. Ich sah in die Gesichter von Aragorn und Legolas, selbst Levin konnte ich etwas weitere links stehen sehen. Aragorn wirkte ruhig, während Legolas Rhegar und das Messer an meinem Hals verbissen anstarrte. Ich schluckte, als Legolas Blick auf einmal wieder auf mir lag. In seinen Augen konnte ich Schmerz erkennen, Angst und unglaubliche Wut. Wie gerne würde ich jetzt zu ihm rennen und mich in seine Arme schmeißen. Seine Nähe genießen, seinen Duft einatmen, seine Lippen spüren. "Ich glaube nicht, dass wir uns einig werden können, Rhegar" ertönte wieder die Stimme von Aragorn und sofort schoss Legolas Blick zu seinem Freund. Angst spiegelte sich in seinen Augen. Selbst ich riss die Augen auf und starrte Aragorn an. Mir war bewusst, dass wenn Aragorn den Handel zustimmen würde, die Ostlinge ungeschoren davon kommen und wahrscheinlich weiter Unheil anrichten würden. Doch andererseits wollte ich endlich wieder frei sein, mich von diesem ekelhaft schmierigen Mann neben mir entfernen und in Thranduils Reich zurückkehren. Zusammen mit Legolas. Rhegar lachte und zog meinen Kopf an meinen Haaren in den Nacken. Ich begann zu zittern, als ich die kühle Klinge des Dolches wieder stärker an meinem Hals spürte. Es war still und ich konnte die Angespanntheit von Seiten der Armee Gondors förmlich spüren.
Plötzlich zerriss jedoch ein Surren die Stille. Mein Blickfeld war beschränkt, doch als Rhegar mit einem erstickten Keuchen den Griff in meine Haare lockerte und der Dolch von meinem Hals verschwand, verstand ich, was geschehen war. Aragorn brüllte irgendwas und setzte sich in Bewegung, seine Armee folgte ihm. Legolas stürzte auf mich zu, packte mich und zog mich weg von dem nun entstandenem Schlachtfeld. Schwerter klirrten aufeinander, Gebrüll und Schreie zerrissen die Luft. Ich warf einen Blick zurück auf die Stelle, wo ich eben noch gestanden hatte. Rhegar lag dort auf dem Boden, ein Pfeil steckte in seiner Brust. Seine Männer wurden gerade halb von Gondors Armee überrannt, doch ich bekam davon nicht mehr viel mit, denn wir entfernten uns immer weiter von der Schlacht. Legolas trug mich auf seinen Armen auf das Tor von Minas Tirith zu. Erst als wir hinter den Toren verschwunden waren und uns im Schutze der Festung befanden, ließ er mich hinunter. "Sie braucht einen Heiler!" brüllte Legolas lautstark und entfernte das Tuch aus meinem Mund. Ich zog die frische Luft gierig in meine Lungen und war froh, endlich wieder frei zu sein. Die Menschen um uns herum bildeten eine neugierige Traube. Eine Wache lief hektisch los. "Legolas, mir geht es gut" sagte ich leise, meine Stimme brach am Ende und ging in ein Krächzen über. Besorgt sah der blonde Elb auf mich hinunter und löste dann meine Fesseln an den Händen. "Bleib bitte hinter diesen Mauern in Sicherheit. Ein Heiler wird sich um dich kümmern. Ich werde gleich zu dir zurück kommen, das verspreche ich dir" mit diesen Worten löste Legolas sich von mir. Vollkommen überfordert mit meinen Gefühlen, streckte ich meine Hände nach ihm aus, doch er drehte sich nicht mehr um und verschwand wieder durch die Tore hinaus auf das Schlachtfeld. Ich spürte Angst, doch da waren auch noch andere Gefühle in mir. Ich wusste sie im Moment nur nicht recht einzuordnen. Plötzlich kniete sich jemand vor mich und ich fixierte die in die Jahre gekommene Frau, welche ein weißes Kopftuch trug und mich freundlich anlächelte. "Ich bin die Heilerin. Ich werde mich um eure Verletzungen kümmern Liebes" sagte sie sanft und ich nickte. Sie half mir auf und ich ließ mich widerstandslos eine Ebene hinauf führen und zu einem etwas größeren Haus, welches wir schließlich betraten. In dem Haus selbst gab es mehrere Räume und andere Heiler kamen uns auf unserem Weg entgegen. Als wir an einer Tür vorbei gingen, welche offen stand, konnte ich mir einen Blick hinein zu werfen nicht verkneifen. Dort lagen zwei alte Menschen. Eine Frau und ein Mann. Beide wirkten zerbrechlich und am Ende ihrer Kräfte, doch sie hielten sich liebevoll an den Händen. Ein Lächeln huschte mir über die Lippen, trotz dem dicken Kloß in meinem Hals und dem unangenehmen Pochen meiner linken Gesichtshälfte. "Setzt euch ruhig schon mal hin, ich muss nur noch ein paar Sachen zusammen suchen" sagte die Heilerin, als wir einen freien Raum betraten. Ich ließ mich wie von ihr befohlen auf das Bett, welches an der Wand stand, fallen und senkte meinen Blick auf meine Hände. "Wisst ihr, wer den Pfeil abgeschossen hat?" fragte ich dann neugierig, doch die Heilerin schüttelte nur entschuldigend den Kopf. "Ich habe nur von der Mauer aus gesehen, wie ihr als Geisel gehalten wurdet. Als die Schlacht ausbrach, bin ich hier hin zurück, bis mich eine Wache geholt hat wegen euch" erklärte die Frau und ich nickte verstehend. Sie kam auf mich zu, stellte einen Wassertopf neben mich und begann damit, mir sachte über die geschwollene Wange zu tupfen. Das Wasser kühlte meine erhitzte Haut und ich schloss erschöpft die Augen. "Eigentlich hätte ich bei der Schlacht draußen vor den Toren mit kämpfen sollen" entkam es irgendwann frustriert meinen Lippen. Ich öffnete wieder die Augen, als sich das nasse Tuch von meinem Gesicht entfernte. Die Heilerin sah mich ernst und gleichzeitig mitfühlend an. "Vielleicht habt ihr euch den Tag anders vorgestellt, aber das Schicksal nimmt seinen eigenen Lauf" sagte sie dann und nahm eine Salbe zur Hand. Sie tat etwas von der Salbe auf ein neues Tuch und verteilte diese damit auf meiner linken Wange. "Ihr werdet ein hübsches Veilchen unter eurem Auge bekommen. Man hätte die Verletzung sofort kühlen müssen. Ich gebe euch diese Salbe mit, tragt sie morgens und abends auf" ich nickte dankend und nahm die Tube entgegen. "Was ist mit eurem Hals passiert?" fragte mich die Heilerin dann und ihre Augen fuhren entsetzt über die Stelle, wo die Schlinge meine Haut immer wieder zugeschnürt hatte. Wie automatisch hob ich die Hand und berührte meinen Hals. Es brannte und ich zischte erschrocken auf. "Die Ostlinge haben mir eine Schlinge um den Hals gelegt" antwortete ich schließlich rau und die Heilerin nickte nachdenklich. "Schmiert die Salbe auch ruhig auf euren Hals. Ich kann da nicht viel machen, eure Haut ist gerötet und aufgeschürft. Dies muss von selbst heilen" sagte sie dann und ich nickte wieder. Sie reinigte ebenfalls noch schnell die Schürfwunden um meinen Hals und sah sich auf meine Bitte hin auch meine Kopfhaut an, welche ebenfalls zwiebelte. Rhegar hatte einen festen und groben Griff gehabt. Ich dachte daran zurück, wie er röchelnd auf dem Boden gelegen hatte. Ich verspürte Erleichterung und so etwas wie Genugtuung, da er seine gerechte Strafe erhalten hatte. Doch ich konnte mich noch nicht ganz entspannen, da draußen vor den Toren von Minas Tirith immernoch die Schlacht gegen die restlichen Ostlinge tobte und Legolas ebenfalls dort war und kämpfte. "Rénee! Bei den Valar, ich habe mir solche Sorgen gemacht!" ertönte plötzlich die Stimme von Arwen und mein Kopf schoss zur Tür. Die dunkelhaarige Elbin kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu und ich erwiderte ihre innige Umarmung. Die Heilerin lächelte mir noch einmal zu und verließ dann das Zimmer.
DU LIEST GERADE
Rénee | Legolas
FanfictionRénee verbrachte den gesamten Ringkrieg im Düsterwald und wurde dort zu einer Grenz-und Palastwache ausgebildet. Sie steht unter Thranduils Obhut und konnte sich als eine seiner besten Wachen beweisen. Doch dann kehrt Thranduils Sohn, der Prinz des...