27. Sommerspiele, 4. Disziplin

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Aurelia warf mir den ganzen Morgen schon vielsagende Blicke zu. Ich hatte sie gestern Nacht noch völlig aufgewühlt geweckt und ihr von dem Kuss mit Legolas erzählt. "Ich beneide dich so, mit Taavi läuft es im Moment eher schleppend" seufzte sie schließlich, als wir beim Frühstück saßen. Ich hörte ihr nur mit einem Ohr zu, denn meine volle Aufmerksamkeit lag auf den Elben, die um uns herum im Speisesaal saßen, doch von Legolas und auch von seinen Freunden war keine Spur. Ich wusste nicht, wie ich mich ihm nun gegenüber in der Öffentlichkeit verhalten sollte. "Das wird schon klappen Aurelia, ich sehe doch wie er dich ansieht" wendete ich mich dann schließlich wieder meiner Freundin zu und sie nickte. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen. "Du bist sowas von verliebt" stellte sie dann fest und ich wurde rot. Leugnen konnte ich das seit gestern auf jeden Fall nicht mehr. Legolas hatte mir mein Herz gestohlen und ich hatte es geschehen lassen. Ich seufzte leicht und fasste mir unbewusst an die Lippen. Noch immer spürte ich das Gefühl seiner Lippen auf meinen. Es war zum verrückt werden.
Auf die Spiele konnte ich heute verzichten, sie erschienen mir nicht mehr wichtig. Viel lieber würde ich jetzt gerne allein mit Legolas sein und das Gefühl seiner Lippen auf meinen erneuern.
Ob er gerade auch an mich dachte?
Aurelia neben mir seufzte und erst da fiel mir auf, dass sie bereits neben meinem Stuhl stand, bereit um aufzubrechen. " Himmel, dich hat es richtig erwischt. Das kann lustig werden" sagte sie und ich erhob mich, während ich eine Grimasse schnitt. Zusammen verließen wir mit den anderen Elben die Festung und gingen Richtung Tribüne. Diese füllten sich langsam aber sicher mit immer mehr Zuschauern. Der zweite und letzte Tag der Sommerspiele konnte kommen. Wie gestern ließ ich mich auf meinen Platz fallen und begrüßte Quinn. Heute war es ebenfalls wieder warm, nur die Sonne wurde diesmal von mehreren weißen Wolken bedeckt. Als die Musik einsetze, verspürte ich auch die ansteigenden Nervosität in mir. Legolas hatte ich immernoch nicht entdeckten können und ich nahm mir fest vor, heute als Sieger einer Disziplin hervor zu gehen. "Willkommen zum zweiten und leider auch letzten Tag der Sommerspiele. Ich wünsche heute allen Teilnehmern nochmals viel Glück und auch Spaß bei den letzten beiden Disziplinen. Die Gruppen werden die gleichen wie gestern bleiben und das Verfahren ähnlich ablaufen" als ausgerechnet seine Stimme über den Platz hallte, bekam ich eine leichte Gänsehaut. Mein Blick fiel nach links, wo Legolas neben seinen Vater vor den Tribünen stand und die Begrüßung hielt. Alle Augen waren auf die Beiden gerichtet. "Und dann wollte ich noch ein Danke an unsere Gäste aussprechen, die von Gondor, Lothlòrien und Bruchtal hergereist sind, um sich die Spiele ansehen zu können" sagte er laut und die Menge applaudierte. Ein Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, als Gimli irgend etwas von der Tribüne aus rief. Ich konnte Arwen, Aragorn, Elrond, Elladan, Elrohir, Gandalf, die Hobbits und Gimli ausmachen. Sie standen alle zusammen vorne auf der Tribüne und ich musste lächeln. Legolas hatte gute und wahre Freunde gefunden. Meine Familie hatte mich vor dem Frühstück bereits abgefangen und viel Glück für heute gewünscht. Elladan und Elrohir haben sogar gewettet, bei welcher Disziplin ich besser abschneiden würde.
Als Thranduil schließlich die erste Gruppe nach vorne bat, kam Legolas auf unsere Tribüne zu und ließ sich ebenfalls wieder auf seinen Platz neben Levin ganz unten fallen. Ich versuchte mich auf die erste Gruppe zu konzentrieren, um mir anzusehen, was ich so beachten musste und wie das Spiel genau ablaufen würde. Am Waldrand, welcher am Rande des großen Platzes begann, wurden sechs gleich große Bäume markiert, die man empor klettern sollte. Wer als erster oben ist, gewinnt in seiner Gruppe. Halvar, welcher gestern auch schon gute Leistung gebracht hatte, schaffte es schließlich als erster oben zu sein. Ich klatschte genauso wie die Anderen Beifall und beobachtete dann, wie sich Legolas erhob. Er warf einen Blick nach hinten, wahrscheinlich um nach dem Rest seiner Gruppe zu schauen. Cyrian stand bereits neben ihm.
Ich wünschte Quinn noch schnell viel Glück und wendete meinen Blick dann wieder nach vorne, wobei sich dieser mit dem von Legolas verhakte. Mein Atem stockte, während mich der Elb warm anlächelte. Bevor ich es allerdings erwidern konnte, wurde er bereits von einem Elben mitgezogen. Ich seufzte kaum merklich. Es war schwer, nach so einem Vorfall gestern Abend ihm nicht in die Arme zu fallen.
Als Thranduil laut in die Hände klatschte, begannen die Elben aus Gruppe zwei die Bäume hinauf zu
Klettern. Damit jeder die gleiche Chance hatte, wurden die Äste gleichmäßig abgeschnitten und die Anzahl gleich gehalten an jedem der sechs Bäume. Gebannt verfolgten meine Augen Legolas und wie er flink den Baum hinauf kletterte. Er hangelte sich von Ast zu Ast, doch auch Cyrian war gut. Beide lagen weit vorne, bis Cyrian Legolas schließlich einholte und als erster die Wipfel erreichte. Keine Sekunde später erreichte auch Legolas das Ende, ebenso wie Quinn und die anderen Elben aus der Gruppe. Es war knapp gewesen, doch Cyrian hatte gesiegt. Ich erhob mich und wechselte einen kurzen Blick mit Aurelia. Dann sammelte ich mich mit meiner Gruppe vor der Tribüne, während die zweite Gruppe zurück kam. "Viel Glück Ré, ich drück dir die Daumen" sagte Quinn, als sie an mir vorbei kam. Ich bedankte mich und folgte Levin zu den Bäumen. Nervös strich ich meine Hände nochmal kurz an meiner Hose ab, ehe ich den Kopf in den Nacken legte und vor meinen Baum trat. Er war schon ziemlich hoch, doch ich versuchte mir schnell ein grobes Bild von den Ästen und deren Lage zu machen. Dann, als das Klatschen ertönte, sprang ich hoch und griff nach einem dicken Ast. Ohne auf die Anderen zu schauen kletterte ich weiter und suchte mir meinen Weg durch die Äste und Blätter. Ich konnte bereits das Ende erkennen, doch die Äste wurden ebenfalls immer dünner. Mit einem gewagten Sprung nach oben, erreichte ich schließlich als Erste die Spitze meines Baumes. Ebenfalls knapp nach mir kamen Lùmiel und Levin oben an, dann der Rest. Ich vernahm den Applaus, während ich den Baum wieder hinunter kletterte. Unten stupste mir Levin freundschaftlich in die Seite. "Du kleiner Affe" ich grinste und gemeinsam mit unserer Gruppe gingen wir wieder Richtung Tribüne. Die vierte Gruppe kam uns bereits entgegen und ich wünschte Aurelia im Vorbeigehen ebenfalls viel Glück. Auf der Tribüne ließ ich mich wieder neben Quinn fallen. Aurelia schaffte es ebenfalls aus ihrer Gruppe zuerst oben anzukommen und aus der fünften Gruppe ging Estéll als Sieger hervor. Ich spürte Legolas Blick auf mir, als ich mit den anderen Siegern erneut auf die Bäume am Waldrand zuging. Sie wurden in diesem Moment von fünf weiteren Elben 'gestutzt'. Das hieß, dass ein paar Äste abgesägt wurden und das Klettern somit schwieriger werden würde. Ich zog die Augenbrauen zusammen und nahm wie die Anderen meine Position ein. Kurz tauschte ich noch einen Blick mit Aurelia, bevor das Zeichen des Königs erklang. Ich blendete das gleichmäßige Klatschen der Zuschauer aus und konzentrierte mich auf die Äste vor mir. Ich kam gut voran, bis auf einmal ein Ast unter meinen Füßen brach. Ein aufatmen ging durch die Menge, doch ich konnte mich noch an dem Ast festhalten, den ich zuvor gepackt hatte. Damit war mein eventueller Sieg jedoch unmöglich geworden, da mich die anderen überholten und Estéll schließlich das Spiel für sich gewann. Etwas verärgert landete ich wieder auf dem Boden. "Ist doch egal, hauptsache du bist nicht abgestürzt" lächelte mich Aurelia an und ich grinste, wieder etwas besser gelaunt.
Als ich die Tribüne erreichte, erhob sich ein Elb aus der ersten Reihe und kam mit einem besorgten Blick auf mich zu. Mein Herz schlug sofort höher. "Alles gut bei dir?" fragte er und ich nickte wie in Trance. "Ja, mir geht es gut" lächelte ich dann und er nickte erleichtert. Aurelia war es, die mich sanft, aber bestimmt wieder zu unserem Platz zog. "Wenn du nicht willst, dass alle reden, versuch etwas unauffälliger zu sein" grinste sie und ich seufzte.

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt