23. Sommerspiele, 1. Disziplin

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"Liebe Teilnehmer, Liebe Gäste und Liebe Zuschauer. Willkommen bei den Sommerspielen!" Thranduils Stimme hallte laut über den gesamten Platz. Die Tribünen waren bis auf den letzten Platz besetzt, doch alle lauschten gespannt der Ansage des Waldelbenkönigs. Auch der König Gondors, Elrond und Celeborn hatten bereits eine kleine Rede gehalten und uns Teilnehmer begrüßt und vorgestellt. Musik spielte und es liefen Bedienstete mit Getränken und kleinen Speisen herum. Die Sonne schien warm vom Himmel und tauchte den Platz in helles Licht. Ich saß zugegeben etwas nervös neben Aurelia und Quinn auf einer extra Tribüne für die dreißig Teilnehmer.
Mein Herzschlag beruhigte sich wieder etwas. Eben noch hatte mein Herz heftig gegen meinen Brustkorb gepumpt, als ich die Spiele eröffnet hatte.
"Das erste Spiel wird in wenigen Momenten beginnen, ich bitte die erste Gruppe auf ihre Plätze!" fuhr der König fort und ich sah dabei zu, wie die sechs Elben der ersten Gruppe aufstanden. Wir wurden ganz zu Anfang in fünf Gruppen mit jeweils sechs Teilnehmern eingeteilt. Ich war in der dritten Gruppe zusammen mit Levin und weiteren vier Elben eingeteilt worden. Soweit ich wusste waren Quinn, Cyrian und Legolas ebenfalls zusammen geblieben. "Ich werde mich gleich so blamieren! Ich kann Bogenschießen doch gar nicht" jammerte Aurelia neben mir leise und ich warf ihr einen strengen Blick zu. "Denk sowas nicht, sonst versemmelst du es nachher wirklich. Du schaffst das schon" sagte ich und sie seufzte. Gespannt beobachtete ich, wie sich die Elben mit Köcher und Bogen ausgestattet auf die markierten Punkte nebeneinander mit einigen Metern Abstand aufstellten. Es war ruhig, alle Blicke lagen wachsam auf ihnen. Die Musik war verstummt und alle warteten auf das Startsignal des Königs. Dieser hob schließlich die Hand und die Elben zückten ihre Pfeile und spannten diese in ihren Bogen. Man konnte sich solange Zeit lassen, wie man brauchte. Der erste Pfeil flog bereits und es folgten auch die Pfeile der anderen Teilnehmer aus der Gruppe. Soweit ich das erkennen konnte, trafen alle ihr Ziel. Die Menge um mich herum klatschte laut Beifall, während sich die Elben wieder in Position stellten. Das Ziel wurde immer weiter nach hinten verlegt, bis nur noch einer am Ende ins Schwarze traf. Dieser würde dann weiter sein. Aus der ersten Gruppe ging ein Elb namens Halvar als Sieger hervor, ich kannte ihn nur vom sehen her. Mein Herz machte einen Hüpfer, als für die zweite Gruppe Legolas aufstand. Mit ihm gingen, wie ich bereits wusste, auch Quinn und Cyrian nach vorne. Die anderen drei Elben kannte ich nicht genau, sodass sie für mich eher uninteressant waren. "Schau mal, da ist ja dein Prinz" flüsterte Aurelia und als ich zu ihr sah, wackelte sie grinsend mit den Augenbrauen. Die Musik ebbte wieder ab, ebenso wie der Applaus. Ich wusste, dass die meisten Augen nun auf Legolas lagen, welcher seelenruhig seinen Bogen in der Hand drehte. Als Thranduil erneut seine Hand hob, gingen die Elben in Position. Gespannt beobachtete ich, wie Legolas den Pfeil anlegte und dann die Sehne spannte. Er stand da, als wäre er die Ruhe selbst, sein Blick lag konzentriert auf dem Ziel. Er kniff ein Auge zusammen und neigte etwas den Kopf. Dann ließ er die Sehne mitsamt den Pfeil los. Es war, als würde die Menge die Luft anhalten, als die Pfeile losflogen und sich ihren Weg ins Ziel suchten. Cyrian schied leider in der dritten Runde aus, Quinn in der vierten. Es waren während der sechsten Runde nur noch Legolas und ein weiterer Elb übrig. Als Legolas Pfeil ins Schwarze traf und der seines Gegners nur knapp neben der Mitte landete, jubelte die Menge auf und auch ich klatschte glücklich lächelnd Beifall. Mein Blick fiel für einen Moment auf Thranduil, welcher ein kleines, stolzes Lächeln auf den Lippen trug. Bewundernd sah man Legolas hinterher, er hatte nicht nur das zweite Match gewonnen, sondern hatte bis jetzt auch die weiteste Distanz bezwungen. Die Ziele wurden bei jeder neuen Runde immer um 50Fuß nach hinten verschoben und man startete in Runde eins auch bei 50Fuß. Als die dritte Gruppe angekündigt wurde, atmete ich tief durch, wurde kurz von Aurelia und Quinn gedrückt und erhob mich dann. Neben Levin verließ ich die Tribüne und blinzelte etwas, da die Sonne unbarmherzig auf mich herab schien. Kurz trafen meine Augen auf die von Legolas, er lächelte mir zu und nickte dann mit einem festen Blick. Für einen Moment war ich von seinem Lächeln abgelenkt und dachte an den Kuss auf meinen Mundwinkel zurück. Dabei lief ich gegen Levin, welcher stehen geblieben war. "Ups, sorry Levin" sagte ich und er lächelte. "Wenn du beim Schießen auch so abgelenkt bist, dann habe ich leichte Karten". Ich lachte und griff nach einem Köcher und einem geeigneten Bogen für mich. Dann stellte ich mich mit klopfendem Herzen auf die Markierung und wartete darauf, dass Thranduil das Zeichen gab.
Als er dann nach endlos wirkenden Minuten seine Hand hob, begegneten meine Augen seinen. Ich schluckte, doch er nickte mir kaum merklich zu. Entschlossen griff ich nach hinten und zog einen Pfeil aus meinem Köcher, nur um diesen dann auf die Sehne zu spannen und nach hinten zu ziehen. So hielt ich inne und fixierte konzentriert mein Ziel. Neben mir flogen bereits Pfeile, doch ich wartete den perfekten Moment ab. Dann ließ ich los. Mein Pfeil schlug genau in der Mitte ein und ich vernahm den Applaus für unsere Gruppe nur unbewusst, so erleichtert war ich. Mit einem kurzen Seitenblick stellte ich fest, dass ein Elb bereits raus war. Ich schlug mich weiter in die nächsten Runden und stand tatsächlich am Ende mit Levin im Zweierduell. Die Zielscheibe wurde bereits auf 250Fuß nach hinten verschoben und ich tauschte einen kurzen Blick mit dem Elben. "Möge der Bessere gewinnen" sagte er und ich nickte. Legolas hatte eine Distanz von 300Fuß bewältigen können, dann würde ich doch auch 250Fuß schaffen. Außerdem hatte dies beim Training auch geklappt. Mit diesem Gedanken spannte ich meinen Bogen, zielte und schoss auch relativ schnell. Mein Pfeil flog lautlos durch die Luft und ich bemerkte, dass auch Levin kurz nach mir seinen Pfeil losgelassen hatte. Die Zuschauer jubelten auf, als mein Pfeil in der Mitte stecken blieb. Levin kam auf mich zu und legte mir einen Arm um die Schulter. Erst da realisierte ich, dass ich aus unserer Gruppe gewonnen hatte. Glück durchriselte mich und ich nahm den Glückwunsch von Levin lächelnd entgegen. "Du warst super!" sagte Aurelia und drückte mich kurz, da sie nun an der Reihe war. Ich wünschte ihr viel Glück und ließ mich wieder neben Quinn auf die Bank fallen. "Glückwunsch" sagte auch sie lächelnd und ich bedankte mich. Aurelia schlug sich in ihrer Gruppe ganz gut und wurde sogar zweite. Mit einem zufriedenen Lächeln ließ sich sich wenig später wieder neben mich fallen. Die letzte Gruppe bestand aus Taavi, Rahel und weiteren vier Elben, dessen Namen mir einfach nicht mehr einfallen wollten. Als Rahel das Duell schließlich für sich entschied, klatschte ich anerkennend Beifall. Ich hatte nicht gewusst, dass sie ebenfalls so gut im Bogenschießen war.
"Aus jeder Gruppe ist jeweils ein Sieger hervorgegangen. Diese bitte ich nun für die letzte, alles entscheidende Runde nach vorne!" rief Thranduil unter tosendem Applaus. Feierliche Musik spielte, während ich zusammen mit Halvar, Legolas, Veit und Rahel erneut auf den Markierungen Stellung bezog. Ich atmete tief ein und wieder aus, mein Blick fuhr rastlos über die Zuschauer und dann über meine Gegner. Wie automatisch suchte mein Blick den von Legolas und der Elb hob fast zeitgleich den Kopf. Er zwinkerte mir zu und formte mit den Lippen die Worte: "Viel Glück". Ich lächelte leicht, als Thranduil mit einem Mal seine Hand hob und somit das Startsignal gab. Ich versuchte ruhig zu bleiben und legte den Pfeil sorgsam an die Sehne. Dann spannte ich den Bogen wie die Male zuvor und wartete auf den richtigen Moment. Es durfte kein Lüftchen wehen und ich durfte mich von nichts und niemanden ablenken lassen. Dann, mit einem Atemzug von mir, ließ ich den Pfeil los. Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich konnte meinen eigenen Herzschlag hören. Wir hatten für die Finale Runde unmittelbar bei 150Fuß gestartet und alle hatten das Ziel getroffen. Erst bei 250Fuß schieden Rahel und Veit aus. Nervös strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor ich für die vierte Runde meinen Bogen spannte. Ich hatte schon lange nicht mehr auf eine Entfernung über 250Fuß geschossen. Halvar und Legolas schossen bereits, während ich noch einen Moment wartete. Pure Erleichterung und Freude durchströmte mich, als mein Pfeil ins Schwarze traf. Ich drehte mich mit einem breiten Grinsen herum und konnte erkennen, dass Legolas ebenfalls getroffen hatte. Dies wunderte mich allerdings schon gar nicht mehr. Ich hatte eingesehen, dass er einfach dafür geboren worden war. Halvar schied aus und wünschte mir und Legolas noch weiterhin viel Glück. Die Zuschauer klatschten, es wurde aufgeregt geredet und Dinge gebrüllt. Legolas und ich rückten auf und standen nun einige Meter entfernt nebeneinander auf der Wiese. Er grinste herausfordernd, was ich mit einem frechen Grinsen erwiderte. Das Ziel auf 300Fuß getroffen zu haben, war für mich schon Sieg genug. 350Fuß würden verdammt schwer werden. Wir Elben konnten zwar weit blicken, doch ich hatte selten so weit geschossen. Legolas hatte auf jeden Fall sehr viel mehr Übung, was weite Distanzen betraf.
Als der König erneut seine Hand hob, wurde es still um uns herum. Gefasst griff ich nach einem weiteren Pfeil und legte diesen deutlich langsamer an, als die vorherigen Male. Legolas stand bereits in Position, doch ich ließ mich nicht beirren. Ich spannte den Bogen und fixierte mein Ziel. Wie die Male zuvor auch wartete ich den richtigen Moment ab, doch es sollte anders kommen. Der Pfeil rutschte bereits viel zu früh aus meinen schweißnassen Händen und ich wusste, dass er sein Ziel nicht perfekt treffen würde. Ich sollte recht behalten. Während Legolas Pfeil perfekt landete, schlug meiner Zentimeter neben der Mitte ein. Doch der Sieger stand somit fest. Alle jubelten laut und die Musik setzte wieder ein. Ich drehte mich mit einem ehrlichen Lächeln zu Legolas herum, welcher bereits auf mich zu kam. Ich verspürte keine Traurigkeit, ich hatte Legolas und den anderen Elben hier zeigen können, wie gut ich das Handwerk beherrschte und konnte auch sicherlich den König beeindrucken. "Du bist eine ernst zu nehmende Gegnerin, nín elen" sagte der blonde Elb, welcher nun vor mir stehen blieb und sanft mit seinem Daumen über mein Kinn fuhr. Ich bekam eine Gänsehaut und wollte etwas erwidern, doch da wurden wir bereits umringt von meinen Freunden und von seinen eigenen. "Da wurde es aber beinahe eng für dich, mein Freund" lachte Gimli und stupste Legolas mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er wurde von den Anderen noch beglückwünscht, während ich mich Aurelia, Quinn, Levin, Taavi und Cyrian zuwendete. "Du warst Spitze" sagte Levin und ich sah glücklich lächelnd meine Freunde an. "Danke, einer musste dem Prinzen ja mal zeigen, dass er sich ran halten muss" lachte ich und sie stimmten mit ein. Da spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und drehte mich herum. Aragorn und Arwen standen vor mir, beide lächelten anerkennend und gratulierten mir ebenfalls für den zweiten Platz. Gandalf ließ währenddessen ein kleines Feuerwerk in die Luft gehen. Das zweite Spiel, der Schwertkampf, würde nach dem Mittagessen stattfinden und die dritte Disziplin, der Weitwurf, unmittelbar danach. Alle begaben sich also gut gelaunt und fröhlich durcheinander redend zurück ins Schloss und in den Speisesaal. Man war gespannt, was der Tag noch so bringen würde.

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt