17. Streit und Zweisamkeit

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"Rénee?! Wo bist d-" ruckartig drehten Legolas und ich unsere Köpfe nach links. Die gespannte und intensive Atmosphäre um uns herum war zerplatzt.
Nicht mal ein paar Meter vor uns standen Quinn, Cyrian und Levin und schaute mit unterschiedlichen Mienen zu uns hinunter. Erst da fiel mir auf, dass ich immernoch auf Legolas lag und schnell rappelte ich mich mit hochroten Wangen auf. Legolas nahm das Ganze gelassener und erhob sich in aller Ruhe. "Wie ich sehe geht's dir soweit gut" grinste Quinn und ich nickte schnell. "Ehm ja, also ich bin vom Baum gefallen und Legolas hat mich aufgefangen" erklärte ich und Levin wechselte einen vielsagenden Blick mit Quinn. "Aufgefangen also. Das sah für mich aber gerade anders aus" stichelte er und ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Dabei spürte ich auch Legolas aufmerksamen Blick auf mir. "Ich wusste es" mischte sich auf einmal Cyrian ein und überrascht öffneten sich meine Lippen einen Spaltbreit. Mein Blick fiel auf den Elben. Tiefe Enttäuschung und Wut lag in seinen Augen, als er einen Schritt auf mich zu machte. Alamiert spannte sich Legolas neben mir an und fixierte den anderen Elb mit einem ernsten, beinahe warnenden Blick. Seine Augenbrauen waren zusammen gezogen. Cyrian lachte kurz verächtlich auf, als er die Angespanntheit Legolas bemerkte. "Ich tu ihr nichts" knurrte er dann in Legolas Richtung und wendete sich wieder mir zu. "Es ist wegen ihm, hab ich recht?" seine Stimme klang nun nicht mehr so aggressiv, sondern eher verletzt und niedergeschlagen. Ich stand wie versteinert da und konnte nichts auf Cyrians Frage antworten. Er tat mir in diesem Moment wahnsinnig leid. Als Cyrian bemerkte, dass er keine Antwort bekommen würde, war dies für ihn Antwort genug. Mit einem letzten, enttäuschten Blick wandte er sich von mir ab und verschwand im Wald Richtung Schloss. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns Verbliebenen aus, bis Levin das Schweigen brach. "Ich deute das jetzt mal so, dass Cyrian auf dich steht und jetzt verletzt ist, weil du seine Liebe nicht erwiderst?" fasste er zusammen, seine Stimme hob sich am Ende fragend. Ich seufzte und nickte dann. "Aber eigentlich wusste Cyrian auch, dass ich seine Gefühle nicht teile" sagte ich leise und runzelte die Stirn.
Es zerrte an meinen Nerven, dass Cyrian so reagiert hatte. Was würde jetzt aus unserem gemeinsamen Training in der Gruppe werden?
"Sollen wir das Training für heute abbrechen?" fragte Legolas auf einmal und alle schienen einverstanden. Bis zum Mittagessen dauerte es zwar noch etwas, aber die Stimmung war eh ruiniert und ein Gruppenmitglied verschwunden. "Komm" meinte Legolas mit gedämpfter Stimme zu mir, als Quinn und Levin redend Richtung Schloss losgingen. Sie schienen in ihrer eigenen Welt zu sein und lächelnd blickte ich den beiden hinterher. Dann spürte ich Legolas warme Hand an meiner und wie er seine Finger mit meinen verschränkte. "Wie geht es dir?" fragte er mich ehrlich besorgt, während wir nebeneinander über die Wiese liefen. Ich war noch immer etwas verwirrt von Cyrians Verhalten, wurde jedoch deutlich abgelenkt von Legolas Hand in meiner. Meine Haut kribbelte und ich gestand mir ein, dass ich seine Nähe unfassbar genoss.
Ein warmes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen und ich musterte den Elb neben mir, welcher einen ganzen Kopf größer als ich war. "Mir geht es gut. Ich verstehe Cyrians Verhalten immernoch nicht" antwortete ich. "Und danke, dass du mich beschützt hättest" fügte ich noch etwas leiser hinzu und Legolas Miene wurde weicher. "Ich würde dich immer vor allem und jedem beschützen". Seine Stimme brachte mich fast um den Verstand. Und seine Worte waren wie Balsam für meine Seele und Butter für meine Knie. Ich grinste bei dem Gedanken und fuhr Legolas unbewusst mit dem Daumen über den Handrücken.

Legolas •

Lächelnd beobachtete ich Rénee von der Seite. Ich spürte, wie sie kleine Kreise auf meiner Haut mit ihrem Finger zeichnete und konnte nicht leugnen, dass es mir gefiel. Ich konnte Cyrian nicht besonders leiden, mir waren schon von Anfang an seine Blicke aufgefallen, welche er Rénee immer zugeworfen hatte. Er schien sie wirklich zu lieben, ich konnte seine Zuneigung ehrlich gesagt auch verstehen.
"Wollen wir uns ein schattiges Plätzchen suchen und bis zum Mittagessen warten?" fragte mich Rénee mit einem erwartungsvollen Blick und ich schaute in ihre dunkelbraunen Augen. Sie bildeten einen interessanten Kontrast zu ihren Haaren, welche eher ins hellbraune gingen. Ich mochte ihre Augen. Ich hatte jedes Mal das Gefühl, dass ich von ihnen eingefangen wurde. Auf einer schönen und faszinierenden Art. "Gerne" erwiderte ich abgelenkt von ihrer Schönheit und ließ mich von ihr zu einem Baum ziehen, welcher am Rande des Waldes stand und einen Schatten auf einem kleinen Platz vor seinem Stamm auf der Wiese warf. Dort ließ sich Rénee ins Gras fallen und zog mich an der Hand mit sich. Lachend, aufgrund ihrer stürmischen Bewegung, ließ ich mich neben sie ins Gras sinken und lehnte meinen Rücken gegen den Stamm des Baumes. Vor uns lag die Festung und der weite Wald. Ich hatte mich schon immer sehr wohl hier im Düsterwald gefühlt. Seitdem die Spinnen beseitigt wurden, blühte der Wald auch wieder mehr und wirkte nicht mehr so dunkle, kahl und gruselig. Er erblühte quasi vom neuem und mit diesem Vorgang kehrten auch immer mehr Tiere zurück und Leben erfüllte die Gegend. Ich schloss die Augen und lehnte meinen Kopf ebenfalls zurück. Unbewusst griff meine Hand nach Rénees Taille und zog sie näher an mich heran. Sie ließ alles wortlos zu und lehnte sich nach einiger Zeit zaghaft gegen mich. Sofort stieg mir ihr Geruch in die Nase und ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich glaube nicht, dass es irgendwas an ihr gab, was ich nicht mochte. "Rénee?" fragte ich leise und sie bewegte sich leicht. "Mh?" kam es dann entspannt zurück und ich grinste. "Möchtest du mich auf den Sternenball begleiten?" sofort schnellte die Elbin in meinen Armen nach vorne und drehte sich mit ungläubigen Blick zu mir herum. Ich verfolgte ihre Reaktion mit einem amüsierten Grinsen und zwinkerte ihr schließlich zu. Ich wusste, dies brachte sie immer aus dem Konzept. So war es auch jetzt. Perplex und mit roten Wangen öffneten sich ihre Lippen, doch sie brachte kein Wort heraus. Ich legte den Kopf schief und hob erwartungsvoll die Augenbrauen. "A-ach, du meinst das ernst?" fragte sie und nun brach ich in Gelächter aus. "Warum würde ich dich sonst fragen?" erwiderte ich und sie senkte verlegen den Blick. Ich ergriff sanft ihr Kinn und schenkte ihr ein charmantes Lächeln, als sie mich wieder ansah. "Ich würde wirklich gerne mit dir auf den Ball gehen. Es wäre mir eine Ehre" hauchte ich und sie schmiegte sich in meine Berührung. "Mir wäre es eine Ehre" betonte sie und ich verdrehte grinsend die Augen. "Also?" Sie lächelte glücklich und nickte dann. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich spürte, wie mein Herz aufgeregt in meiner Brust zu klopfen begann. Sie hatte zugestimmt. Heute konnte mir nichts mehr die Laune verderben.

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt