44. Freunde

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Wehmütig sah ich Legolas auf Arod hinterher, welcher zusammen mit Gimli neben Thranduil ritt. Ihnen folgten sechs Palastwachen. Sie hatten bereits die Brücke passiert, als sich Legolas nochmals herum drehte und mir lächelnd zuwinkte. Ich hob ebenfalls die Hand und seufzte leise, als die kleine Kolonne immer kleiner wurde und schließlich im Wald verschwand. Ich stand nun ganz allein vor den großen Toren zu Thranduils Hallen und machte mich auf den Weg zurück in den Palast, damit die Tore wieder geschlossen werden konnten. Die Wachen nickten mir zu, als ich an ihnen vorbei lief. Ich spürte immernoch Legolas Lippen auf meinen und wie sie mich liebevoll zum Abschied geküsst hatten. Und das vor Thranduils Augen. Lächelnd sah ich hinab auf meine Füße und spürte, wie meine Wangen unweigerlich warm wurden bei dem Gedanken. Auch die Verabschiedung von Gimli war mir nicht leicht gefallen. Er war mir ans Herz gewachsen und ich sah ihn als einen guten Freund.
Mein Körper knallte mit einem Mal gegen einen anderen Körper und erschrocken taumelte ich ein paar Schritte zurück. Bevor ich allerdings auf meinem Hinterteil landen konnte, umfassten mich zwei Arme. Ich konnte ein schmerzerfülltes Zischen nicht unterdrücken, als dieser jemand meine linke Hüftseite berührte. "Oh Entschuldigung" ertönte eine mir bekannte Stimme und ich hob den Kopf. Vor mir stand ein großer, dunkelbraunhaariger Elb mit markanten Gesichtszügen. "Levin" sagte ich verwundert, "was machst du denn hier? Hast du nicht Dienst?" fragte ich neugierig. Der Elb nickte leicht mit dem Kopf und grinste dann breit. "Ich wurde zusammen mit zwei weiteren Elben dazu beauftragt, den König ehrenvoll zu vertreten und sein Reich zu hüten" erklärte er mir mit einer aufgeregten Stimme und ich lachte. Deshalb war er so in Eile gewesen. "Das ist wahrlich eine Ehre Levin" erwiderte ich und verabschiedete mich dann auch schon wieder von ihm. Er musste los und ich wollte ihn nicht länger aufhalten.
In meinem Zimmer angekommen sah ich Aurelia auf ihrem Bett sitzen und ein Buch über die Geschichten Mittelerdes lesen.
"Hey Langweiler, wollen wir trainieren gehen?" fragte ich und blieb vor ihrem Bett abwartend stehen. Sie sah auf und grinste. "Wer von uns beiden ist hier der Langweiler?" fragte sie provokant und stand auf. Gemeinsam verließen wir wenig später das Gemach mit unseren Waffen und gingen hinter den Palast, um auf der Wiese Schwertkampf, Nahkampf und Bogenschießen zu üben. Es tat gut mal wieder mit Aurelia zu trainieren. Wir lachten viel und ich konnte für diesen Zeitraum abschalten und musste nicht dauernd an Legolas denken. Beim Mittagessen setzten wir uns wie bereits gewohnt zu Cyrian und Taavi. "Ihr habt gleich Dienst oder?" fragte Letzterer mit einer fragenden Miene und Aurelia nickte. "Ja leider" erwiderte auch ich und Taavi schien etwas enttäuscht darüber, dass er den Nachmittag nicht mit Aurelia verbringen konnte. Ich lächelte in mich hinein, als ich die Beiden so nebeneinander sitzen und heimliche Blicke austauschen sah.
Nach dem Mittagessen verließ ich den Palast für meine Grenzkontrolle, während Aurelia den Platz auf der Mauer einnahm. Es war ruhig um mich herum, doch ich genoss diese Ruhe. Ich hielt diesmal meine Wache in der Nähe des Waldtores, durch welches man auf den Elbenpfad und schließlich zu Thranduils Hallen gelang. Hier verging die Zeit schneller, da immer jemand durch das Tor wollte und man somit immer etwas zu sehen oder zu tun hatte. Meistens waren es jedoch nur Elben, die das Tor passierten.
Meine Gedanken waren bei Legolas, als die Sonne sich bereits dem Horizont näherte und sich der Himmel orange-rot verfärbte. Sie müssten Lothlòrien bei Sonnenuntergang erreichen. Wenn nichts dazwischen gekommen war. Ich biss mir auf die Lippe und seufzte. Diese Ungewissheit machte mich noch ganz verrückt. Ich war froh, als meine Grenzkontrolle vorbei war und machte mich dann auch sofort auf den Weg in den Speisesaal zum Abendessen. Ich konnte keinen meiner Freunde erkennen, also ließ ich mich an einen freien Tisch auf einen Stuhl sinken und hielt den Eingang im Auge. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich Aurelia, Taavi, Cyrian und auch Levin und Quinn ausmachen konnte. Ich wunk ihnen zu und als Taavi mich erblickte, deutete er auf mich und sagte etwas zu den Anderen. Der Tisch füllte sich und ich war nun nicht mehr allein. Glücklich sah ich meine Freunde an. Ohne sie wäre das Leben hier nicht mal ansatzweise so unbeschwert. "Habt ihr nach dem Abendessen schon was vor? Oder hat jemand Dienst?" fragte Levin und warf einen fragenden Blick in die Runde. Ich schüttelte den Kopf, genau wie alle anderen. "Wollen wir ausreiten?" fragte nun Quinn, welche Levin kurz angrinste. Die Beiden hatten sich ebenfalls gefunden. "Oh ja" entkam es freudig meinen Lippen und auch die Anderen schienen nichts dagegen zu haben. "Du musst mich wohl leider auf Faras mitnehmen" hörte ich Aurelia an Taavi gewand sagen und ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. "Ich weiß ja nicht, ob Faras dich auch noch tragen kann" sagte ich laut und die blonde Elbin warf mir einen gespielt bösen Blick zu. "Dann reite ich halt bei dir und Molotov mit" erwiderte sie zuckersüß und die anderen am Tisch fingen an zu lachen. Ich widmete mich wieder meinem Essen und lauschte den Gesprächen der Anderen, jedoch konnte ich nicht verhindern, dass meine Gedanken kurz zu einem ganz bestimmten Elben mit blauen Augen schweifen.
Gemeinsam verließen wir nach dem Essen den Speisesaal und machten uns auf den Weg in den Stall. "Na mein großer" begrüßte ich lächelnd den schwarzen Hengst in der vorletzten Box. Molotov warf seinen Kopf nach hinten, wobei seine Mähne aufgewirbelt wurde. Er schien mir damit Hallo zurück sagen zu wollen. Ich fuhr mit meiner Hand sachte über seine Nüstern und dann hinauf zu seinem Hals. "Ré! Kommst du?" rief Quinn und ich warf der rothaarigen Elbin einen kurzen Blick zu. "Ja, Moment" rief ich zurück und machte mich daran, Molotov aus der Box zu führen. Während ich ihn an den anderen Boxen vorbei führte, fiel mein Blick unwillkürlich auf die leere Box von Arod. Er hatte zumindest immer dort gestanden.
Draußen stand die Sonne bereits kurz vor dem Untergang und der helle Himmel hatte sich ebenfalls dunkel gefärbt. Einige Sterne blitzten oben am Himmelszelt auf. Die Anderen saßen bereits auf ihren Pferden. Aurelia saß grinsend hinter Taavi, als ich mich auf Molotov schwang. "Faras scheint kein Problem damit zu haben, dass ich ebenfalls auf seinem Rücken sitze" sagte sie siegessicher in meine Richtung, das Gespräch von eben wieder aufnehmend. Ich lachte auf. Grinsend übte ich Druck auf meine Fersen und meinen Unterschenkeln aus und Molotov trabte wie auf Kommando los. Ich ritt an meinen Freunden vorbei, drehte mich halb um und rief breit grinsend: "Worauf wartet ihr?"

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt