Mit einem komischen Gefühl im Bauch vermied ich es Legolas anzusehen. Wir konnten den Bären abhängen und hatten unser Tempo wieder gedrosselt. Die Pferde schienen sich beruhigt zu haben und ich hatte auch bereits Faras in der Menge erkennen können, welcher neben Levin her ritt und von ihm an seinen Zügel geführt wurde.
Mein Herz schlug unpassenderweise schneller als normal in meiner Brust und alles in mir kribbelte aufgrund von Legolas direkter Anwesenheit. Wir hatten bis jetzt noch kein Wort miteinander gewechselt, doch ich wusste, dass er mich erkannt hatte.
"Wie geht es dir?" fragte Legolas plötzlich mit gesenkter Stimme und ich presste die Lippen aufeinander. "Mir geht es gut" erwiderte ich und fummelte an dem Saum meiner Kapuze herum. Mit einem Mal blieb Arod stehen und ich sah auf, als sich Legolas von seinem Rücken schwang. Nun konnte ich mich nicht mehr seinen Blicken entziehen. Ich seufzte leise, als er mir seine Hand entgegen streckte. Mein Blick lag auf ihm, während ich meine Hand in seine legte und ebenfalls von Arods Rücken glitt. Ohne ein Wort schwang sich Legolas wieder auf sein Pferd und sah mir dann erst richtig in die Augen. In ihnen konnte ich Enttäuschung erkennen, aber auch Wut und Unverständnis. Ich schluckte und senkte den Blick. Wenn er mich so ansah, fühlte ich mich gleich noch viel schuldiger. "Levin führt Faras, also musst du wohl auf ihn geritten sein" sagte er dann und ritt einfach davon. Ich sah ihm benommen hinterher und merkte gar nicht, wie Levin neben mit hielt. Mitfühlend sah er mich an und hielt mir die Zügel von Faras entgegen. "Er ist sauer. Lass ihm etwas Zeit. Ich würde nicht anders reagieren, wenn mir meine große Liebe in den Krieg gefolgt wäre" sagte er und ich nahm ihm mit einem dankenden Blick die Zügel ab. Wortlos schwang ich mich in den Sattel und trabte neben Levin her. Dieser warf mir immer mal wieder besorgte Blicke zu, doch ich konnte nur in die Ferne starren und an Legolas denken, welcher wieder ganz vorne an der Spritze ritt. Würde er mir meine Tat verzeihen?
Ich biss mir auf meiner Lippe herum. Ich war noch immer überzeugt von meinem Vorhaben und bereute keine einzige Sekunde. Auch wenn Legolas nun sauer und enttäuscht von mir war, ich würde ihm trotzdem immer und überall hinterher reiten. Mit einem entschlossenen Blick trieb ich Faras stärker an. Wir müssten bald Minas Tirith erreichen.Ich behielt recht. Als die Sonne bereits begann, sich dem Horizont zu nähern, kam die große Festung in Sicht. Wir ritten von der Seite aus darauf zu. Ich staunte über den Anblick und vergaß sogar kurz meine Sorgen. Minas Tirith gruppierte sich um einen Berg des weißen Gebirges. Jeder der sieben Mauerringe, die die Stadt schützten, wurde durch eine gigantische Felsformation in Form eines Keils in zwei Hälften geteilt, sodass in jedem Ring ein Tunnel unter dem Keil hindurchführte, um die Hälften zu verbinden. Dort oben, auf dem Plateau des Keils, hatte die Krönung von Aragorn stattgefunden.
Ich hatte das Innere der Festung genau vor meinen Augen, da ich bereits die vielen Ebenen vor langer Zeit einmal entlang gelaufen war. Ich konnte den hohen weißen Turm Ecthelions erkennen, welcher ganz oben auf der siebten Ebene thronte. Wir ritten durch die Felder des Pelennor und näherten uns der Hauptstadt. Kurz vor den weißen Toren hielten wir an und stiegen von unseren Pferden. Kurze Zeit später öffneten sich die riesigen Tore und wir gelangten ins Innere der Festung. Die Menschen auf den Straßen machten Platz für unsere lange Kolonne, welche sich mitsamt der Pferden einen Weg hinauf zur siebten Ebene bahnte. Unterwegs stellten wir die Pferde in den Stallungen ab und ich überreichte Faras einem Stallburschen. "Ich bin bald wieder zurück" sagte ich an das dunkelbraune Pferd gewandt und folgte Levin und den Anderen hinauf zur siebten Ebene. Diese erreichte man über einen beleuchteten Gang, der durch den Felskeil auf das Plateau führte. Als wir aus dem Gang hinaus ins Freie traten, fiel mein Blick sofort auf den großen Springbrunnen und auf den weißen Turm, welcher jetzt noch viel größer und höher wirkte als aus der Entfernung. Daneben war ein längliches Gebäude angebaut worden.
Dort musste sich die große Festhalle und der Palast der Könige befinden. Wir Elben hielten auf dem Plateau an und ich konnte Aragorn und Arwen ganz vorne entdecken. Sie schienen mit Legolas zu reden. Gespannt wartete ich darauf, was nun passieren würde. "Ruht euch aus, es war eine lange Reise. Die Bediensteten werden euch zu euren Zimmern führen. Ich werde alles weitere mit König Elessar und den Anderen besprechen. Wir treffen uns morgen früh zum Frühstück in der Festhalle!" schallte dann auch schon Legolas Stimme über uns hinweg und alle Elben begannen sich nach und nach zu verteilen. Die Kolonne löste sich auf und bald standen nur noch Levin und ich auf dem Plateau. "Wirst du mit ihm reden?" fragte er mich mit einem fragenden Blick und ich nickte mit einem schweren Seufzer. "Gut, ich gehe schon mal vor. Viel Glück" erwiderte der Elb und ich sah ihm noch kurz hinter, ehe mein Blick auf Arwen, Aragorn, Legolas und den Wachen hinter ihnen fiel. Arwen erkannte mich als erstes. "Rènee!" rief sie freudig und kam auf mich zu. Nun lagen auch Aragorns und Legolas Blicke auf mir. "Ni glathren gin cened" (Ich freue mich dich zu sehen) sagte die Elbin, bevor sie mir in die Arme fiel. Ich drückte sie an mich und schloss die Augen. "Ich freue mich auch dich zu sehen Arwen" erwiderte ich und löste mich dann langsam von ihr. Auch Aragorn war nun zu mir getreten und legte mir eine Hand auf die Schulter. "Willkommen in Minas Tirith. Ich freue mich ebenfalls dich wieder zu sehen" sagte er mit einem Lächeln, seine Gesichtszüge wurden aber dann wieder ernster. Er deutete mit seinem Kopf hinter sich und mein Blick fiel auf Legolas, welcher gerade hinter der Eingangstür des weißen Turmes verschwand. "Er hat es mir erzählt. Ich finde es sehr mutig von dir, aber du musst mit ihm reden. Er macht sich viele Gedanken und große Sorgen um dich. Das habe ich sofort bemerkt" fügte Aragorn dann hinzu und ich nickte. Ich spürte Arwens fragenden Blick, doch ging ich darauf nicht mehr ein und machte mich stattdessen daran, Legolas zu folgen. Ich betrat ebenfalls den Turm und sah mich suchend um. Mein Blick erhellte sich, als ich Legolas einige Meter vor mir durch den Gang gehen sah. "Dartho!" (Warte!) rief ich laut und rannte dem Elben hinterher. Er blieb tatsächlich stehen, drehte sich jedoch nicht zu mir herum. "Bitte, lass es mich erklären" sagte ich und blieb hinter ihm stehen. Er warf einen kurzen Blick über seine Schulter und deutete dann auf die Wendeltreppe.
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Rénee | Legolas
FanfictionRénee verbrachte den gesamten Ringkrieg im Düsterwald und wurde dort zu einer Grenz-und Palastwache ausgebildet. Sie steht unter Thranduils Obhut und konnte sich als eine seiner besten Wachen beweisen. Doch dann kehrt Thranduils Sohn, der Prinz des...