30. Peinliche Situation

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Während sich Legolas umsah, zündete ich ein paar Kerzen an, damit es nicht zu dunkel in unserem Zimmer war. "Hier schläfst du?" fragte er mich dann und deutete genau auf mein unordentliches Bett. Ich nickte und er kam auf mich zu. "Ihr habt es gemütlich" lächelte er und ich schnitt eine Grimasse. Klar, im Gegensatz zu seinen Gemächern war das hier gar nichts, doch er hatte recht. Es war gemütlich. "Ich hätte gerne deinen Parkourlauf gesehen. Du warst immer die Einzige, die nie nass, verschmutzt oder ähnliches war" fuhr der Elb fort und strich gedankenverloren mit seiner Hand über meine Wange. Ich genoss seine Berührung und zuckte schließlich mit den Schultern. "Ich konnte von meinen Reisen damals viel lernen" erwiderte ich und er hob seinen Blick. "Erzähl mir von deinen Reisen" ich wendete mich von ihm ab und ließ mich auf mein Bett nieder. "Ich war oft unterwegs, entweder nur für ein paar Tage, manchmal aber auch für mehrere Monate" sagte ich und beobachtete Legolas dabei, wie er sich neben mich setzte. "Ich habe viele Leute kennen gelernt. Elben, Menschen, aber auch ein paar Zwerge und Ents. Ich habe vieles gesehen, genauso wie du. Nur mit dem Unterschied, dass ich nie kämpfen musste, keine schrecklichen Dinge gesehen habe und das Böse zu diesem Zeitpunkt noch nicht so stark ausgereift war" mein Blick richtete sich auf den Elben neben mir, welcher mir aufmerksam zuhörte. Ich erinnerte mich an die vielen Landschaften, Orte und Wälder, die ich gesehen hatte. Ich war sogar bereits einmal hier im Düsterwald gewesen, bevor die Plage mit den Spinnen ausbrach. Meine Eltern hatten mich immer mit Tränen in den Augen gehen lassen und mich ebenso wieder mit Tränen empfangen. Ich war ihre einzige Tochter und daher das Einzige was sie hatten. Doch meine Reiselust konnte selbst das nicht stoppen und so mussten sie meine Unabhängigkeit akzeptieren. Während ich auf meiner letzten, langen Reise war, schlossen sich meine Eltern Thranduil an und kämpften mit in der Schlacht. Davor sah ich sie das letzte Mal.
"Erst als das Böse stärker wurde, etwa zu der Zeit, wo die Zwerge den Erebor zurück eroberten, wurden meine Reisen weniger und hörten schließlich ganz auf, als meine Eltern verstarben" erzählte ich weiter und wendete meinen Blick gedankenverloren auf meine Hände. "Ich würde gerne nochmal alles sehen. Bruchtal, Gondor, Rohan, Lothlòrien, den Erebor, das Auenland oder Osgiliath" seufzte ich und spürte Legolas Hand auf meinem Rücken und wie sie sanft darüber fuhr. "Du wirst alles nochmal sehen, das verspreche ich dir" sagte er und ich lächelte leicht. "Nur Mordor kannst du nicht mehr sehen" grinste er dann und ich lachte. "Mich hat es noch nie dort hingezogen" erwiderte ich und sah dem Elben in die blauen Augen. Unwillkürlich fiel mein Blick auf seine Lippen, welche mich gestern Abend noch geküsst hatten. Legolas verzog diese zu einem warmen Lächeln, als er meinen Blick bemerkte. "Wenn du möchtest, machen wir uns irgendwann zusammen auf den Weg durch Mittelerde" sagte er leise und schaute mich ernst an. Ich erwiderte seinen Blick und lächelte dann leicht. Wenn er dies ernst meinte, dann würde ich sofort alles stehen und liegen lassen und mit ihm losziehen.
Mein Lächeln wurde noch etwas breiter und ich lehnte mich nach vorne, ohne etwas zu erwidern. Den innerlichen Drang nachgehend, drückte ich meine Lippen sanft auf seine. Meine Lippen auf seinen waren für mich Antwort genug. Still genoss ich das Gefühl seiner Lippen und wurde wieder von den gleichen überwältigenden Gefühlen überrollt, die mich bereits während unseres ersten Kusses begleitet hatten. Legolas legte eine Hand in meinen Nacken, nur um mich dann noch näher an sich heran zu ziehen. Zärtlich liebkoste er meine Lippen und bat schließlich mit seiner Zunge um Einlass, welchen ich ihm gerne gewährte. Seine andere Hand fuhr währenddessen durch die Längen meines glatten Haares und ich lächelte gegen seine Lippen. Es prickelte in meinen Lippen, als er erneut seine Lippen auf meine drückte und mich in einen innigen Kuss verwickelte.
Der Moment wurde aber jäh unterbrochen, als plötzlich die Tür aufging und Aurelia herein kam. Erschrocken fuhren Legolas und ich auseinander, während sich Aurelia reflexartig eine Hand vor die Augen hielt. "Himmel, nächstes Mal solltet ihr mir vorher Bescheid sagen, dann platze ich auch nicht unpassend herein. Wer weiß, bei was ich euch sonst noch so erwischen würde" sagte sie tadelnd, doch ich konnte ihr Grinsen bis hierher erkennen. "Aurelia!" quietschte ich und warf ein Kissen von meinem Bett in ihre Richtung. Sie lachte nur und wich den Kissen gekonnt aus. Legolas neben mir grinste nun ebenfalls und schien die Sachen nicht mal halb so peinlich zu finden, wie ich. "Entschuldigung für meine Störung, aber ich dachte, Rénee würde bereits schlafen" wandte sich meine Freundin an Legolas und dieser erhob sich. "Alles gut, ich muss sowieso jetzt gehen" lächelte er und ich sah, wie Aurelia ebenfalls von seinem Lächeln abgelenkt wurde. "Sehen wir uns morgen nach dem Mittagessen bei Marlie?" wendete er sich dann an mich und ich nickte wortlos mit dem Kopf. Er zwinkerte mir noch verstohlen zu, ehe er sich umdrehte und mit einem "Gute Nacht" aus unserem Zimmer verschwand. Kaum war er draußen und die Tür wieder geschlossen, kam Aurelia auf mich zu und zog mich an den Händen nach oben. "Ihr seid so unfassbar süß zusammen. Es passt einfach perfekt! Jetzt verstehe ich auch, wie er dich mit seinem Lächeln herumkriegen konnte" sagte sie mit einem zufriedenen Blick und ich stöhnte etwas genervt auf. "Können wir jetzt einfach schlafen gehen?" fragte ich und sie nickte, immernoch vergnügt lachend.
Wieder vollkommen von den Gefühlen überwältigt, welche Legolas in mir auslöste, verschwand ich im Bad und ließ mir Wasser in die Wanne ein. Die Gedanken in meinem Kopf rasten. Was wäre wohl noch passiert, wenn Aurelia nicht herein gekommen wäre? Hätten wir vielleicht über unsere Situation gesprochen? Immerhin war dies bereits das zweite Mal gewesen, dass wir uns geküsst hatten.
Ich biss mir nachdenklich auf die Lippe und ließ mich in das warme Wasser gleiten. Dort blieb ich auch erstmal solange entspannt liegen, bis das Wasser allmählich kälter wurde. Ich wusch noch schnell meine Haare und stieg dann aus der Wanne. Mit einem Tuch trocknete ich meinen Körper und schlüpfte dann in mein weißes Schlafgewand. Meine Haare mussten an der Luft trocknen. Im Zimmer war es bereits ruhig und ich vernahm das gleichmäßige ein und ausatmen von Aurelia. Leise ließ ich mich in mein Bett fallen und dachte noch etwas über den Tag heute nach. Vielleicht würden Legolas und ich noch morgen Zeit finden zu reden.

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt