64. Eryn Lasgalen

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Ein aufgeregtes Kribbeln entfachte sich in meinen Fingerspitzen und zog sich dann weiter meine Arme hinauf. Wir hatten nach einigen Tagen endlich den ehemaligen Düsterwald, nun Wald des grünen Laubes, erreicht. Die Sonnenstrahlen erreichten den Boden nur an manchen Stellen, so dicht waren die Baumkronen miteinander verzweigt. Die Blätter leuchteten in einem saftigen Grün; der Wald wirkte gesund.
Wir hatten bereits das Waldtor passiert und befanden uns nun auf dem Elbenpfad. Unsere Kolonne wurde nun von vier Grenz-und Palastwachen begleitet, die ich von meinen eigenen Schichten kannte. Ich fühlte mich befreit und rundherum glücklich. Mit einem Lächeln atmete ich die frische Luft des Waldes ein. Legolas neben mir schien ebenfalls glücklich darüber, bald wieder zu Hause zu sein. Ob man uns bereits erwartete?
Faras schien ebenfalls zu wissen, dass wir uns wieder im Waldlandreich befanden, denn er schien ganz genau zu wissen, wie es zu Thranduils Hallen ging. Ich hatte die Zügel locker gelassen und ließ meinen Blick über die Bäume, Büsche und Wurzeln schweifen.
Mit diesem Wald verband ich so einiges. Zum Beispiel meine ersten Schichten als Grenzwache, die Spaziergänge mit Aurelia oder meine alleinigen, die erste Begegnung mit Legolas. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen und ich ließ meinen Blick zu Legolas gleiten. Dort verharrte ich auch. Er schaute fast schon konzentriert nach vorne und beobachtete so wie ich zuvor die Natur um uns herum. Als er meinen Blick bemerkte, drehte er seinen Kopf zu mir und erwiderte mein Lächeln charmant. Dass er mein Herz dadurch in die Höhe springen ließ, erklärte sich wohl von selbst.
Nach und nach lichteten sich die Bäume und meine Ohren nahmen das Plätschern von Wasser wahr. Wir näherten uns dem Fluss, welcher mitten durch den Wald floss und über dessen Strömungen Thranduil eine Brücke bauen ließ, welche unmittelbar auf das große Tor von seinen Hallen zuführte. Als ich genau dieses blaue Tor zwischen den Bäumen erkennen konnte, grinste ich breit. Auf der Plattform vor dem Tor standen bereits einige Elben. Unter ihnen konnte ich doch tatsächlich Aurelia, Quinn, Taavi und Cyrian ausmachen. Auch Thranduil stand mit einem langen, blau-silbernen Gewand und gefaltenen Händen vor einer Säule und hatte seinen Blick auf uns gerichtet. Er schien etwas zu sagen, denn auf einmal drehten sich alle Köpfe zu uns. Ich trieb Faras freudig an und er trabte über die steinernde Brücke, wobei das Geräusch seiner Hufen auf dem Stein laut in meinen Ohren schallte. Kaum hielt er an, ließ ich mich auch schon von seinem Rücken gleiten und fand mich Sekunden später in einer stürmischen Umarmung von Aurelia wieder. Ihr vertrauter Geruch stieg mir in die Nase und ich schloss wohlig seufzend die Augen. Dann merkte ich wie sich weitere Arme um uns legten und sah lachend auf. Quinn, Taavi und Cyrian hatten sich dazu gesellt und ich wurde beinahe zerquetscht. Wir lösten uns wieder voneinander und Quinn fiel sofort Levin in die Arme, welcher gerade von seinem Pferd abstieg. Besorgt wurde er gemustert. "Das sieht schlimm aus, wie geht es dir?" fragte Quinn und warf einen besorgten Blick auf Levins Verband. "Es geht schon wieder. Fragt lieber mal Rénee, was sie durchmachen musste" erwiderte der Elb und die Blicke meiner Freunde lagen nun allesamt auf mir. Aurelias Augen weiteten sich. "Bei den Valar, wie konnte ich dein blaues Auge erst jetzt bemerken?" rief sie und trat geschockt näher an mich heran. Ich schmunzelte leicht und versuchte die stechenden Blicke der anderen auf mein Gesicht und meinen Hals zu ignorieren.
Bis Thranduils eisblaue Augen ebenfalls auf mir lagen.
Er und Legolas hatten sich umarmt, während ich meine Freunde begrüßt hatte und Thranduil hatte seinen Sohn stolz gemustert. Wieder war Legolas unversehrt und als Sieger von einer Schlacht zurückgekehrt.
"Was ist denn passiert?" fragte Thranduil mit zusammen gezogenen Augenbrauen und die Blicke meiner Freunde richteten sich ehrfürchtig auf den Elbenkönig. "Das werde ich dir später erzählen Ada. Ist eine lange Geschichte. Rénee will bestimmt erstmal ankommen, auspacken und mit ihren Freunden reden" ergriff Legolas das Wort und legte seinem Vater eine Hand auf die Schulter. Dieser nickte verständnisvoll.
Die Pferde wurden uns von Bediensteten abgenommen und in den Stall geführt. Währenddessen betraten wir wieder den Palast und Legolas und mein Weg trennte sich vorerst. "Sehen wir uns heute Abend?" fragte ich ihn mit einem Lächeln und er nickte. "Speist doch mit uns" ertönte auf einmal die Stimme Thranduils und ich richtete meinen Blick auf den König. Mit einem noch breiteren Lächeln stimmte ich seinem Angebot zu. "Vielen Dank mein Herr" sagte ich und Thranduil beugte leicht seinen Kopf. "Bis später nín elen" kam es leise von Legolas. Er beugte sich unvermittelt vor und vereinte unsere Lippen zu einem kurzen Kuss. Mein Herz begann in meiner Brust zu flattern, da ich es immernoch nicht gewohnt war, mich vor Legolas Vater so zu verhalten. Trotz allem genoss ich das Gefühl seiner Lippen auf meinen, auch wenn es nur kurz war. Ich sah Legolas und dem Waldelbenkönig noch für einen Moment hinterher, bevor ich mich zu meinen Freunden umdrehte. "Du hast uns einiges zu erzählen" sagte Aurelia mit einem Grinsen und packte entschlossen meinen Arm. Die anderen folgten uns in die Bibliothek, wobei Levin von Taavi und Cyrian gestützt wurde.
Dort begann ich von meiner kurzen Zeit als blinder Passagier zu erzählen, wie Levin mich entdeckt hatte und wie es letzendlich dazu kam, dass Legolas meine Anwesenheit bemerkte. Aurelia fand es besonders witzig, als ich von dem Bären erzählte und wie dieser auf mich losgegangen war. Ich erzählte von Minas Tirith und wie ich am Tag der Schlacht hinterrücks entführt wurde von Rhegar, dem Anführer der Ostlinge. "Und er hat dir das Veilchen verpasst?" fragte Cyrian und ich nickte zaghaft. Dass er mir ebenfalls noch in den Magen geschlagen hatte, ließ ich außer Acht. Der Schlag in mein Gesicht hatte mehr gesessen und die Schmerzen in meiner Magengegend hatten sich in Grenzen gehalten. Ich erzählte noch wie Rhegar mich als Druckmittel gegen Aragorn und Legolas eingesetzt, wie Arwen Rhegar von Minas Tirith aus erschossen hatte und wie es letzendlich doch zur Schlacht kam. Levin übernahm dann und erzählte noch ein paar Sachen über die Schlacht, wobei ich ebenfalls aufmerksam zuhörte.
"Irgendwie triffts immer dich. Legolas wird es mit dir als seine Geliebte niemals leicht haben" meinte Aurelia irgendwann mit einem frechen Grinsen an mich gerichtet, woraufhin ich ihr einen liebevollen Klaps auf den Hinterkopf gab. Es tat gut wieder mit meinen Freunden reden und Zeit verbringen zu können. Ich hatte sie wirklich vermisst.
Als Aurelia und ich auf dem Weg zu unserem Gemach waren, da ich mich noch vor dem Mittagessen waschen und umziehen wollte, warf sie mir einen kurzen Blick zu. "War Legolas sehr sauer auf dich?" fragte sie dann und ich fuhr mir durchs Haar. "Ja, er war schon enttäuscht und wir haben uns auch gestritten. Er konnte mir dann aber verzeihen" erwiderte ich und öffnete die Tür zu unserem Zimmer. Aurelia ließ sich sofort auf ihr Bett plumpsen und schaute mich mit einem vielsagendem Blick an. Ihre blauen Augen blitzten auf.
Ich seufzte, da ich mir bereits denken konnte, was sie jetzt fragen würde. "Hattet ihr danach Versöhnungssex?" ich verdrehte die Augen, griff nach frischer Kleidung und verschwand wortlos im Bad. "Das ist für mich Antwort genug!" kam es laut von der anderen Seite der Tür und ich konnte mir nun ein Grinsen nicht mehr verkneifen.
Aurelia hatte mir definitiv am meisten gefehlt.

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt