14. Erwischt ?

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Still stand ich mitten in dem deutlich kleineren Zimmer, welches als Legolas Ankleidezimmer und zur Aufbewahrung seiner Waffen diente. Ich hörte nur gedämpft durch die geschlossene Tür, wie er mit jemanden sprach. Ich sah mich mit einem kurzen Blick um und versteckte mich dann sicherheitshalber noch hinter einem kleinen Regal. Mein Blick war nun relativ beschränkt was das Zimmer anging, doch ich machte mir nichts draus. Wer auch immer dort draußen vor der Tür stand hatte definitiv mitbekommen, dass Legolas Damenbesuch hatte. Fragte sich nur, ob sowas öfter vorkam. Verbittert verzog ich das Gesicht und konnte nicht verhindern, dass ich die anderen Elbinnen, mit denen Legolas bereits das Bett geteilt hatte, zur Hölle wünschte. Ich selbst hatte natürlich auch schon meine Erfahrungen gemacht, doch für ein so langes Elbenleben hatte ich nicht besonders viele Verehrer gehabt. Leise wartete ich darauf, dass etwas passiert. Die Stimmen waren nicht mehr zu hören und auf einmal ging die Tür zu dem Zimmer auf. Ich wagte zuerst nicht, aus meinem Versteck hinaus zu treten, doch als Legolas meinen Namen sagte, schoss mein Kopf wie automatisch in die Höhe. Er lachte leicht, als er mich so da hocken sah und hielt mir seine Hand hin. "Wer war an der Tür?" fragte ich zaghaft und ließ mich von Legolas auf die Beine ziehen. "Mein Vater" erwiderte der Elb und ich riss die Augen erschrocken auf. "Warum passiert mir so etwas immer" maulte ich und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. "Keine Sorge, er hat mich nur gefragt, warum ich denn Nachts so vergnügt wäre und nicht schlafen würde" beruhigte mich Legolas und zog mich an der Hand in sein Gemach. "Er hat mich also nicht lachen gehört?" fragte ich nochmal und Legolas schüttelte den Kopf. "Darüber hat er kein Wort gelassen". Ich atmete leicht auf und ließ mich seufzend rücklings auf Legolas Bett fallen. Mir war es egal, was der Prinz nun von mir denken würde, diese weich aussehende Matratze hatte mir bereits beim ersten Anblick gefallen.
Der Abend war anders verlaufen als gedacht. Vor dem zu Bett gehen hatte ich jedenfalls nicht geplant, in Legolas Zimmer zu landen und beinahe vom König hochpersönlich bei einer Kissenschlacht erwischt zu werden.
"Ich finde es schön, dass du dich hier wohl fühlst" ertönte auf einmal Legolas Stimme unmittelbar über meinem Kopf und ich öffnete die Augen. Sein Gesicht schwebte verkehrt herum über meinem, nur wenige Zentimeter trennten unsere Nasen. Mein Atem überschlug sich, ebenso wie der Rhythmus meines Herzens. "Ich fühle mich allgemein sehr wohl in deiner Nähe" gab ich schließlich zu und Legolas grinste, seine Augen strahlten mit.
"Freust du dich auf die Spiele?" fragte ich und er nickte. "Besonders freue ich mich aber auf den Besuch meiner Freunde". Ich drehte mich auf den Bauch und schaute hoch in Legolas Gesicht. "Erzählst du mir von ihnen? Und von deiner Zeit als Gefährte?" fragte ich zaghaft und Legolas ließ sich mit dem Rücken voran gegen die Wand sinken.
Dann begann er zu erzählen. Er erzählte von Gimli, dem Zwerg und wie sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden entwickelte. Er erzählte, wie sie bei jeder Schlacht Orkstode zählten und am Ende um den Sieg wetteten. Dann erzählte er mir von Aragorn, welcher jetzt König von Gondor war. Ich wusste bereits einiges von Aragorn und kannte diesen auch persönlich, da er ja mit meiner Cousine vermählt war. Doch das verschwieg ich Legolas noch. Er erzählte mir die ganze Ringgeschichte in Kurzform und ließ dabei auch keine ihm wichtig erscheinende Details aus. Gebannt hing ich an seinen Lippen und lauschte seiner Stimme. Irgendwann erzählte Legolas dann auch etwas von seiner Familie und seinen kleinen Reisen, wobei meine Lider immer schwerer wurden. Nicht aus Langeweile, sondern weil ich durch Legolas Erzählungen und seiner warmen Stimme entspannter und somit auch müder wurde. Es war wie bei einer Gute-Nacht-Geschichte. Als Legolas meine Müdigkeit bemerkte, lächelte er sanft und fuhr mir vorsichtig durch das Haar. Plötzlich fing er an, eine Melodie zu Summen und ich schloss verträumt lächelnd die Augen. Noch nie hatte ich mich so geborgen gefühlt und selten war ich so gut und schnell eingeschlafen wie jetzt gerade.

Ich wurde am nächsten Morgen durch einen warmen Sonnenstrahl, welcher durch das Fenster genau auf mein Gesicht schien, wach und öffnete leicht blinzelnd die Augen. Orientierungslos huschten meine Augen durch das Zimmer, doch es war nicht meines. Ich riss die Augen auf, als mir die Geschehnisse der Nacht zurück in den Sinn kamen und setzte mich ruckartig auf. Mein Blick fiel neben mir auf das Bett, doch da war niemand. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Das hier war Legolas Zimmer und ich war hier eingeschlafen, doch wo war der Elb? Erst jetzt vernahm ich gedämpfte Geräusche hinter der Tür, welche zum Bad führte. Mit einer schnellen Bewegung war ich aus dem Bett geglitten und strich meine Kleidung glatt. Nachdenklich stand ich nun mitten im Zimmer und musterte abwechselnd die Tür des Bades und die Tür zum Gang hinaus. Ich wusste nicht, wie ich darüber denken sollte, dass ich hier bei Legolas, bei dem Prinzen, eingeschlafen war. Ich hatte gut geschlafen und mich seltsam vertraut und wohl neben Legolas gefühlt, doch wer wusste, was Legolas darüber dachte? Vielleicht hatte er die Nacht woanders verbracht oder war früher aufgestanden, um mir aus dem Weg zu gehen. Doch ich musste meine Gedanken nicht mal wenige sekunden später selbst verwerfen. Das Bett sah so aus, als hätte noch jemand auf der anderen Seite gelegen, da die Decke zerknittert war. Aus dem Bad ertönte das Geräusch von Wasser, also vollzog Legolas wahrscheinlich gerade nur seine morgendliche Routine. Ich seufzte auf und massierte mir die Schläfe. Plötzlich klopfte es und ich zuckte zusammen. Mist, was sollte ich denn jetzt machen? Das Wasser im Bad lief immernoch und ich stand ratlos im Zimmer herum. Wenn ich jetzt die Tür öffnen würde, könnte mich alles erwarten. Mit langsamen Schritten ging ich näher an die große Tür aus Holz zu und blieb schließlich vor ihr stehen. Genau in diesem Moment klopfte es erneut und eine weibliche Stimme ertönte: "Herr Legolas, ich wollte ihnen nur das bestellte Frühstück vorbei bringen". Die Stimme klang freundlich und ich stellte fest, dass es wohl die persönliche Bedienstete des Königs und des Prinzen sein musste. Etwas entspannter als vorher, öffnete ich schließlich die Tür. Vor mir stand eine etwas in die Jahre gekommene Elbin, welche mich aus ihren braunen Augen neugierig anblickte. Sie war unvergleichlich hübsch und erst jetzt fiel mein Blick auf das hölzerne Tablett, welches die Elbin auf ihren Armen trug. Sofort trat ich einen Schritt beiseite und sie ging an mir vorbei. Sie schien sich auszukennen, denn sie stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und drehte sich dann mit einem freudigen Lächeln zu mir herum. "Für euch hat der Herr also das Frühstück bestellt" irritiert verzog ich das Gesicht. "Für mich?" wiederholte ich fragend und sie lachte glockenhell. "Sonst frühstückt der Prinz schon früher als die Anderen Elben im Speisesaal" fuhr die Elbin fort und ich spürte, wie sich meine Wangen verfärbten. Legolas hatte extra für mich das Frühstück auf sein Zimmer bringen lassen? "Ich bin übrigens Loretta, ich denke wir werden uns noch öfter sehen" lächelte die Elbin nun und ich erwiderte ihr Lächeln, immernoch etwas baff. "Mein Name ist Rénee. Dankeschön, dass ihr das Frühstück hergebracht habt" sagte ich und sie lachte wieder. "Das war meine Aufgabe" zwinkerte sie und machte sich auf den Weg zur Tür hinaus. Im Gang drehte sie sich nochmal zu mir um und sagte mit gedämpfter Stimme und einem verschwörerischen Grinsen: "Der Prinz hat noch nie einer Frau Frühstück bestellt". Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand den Gang entlang. Ich stand immernoch wie erstarrt vor der geöffneten Tür und konnte nicht ganz begreifen, was die Elbin gerade gesagt hatte. Eine leichte Röte schmückte immernoch meine Wangen und ich wollte gerade die Tür schließen, als eine andere Tür im Zimmer aufging.

Rénee | LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt