Kapitel 8

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Daniel

Ich ziehe ihr das Messer so schnell es geht aus der Hand. In mir staut sich die Wut. Ich werfe das Messer mit voller Wucht an die Wand. Alle beobachten mich. Ich könnte das ganze Hotel niederschreien. Ich wage einen Blick zu Issy, den ich lieber nicht getan hätte. Traurigkeit und Verzweiflung werden tausendmal übertrumpft von Verrat. Sie wollte, dass ich sie töte. Ich sollte ihr ein Messer ins Herz rammen? Ich kann niemanden töten, geschweige denn eine Person, die mein Herz erobert hat. Was hat sie erwartet? Dass ich nach unseren Kuss, ein Messer nehme und sie auf Befehl aufschlitze. Ich knirsche mit meinen Zähnen. Ich will irgendetwas kaputt hauen. Nur was? Ich muss meine Wut und meinen Frust loswerden, bevor ich Issy anblicken kann. Ich kicke den Mülleimer der links von Gabriel steht mit voller Wucht, geschätzte fünf Meter weit. Gabriel wirft mir einen Blick zu. Mitgefühl. Es tut ihm leid, was gerade passiert ist. Ihm ist, genauso wie Issy und leider auch mir klargeworden, dass wir unter normalen Umständen nur durch ihren Tod frei kommen könnten. Doch das akzeptiere ich nicht als Ausweg. Es muss immer einen weitere Tür offen stehen, und wenn nicht, dann werden wir sie mit Gewalt aufbrechen. Ich lege meinen Kopf nach hinten, ich starre die hässliche Decke an. Einen Ausweg, wir brauchen ihn. Meine Gedanken und Überlegungen erstarren. Sie planen es. Sie planen ihren Tod. Das darf doch nicht wahr sein!
>> Spinnt ihr eigentlich? Sie umbringen? << schreie ich der planenden Menge zu. Sie blicken mich an.
>> Nur so eine Frage. Wieviel Menschen sind gestorben? Wie viele werden noch sterben, wenn wir sie nicht töten? Womöglich alle. Außerdem, hat sie dich darum gebeten, wenn du zu schwach bist, dann übernehmen wir das. << erklärt mir glaube ich ein 15-Jähriger. Natürlich ist er älter, aber er schaut so aus, als wäre er gerade mitten in der Pubertät. Ich würde ihm so gerne den Kopf durchrütteln. ich werde langsam nachhinten geleitet. Die anderen beachten mich nicht einmal. Ich will schon ausflippen, als Gabriel seine Finger auf seine Lippen legt. Leise sein. Ich nicke verwirrt. Er zieht mich bis zu nächsten Ecke. Dann beginnt er zu flüstern.
>> Sie ist weg. << Wer? Mir weicht die Farbe aus dem Gesicht. Sie ist weggelaufen! Sie wird sich umbringen. Das kann nicht gut ausgehen. Verdammt wieso haben wir nicht aufgepasst! Ich stöhne verzweifelt auf. Das darf nicht sein. Nein. Wir laufen in unser Zimmer. Schnappen uns Vorräte, genug für uns beide, damit die anderen keine Probleme haben, und Messer. Dann laufen wir weg. Sie merken, weder unsere noch Issy´ s Abwesenheit. Wir laufen so schnell wir können. Nur wohin? Aufteilen kommt auf keinen Fall in Frage. Niemals. Ich muss mich in sie hineinversetzen. Wird sie sich etwas antun? Nein, ich schätze nicht. Sie würde Jamie niemals so im Stich lassen. Wenn muss es durch eine andere Hand geschehen. Da ich mich geweigert habe, wird sie es dem Schicksal auftragen, ihren Mörder zu finden. Sie wird herumlaufen, ohne Plan in der Hoffnung erwischt zu werden, anderseits wird sie Angst haben. Sie wird ihr Leben passé laufen lassen. Sie wird um Vergebung beten, sie wird es übertreiben. Sie hat sich und ihren Bruder gerettet, nun ja, dazu musste ihr anderer Bruder sterben, aber sonst würde sie nicht leben. Sie trägt keine Schuld, meiner Meinung nach aber ich schätze sie auch, wie selten jemanden, Gabriel mitinbegriffen. Somit bleibt uns nur eine Möglichkeit, Issy zu finden, wir müssen dasselbe machen wie sie. Wie blinde Hühner herumlaufen. Nur wie und wohin? Ob sie das Stockwerk gewechselt hat? Sicher, sie weiß zwar, dass sie stirbt, aber sie wird sich noch etwas Zeit gewähren. Wir huschen in das vierte Stockwerk. Niemals hätte ich gedacht, dass es diese Reaktion auf etwas wirklich gibt. Immer dachte ich, dass der weit aufgerissene Mund beim Staunen nur in Comics und Serien vorhanden ist. Alles hätte ich verwettet, zu keiner Zeit hätte ich mir vorgestellt, wie ich diese bescheuerte Geste mache. Doch ich mache sie. Mir steht der Mund offen. Der vierte Stock ist ein reiner Albtraum. Hinter mir übergibt sich Gabriel. Ich drehe mich weg. Würde Issy, das hier betreten? Ich weiß es nicht und das macht mich fertig. Ich muss zwar nicht kotzen aber mir ist ungut. Keine Vorwarnung oder Ahnung, was uns hier erwartet. Wir müssen weiter. Die wichtige Frage ist nur, schaffen wir es im viertem Stock zu bleiben? Wir müssen es versuchen, eventuell hat sich Issy genau deswegen diesen Ort ausgesucht. >>Hey, Gabriel. Glaubst du, du hältst das hier aus? Wir beeilen uns auch.<< Gabriel hat keine Farbe mehr im Gesicht. Er nickt langsam.
>> Das bisschen Kotze wird die Atmosphäre da drinnen nicht mehr hinunterschrauben. << Es geht ihm gut. Er kann wieder Witze reißen. Ich reiche ihm eine Wasserflasche, er spült sich den Mund aus und nimmt danach ein paar Schlucke. Ich reiße die Tür auf und trete schnell ein, bevor es sich mein Körper anders überlegt. Gabriel scheint sehr bemüht, die Fassung zu bewahren. Ich mache es ihm gleich und blende alles aus. Die Wände, die offen stehenden Türen und vor allem den Boden, das ist das wichtigste überhaupt, wenn wir keine Kotz-Spur von der Tür zu uns führen wollen.
>> Ich schwöre es dir, wenn Issy hier freiwillig ist, und bleibt. Dann ist sie die neueste Definition eines mutigen Mannes. Glaub mir. << erklärt er. Ja. Ist sie hier? Ich hoffe es, obwohl die Umgebung recht unangenehm ist. Wir könnten doch nach ihr rufen! Nein, das würde sie erschrecken, selbst wenn sie unsere Stimme erkennt. Ich bin kein gläubiger Mensch, vielleicht aber Gabriel.
>> Gabriel, glaubst du an Gott? <<
>> Seit dem ich hier bin, ja. <<
>> Wieso das?<<
>> Da kann nur jemand uns eins auswischen wollen. << Ich kann seiner Erklärung nicht folgen.
>> Steht Gott nicht für Gutes im Leben? << frage ich nach.
>> Schon klar, aber es gibt seit dem wir hier sind eindeutig einen Teufel. Also muss es auch einen Gott geben. << Es macht ihm definitiv zu schaffen. Die ganze Situation hier.
>> Würde uns der Gott dann nicht helfen? << ich muss, dass verstehen, was er mir versucht zu erklären. Ich will es verstehen. Natürlich ist Gabriel niemand der sich gut mit der Religion auskennt.
>> Im Normalfall schon. Was aber, wenn Gott in derselben Situation ist wie wir? << Denkt er gerade, dass Gott hier und jetzt unter uns weilt und auch in einem Hotel festgehalten wird?
>> Ehm, Gabriel? << beginne ich. Nein. Ich erinnere mich, als ich ihn einmal voll betrunken erlebt habe und er mir erklären wollte wieso die Welt sich dreht, da übrigens war die äußerst plausible Erklärung, dass die Erde von einem riesigen Menschen, wie ein Kreisel gedreht wird. Damals war es so witzig, dass ich nachgefragt habe > Was aber, wenn dieser gigantische Mensch, die Erde als Murmel verwendet und unser Universum nur eine Ansammlung von bunter Murmeln ist? <, aus dieser recht erwachsenen und vollkommen albernen Diskussion bin ich vier Stunden nicht mehr hinaus gekommen. Dann habe ich ihn nach Hause gebracht wo ich erneut ein bisschen bleiben durfte um ihm meine Murmel-Theorie zu erläutern. Deswegen vermeide ich es, jetzt nachzuhaken. Lieber nicht, aber ich habe jetzt sehr abgeschweift was mich sehr ärgert.

Wir blicken uns an. Ein Schrei. Ein weiblicher. Bleibt nur offen. Wer? Wieso? Wo?

Stockwerk 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt