Kapitel 40

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Daniel

Die Suche nach Issy stellt sich deutlich schwieriger heraus als geplant. Ich meine ich habe nicht erwartet, dass sie mir wie letztes Mal in die Arme läuft. Dennoch erschüttert es mich, ich weiß, dass sie hier ist, ich weiß das Gabriel bei ihr ist und sie beschützen wird. Trotzdem muss ich sie sehen, ich muss sie einfach sehen. Wir haben beschlossen uns den Security Raum anzuschauen. Es scheint als erster Hinweis gar nicht so schlecht zu sein. Aber dafür müssen wir ihn erstmal finden. Dieses versteckten Raum zu finden… Jamie ist ein guter Junge, er liebt seine Schwester genau wie ich, dennoch merkt man ihm sein junges Alter an. Er ist ein praktisch ein Kind und wird hier auf die härteste Probe überhaupt gestellt. Er geht neben mir, gedankenversunken. Ich stupse ihn an. Er blickt mich an, seine Augen sind glasig und von der täglichen Tortur hier erschöpft.
>> Alles gut bei dir? <<
>> Wir sollten uns langsam mal Gedanken darüber machen, wie wir hier rauskommen. Ich meine, was wenn wir sie finden Issy und Gabriel und dann? << Ja was passiert dann? Ich habe keine Antwort auf diese Frage. Ich will sie aber haben. Ich möchte Issy finden und ihr einen wasserdichten Plan vorstellen mit 2 Zusatzplänen, falls es nicht klappen sollte. Dabei ist es so schwer einen einzigen vernünftigen Plan zu erstellen. Vielleicht sollten wir wirklich zuerst einen Plan schmieden, bevor wir weitersuchen? Nein! Ich muss sie finden, ich muss sie sehen, ich kann nicht klar denken, ohne sie. Sie ist doch mein Ein und alles geworden. Man kann doch nicht ernsthaft erwarten, dass ich mich nicht auf die Suche nach ihr mache. Ich meine, wir reden hier von meiner Issy. Die, die mir schon zwei Mal weggenommen wurde. Einfach so. Jedes Mal schmerzt und es nimmt kein Ende. Schmerzen zeigen einem, dass man am Leben ist. Nur was bringt es mir am Leben zu sein, wenn ich dieses Leben nicht mit ihr teile?
>> Du willst sie finden, bevor wir einen Plan haben. Das verstehe ich, sie ist ja meine Schwester und ich will sie auch wieder haben. Ich vermisse sie. Es ist so lange her, dass sie mit mir geredet hat. Mich ermahnt hat oder geärgert hat. Vor ein paar Tagen oder Wochen, hätte ich einen hohen Preis gezahlt um sie einen einzigen Tag loszuwerden. Doch nun verstehe ich wie kostbar solche Momente sind, aber diese Einsicht kommt natürlich zu spät. << Solche Worte von einem Jungen zu hören, ist recht gewöhnungsbedürftig.
>> Wir werden sie finden, dann kann sie dir einen Stundenlangen Vortrag halten, wie du aussiehst.<< sage ich und beginne herzhaft zu lachen. Er schaut auf seine verschmutzten Klamotten und steigt in das Gelächter mit ein. Wir gehen weiter und sehen endlich diese Tür. Diese verdammte Tür die wir die ganze Zeit suchen. Ohne Nachzudenken stürme ich in den Raum, der sich hinter der Tür mit der Aufschrift:“ Security Raum“ befindet. Die Enttäuschung ist relativ hoch, wenn man ein leeres Zimmer stürmt. Ich könnte losbrüllen. Wo ist sie?! Ich schnaufe. Ich biege links ab ins Badezimmer. Mein Augen fokussieren die rote Schrift an der perlweißen Wand. Langsam gehe ich zu ihr hin.
> Ich lebe. < steht hier. Issy. Sie hat mir eine Nachricht hinterlassen, aber die Nachricht ist alt. Älter als ihr zweites Verschwinden. Sie wurde hier festgehalten. Ich folge der schwer aussehenden Kette die im Boden verankert ist. Das erklärt ihre geschundenen Handgelenke. Arschlöcher! Sie haben sie gefesselt wie ein nutzloses Tier. Die Wut steigt in mir, sie brodelt und bald explodiere ich und bei Gott, wenn es soweit ist sollte sich niemand um mich herum bewegen. Niemand. Die einzige Person die diesen Hass zügeln könnte, wäre Issy. Aber sie ist so weit entfernt. So unantastbar. Hysterie packt mich und will nicht mehr von mir loslassen. Alles macht mich fertig bis Jamie mich ruft. Ich nehme meine Umgebung wie in einem Traum wahr. Was soll das? Ich schlürfe zu Jamie, er steht vor Unmengen an Bildschirmen. Da klebt ein Zettel > Auf Play drücken. < Wir schauen uns beide an. Wir sind beide wach. Jetzt. Ich drücke auf den Play-Knopf. Mein Herz rast. Issy ich sehe Issy  und Gabriel. Sie leben. Beide. Ich atme erleichtert auf. Doch was ist das? Issy beugt sich zu Gabriel rüber und…
Ich starre die Szene an. Ich weiß, dass ich sie sehe, aber dennoch  nehme ich sie nicht wahr. Mein Augen füllen sich mit Tränen. Das kann doch nicht wahr sein. Ich greife nach dem Bildschirm. Das Standbild, wie sich meine Freundin an meinem besten Freund wirft. Sie küsst ihn, so hat sie mich noch nie geküsst! Ihr Lippen bilden während des Kusses ein bezauberndes Lächeln. Sie liebt ihn… Sie liebt ihn. Sie liebt Gabriel. Mein Kopf sinkt auf meine Brust. Das darf doch nicht wahr sein. Habe ich mir das alles eingebildet. Mich packt ein Weinkrampf. Sie küsst Gabriel mit einer Leidenschaft, die ich nie zu spüre bekommen habe. Von wegen, sie liebt mich, dass ich nicht lache. Sie KÜSST Gabriel. Jamie versucht das Teil abzuschalten.
>> Lass es an << brülle ich. Ich will diesen Verrat sehen. Ich will sehen, wie mein „bester“ Freund sich an meine Liebe ranschmeißt. Wie er sie mir wegnimmt. Wie er sie mir entreißt. Ich dachte sie liebt mich. Wie konnte ich nur denken, dass sie mich liebt? Ich habe mich so getäuscht. Es tut weh. Es tut so weh. Ich will nicht mehr. Was lohnt es sich noch zu leben, wenn ich die zwei einzigen Personen gerade verloren habe, die mir alles bedeuteten! Ich kann mich gleich umbringen. Ich kann doch nicht ernsthaft geglaubt haben, dass diese Frau mich liebt. Die ganze Zeit. Die ganze verflixte Zeit war sie in ihn verliebt. Wieso? Wieso um Himmels willen tut sie mir das an. Wieso bricht sie mir mein Herz. Sie reißt es hinaus und wirft es in den Müll. Ich habe meine Liebe verloren und meine Würde. Was habe ich noch lebenswertes? Jamie. Nein, Issy wollte, dass ich mich um ihn kümmere. Das kann sie sich abschminken. Mir Liebe vorgaukeln. Mir ins Gesicht sagen, dass sie mich liebt. Mir sagen, dass ich ihr ein und alles bin und hintenherum dann mit meinen ehemaligen besten Freund rummachen. Ich lege mich hin. Was ist wenn ich loslasse? Von dieser beschissenen Welt. Niemand, niemand würde sich darum kümmern, wenn ich tot wäre. Keine Träne würde wegen mir vergossen werden. Nicht einmal Trauer werde ich bekommen. Soll ich auf einer Welt weiterleben, die mich nicht will. Die ich nicht will? Niemand ist hier der mich mag, geschweige denn liebt. Ich habe niemanden und die Personen die ich glaubte zu haben, haben mir mehrmals eine Messer in den Rücken gerammt. Sie haben mich um meiner Selbst beraubt. Sie haben sich alles genommen und was übrig bleibt, ist ein wahrer Niemand. Eine Person die es nie wert sein wird geliebt zu werden. Eine Person die nie, Liebe widerfahren wird. Eine Person, die näher dem Tod als dem Leben ist.

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