Stockwerk 5

Kapitel 19

Letzte Nacht

Issy

Ich wache kotzend auf. Ich übergebe mich. Mein ganzer Körper bebt ich zittere und weine.  Als ich endlich eine kleine Pause habe, steckt mir wer die Finger in den Mund und alles beginnt von vorne. Wie konnte er mich nur finden? Wie ist das möglich? Irgendwann, beruhigt sich mein Körper.
>> Daniel, wie hast du mich gefunden? << huste ich, während ich mich umdrehe. Doch ich blicke nicht zu Daniel auf sondern zu einem fremden Mann. Ich bekomme Panik. Was will er und wieso hat er mich gerettet? Ich weiche zurück. Er blickt mich misstrauisch an und wäscht sich die Hände gerade. Verdammt was passiert hier? Er kommt auf mich zu. Ich weiche so gut es geht zurück. Doch es hat keinen Sinn, denn schnell spüre ich die Wand in meinem Rücken. Er packt mein Kinn und drückt so fest. Das ich meinen Puls fühle.
>> Hast du wirklich gedacht, das Katrin dich sterben lässt? Einfach so, weil du es willst? << er lacht bitter. Oh, nein. Ein Handlanger von Katrin. Ich bin verloren.
>> War es nicht genau das, was sie wollte? << antworte ich. Er schüttelt verächtlich den Kopf.
>> Es ist dein Pech, jetzt wirst du zusehen wie dein geliebter Daniel und dein Bruder stirbt. Und ich? Ich habe die Erlaubnis alles mit dir zu machen. Alles wonach mir ist. << er lacht mich an. Ich sehe seine gelblichen Zähne. Ich will hier weg! Ich will nicht das er mir was an tut. Er soll verschwinden. Er packt mein Handgelenk und schnallt es an eine Kette. Die Kette ist viel zu eng, an meinem Handgelenk. Ich halte mir das pulsierende Handgelenk mit meiner anderen Hand. Die Kette führt zu einem in den Boden gerammtes Loch. Einbetoniert. Verdammt! Er folgt meinen Blicken.
>> Vergiss es Sonnenschein, hier gibt es nur einen Weg hinaus und das ist die Hintertür in der ich die Leichen wegschaffe. << sein Lachen bleibt ihm im Hals stecken. Sie ist da. Katrin. Ich blicke auf den Boden. Sie kommt näher, zu nah. Dann geht sie in die Hocke. Mit ihrer rauen Hand hebt sie mein Kinn.
>> Du dachtest ich lasse dich sterben. Du bist doch meine Verwandte, sowas tue ich dir nicht an. Nicht, so wie du es mir angetan hast. Dein Bruder weißt du noch? << sie wird mit jeder Silbe lauter. Bis sie ihre Stimme wieder findet vergehen lediglich ein paar Sekunden.
>> Was hast du gedacht was passiert, wenn du ihn die Treppe hinunterhaust? Hah! Ich rede mir dir! Antworte! << ich blicke in ihre dunkelbraunen Augen, vermischt mit der Wut die sie gerade fühlt, scheinen sie pechschwarz zu sein. Was ich mir gedacht habe?
>> Ich wollte ihn nicht umbringen. Wirklich nicht. Ich konnte einfach nicht mehr. Er hat gedroht, Jamie zu schlagen! Er hat dich geschlagen. << gebe ich leise von mir.
>> Das hat er nicht! Das ist eine Lüge. Nimm das sofort zurück! <<
>> Nein. << sie klatscht mir eine. Meine linke Wange brennt. Ein Volltreffer. Ich kneife meine Augen zu. Sie ohrfeigt mich gleich nochmal. Nun gleicht es sich aus. Beide Backen fühlen sich an, als hätten sie Feuer gefangen. Jetzt merke ich, ich komme hier nicht mehr lebend heraus. Nie wieder. Also was soll ich jetzt herumheucheln?
>> Dann erklär mir mal deine Narbe auf deinem Bauch? Was war das? Mein Bruder und dein Mann! Er hat dich vergewaltigt! << spreche ich schon etwas lauter. Sie wird wütend. Richtig wütend. Aber dann fängt sie sich wieder und beginnt zu lachen. Sie schaut zu dem Mann.
>> Chris! Erledige das für mich. << Ich verstehe Bahnhof. Ich frage sie was das alles soll.
>> Du hast doch gar keine Ahnung was eine Vergewaltigung ist, aber Chris wird es dir schon noch zeigen. << sie lächelt mich an. NEIN. Das kann doch nicht ihr Ernst sein? Was soll das! Sie geht und ich werde mit diesem Chris alleine gelassen. Nein bitte nicht. Er soll mich nicht berühren. Niemals!
>> Keine Angst Sonnenschein. Heute nicht. Ich bin dir heute schon, für meinen Geschmack zu nah gekommen.  << er schenkt mir ein Zahnpasta-Lächeln.  Niemals nicht heute und auch nicht morgen. Ich muss hier raus! Er dreht das Licht ab und geht. Ich sitze im Stockdunklem. Alleine. Das Adrenalin pumpt durch meinen Körper. Reicht es ihr nicht, dass ich meinen eigenen Bruder auf dem Gewissen habe? Ist das zu wenig Schmerz und Last? Ich verstehe sie nicht. Ich muss mich von den Fesseln befreien. Sofort! Sonst werde ich noch verrückt. Aber so richtig, nicht wie die Leute im fünften Stock. Ich reiße an meiner Fessel doch das bringt mir nur Höllenschmerzen. Wie komme ich hier nur raus? Wie nur? Fast hätte ich es vergessen. Was ist mit Jamie und Daniel? Wo sind sie? Hat Daniel Jamie gefunden? Was ist passiert. Weiß er dass ich lebe? Vermutlich nicht. Woher denn? Ich habe mich nicht verabschiedet und er gibt sich, wie ich ihn kenne, die Schuld dafür. Das darf er aber nicht. Es war meine Entscheidung. Meine Fehlentscheidung. Anscheinend bin ich auch noch zu dumm dafür mich selber umzubringen. Dabei hat es sich schon wie ein echtes Ende angefühlt. Als wäre alles vorbei. Ich hatte das Gefühl, dass mir die Last davonfliegt. Nun liegt sie noch schwerer auf mir, als je zuvor. Dieser Chris wird mich anfassen! Ich kann nichts dagegen tun. Ich werde hier zusehen müssen wie mein Daniel stirbt. Wie er sich die Schuld gibt, an meinem angeblichen Tod. Das kann ich nicht, dann werde ich … Ja das ist es! Wenn ich verrückt bin und ihm weh tue. Dann wird er mich nicht anfassen. Er wird es behaupten. Nur wie werde ich überzeugend verrückt? Er muss vor mir Angst haben. Denk nach! Ok.  1. Behaupten irgendeine Persönlichkeit zu sein. 2. Komische Laute von sich geben. 3. Unkontrolliert lachen. Das wird schon. Ganz sicher. Nur wo bin ich? Nicht in dem Badezimmer wo ich war. Er hat mich woanders hingebracht. Ich kann mich nicht erinnern ob ich hier gekotzt habe oder schon im anderen Badezimmer. Wann ist Katrin gekommen? Ich weiß es nicht! Oh nein. Was passiert nur mit meinem Gedächtnis? Was wird das? Wieso kann ich mich nicht erinnern und wieso bin ich so verdammt verwirrt? Verliere ich schon meinen Verstand?