Daniel
Wir lauschen den nicht vorhandenen Geräuschen. Ein kleiner Mucks und wir würden sofort erstarren. Wir rechnen damit jeden Moment, überfallen zu werden. Keiner von uns beiden verliert ein Wort. Ich denke über alles hier nach. Kann man sich eigentlich ausweinen? Das man keine einzige Träne mehr verfließen kann, auch wenn man es so gerne möchte? Ich möchte es. Es befreit einen. Doch ich kann nicht, nicht mehr. Wir wissen nicht einmal wie dieser Samariter aussieht. Das wird noch ein Problem. Aber eines nach dem anderen. Wir gehen weiter in den sechsten Stock. Bitte lass es ein ganz normaler Stock sein. Ohne Leichen, Irren und zerquetschten Augen. Das wäre echt nett. Aber Nettigkeit hier zu erwarten ist mehr als naiv. Wir haben wirklich Glück. Auf den ersten Blick keine schlimmen Sachen. Ich bleibe in der Tür stehen und Gabriel soll sich schnell umschauen. Ist hier Paranoia unangebracht? Nein, ich denke nicht. Letztes Mal wurden wir ja so eingesperrt. Ok. Gabriel verschwindet aus meinem Blickfeld. Es dauert echt lange. Keine Mucks von ihm. Dann ist es mir egal, ob wir eingesperrt werden. Ich mache mir Sorgen um Gabriel. Was, wenn ihm etwas passiert ist? Wenn er auch weg ist, einfach so. Wie Issy. Nein. Ich schleiche so leise es geht an die Stelle wo er das letzte Mal gestanden ist. Nichts. Ich gehe weiter. Meine linke Hand umgreift das Messer. Ich hoffe ich brauche es nicht. Bitte nicht. Gabriel wo bist du? Ich werde nicht nach ihm rufen. Das ist dumm. Ich biege bei der nächsten Abzweigung links ab. Vorsichtig und mit dem Messer voraus gehe ich weiter. Niemand hier. Nicht einmal Gabriel. Verdammt! Wo ist er? Ich habe echt Zweifel, dass ich ihn wieder finde. Verdammt. Ein Geräusch hinter mir. Ich reiße meinen Kopf nach links. Kein Gabriel! Ich laufe los. So ein Mist. Der Typ folgt mir fluchend. Es ärgert ihn entweder, das seine Tarnung geflogen ist oder dass er laufen muss. Ich düse einfach an allen Türen vorbei. Ich höre ihn hinter mir. Er ruft nach Leuten. Maly! Ben! Lukas! Er ruft nach Verstärkung. So ein riesen großer Mist. Ich bekomme Seitenstechen. Wie kann es sein, dass ich in der Schule 15 Minuten durchlaufen konnte und jetzt nach 3 Minuten am Sterben bin? Weil die Schule rund zwei Jahre her ist. Argh, falls ich rauskommen sollte mache ich mehr Sport! Er holt langsam auf. Ich müsste wissen wie nah er ist. Ich könnte ganz plötzlich nach links springen und er läuft für eine kurze Zeit weiter. Aber wie nah ist er? Ich blicke schnell nach hinten, was mich natürlich langsamer macht. Extrem nah! Ich blicke wieder nach vorne und sehe entweder Maly, Ben oder Lukas ich springe ohne zu denken nach rechts. Der Verfolger läuft wirklich ein bisschen weiter, ich mache kehrt. Vielleicht sollte ich mal nach Gabriel rufen.
>> Gabriel! Verdammt wo steckst du? << brülle ich in den Gang. Mir geht langsam echt die Puste aus. Weiter laufen. Du musst noch Jamie finden. Und Katrin killen! Ich biege scharf rechts ab. Nein! Ein Typ hält Gabriel ein Messer an die Kehle. Ich bleibe sofort stehen und werfe mein Messer langsam auf den Boden fallen und hebe meine Hände, dass sie sehen können, dass ich keine Waffe habe. Ich blicke zu Gabriel. Es tut ihm leid.
>> Es ist egal. Gabriel sie hätten mich sowieso bald gekriegt. << es scheint ihn nicht gerade zu beruhigen. Trotzdem macht er ein kleines Nicken, was ihm halt dank dem Messer nicht gerade gut gelingt. Ich hebe meine Hände noch höher in die Luft. Werden sie uns sofort umbringen? Nein. Jemand packt meinen rechten Arm unsanft hinunter und dann meinen linken sie binden mir die Arme zu. Ich stöhne kurz auf. Sie führen uns zu einem Zimmer. Niemand ist dort, aber wir können sowieso nichts machen. Wir sind gefesselt.
>> Es tut mir so leid. Daniel. << nuschelt Gabriel.
>> Wir wären sowieso bald gestorben. Hoffen wir nur, dass sie es schnell machen. <<Ich merke nicht wie die Zeit vergeht. Ich kann keine Sekunde, Minute, Stunde oder Tag definieren. Alles wird eintönig und langweilig. Nichts ergibt mehr Sinn. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass seit unserer Gefangenschaft lediglich ein paar Minuten vergangen sind, kommen es mir wie endlose Jahre vor. Dann geht die Tür auf. Jemand kommt hinein. Er dreht das Licht auf. Ich blicke ihn nicht an. Nein ich weigere mich. Ich schaue ihm nicht in die Augen, wenn er mich umbringt.
>> So, ihr seid also noch ein paar Überlebende. Wie viele gibt es noch von euch? <<
>> Rund 12. << spricht Gabriel zu ihm.
>> Ok und wo sind sie? <<
>> Im Fünften Stock. << Gabriel übernimmt das Antworten. Innerlich danke ich ihm dafür. Der Typ lacht. Als hätte Gabriel den größten Blödsinn überhaupt von sich gegeben.
>> Stock 5 ist zu gesperrt. Unmöglich. <<
>> Tja, wir waren drinnen und sei froh, dass du nicht dort warst. Katrin hat uns Verrückte dort gelassen und die Türen versperrt. << Er ist verwirrt.
>> Katrin? << er stutzt.
>> Ja, die Schwägerin von Iss… << weiter kommt er nicht. Der Junge unterbricht ihn.
>> Du kennst Issy?! Wo ist sie? << Jamie.
Verdammt noch mal. Es ist Jamie. Nun blicke ich zu ihm hoch. Erneut mit Tränen in den Augen er erkennt mich sofort. Und ich ihn auch. Ich habe ihn gefunden. Gabriel versteht und sagt ihm, dass er den Zettel aus meiner rechten Hosentasche holen soll. Ich weigere mich. Das sind ihre letzten Worte. Ich will sie behalten! Ich kann protestieren so viel ich will, aber mit gefesselten Händen kann ich nicht viel ausrichten. Er liest ihn durch. Dann lässt er sich auf den Boden nieder.
>> Wo ist sie? << brüllt er. Diese Frage bringt mich zum Schluchzen. Er blickt mich an. Er richtet mein Kinn hoch. Er beobachtet mein Gesicht und meine Bewegung genau.
>> Bist du dieser Daniel? << während er fragt schaut er noch einmal auf den Zettel. Ich nicke.
>> Ist sie… ist sie tot? << fragt er zögernd. Ich nicke langsam. Er kniet sich hin und beginnt zu schluchzen. Ich kann ihn verstehen.
>> Erklär mir nur eines! Wieso hatte sie Zeit einen Abschiedsbrief zu schreiben?! <<
Ich kann diese Worte nicht aussprechen. Ein Blick zu Gabriel und er versteht.
>> Sie hat sich selber umgebracht. << erklärt er. Jamie starrt ihn Ewigkeiten an, als könne er das nicht glauben. Dann schließt er seine Augen und presst seine Lippen aufeinander.
>> Und du bist schuld! Daniel. Habe ich Recht? << dabei drückt er mir die Klinge an den Hals.
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Stockwerk 5
HorrorEs sind 50 Entführungsopfer, zwei Gruppen, eine sadistische Psychopatin und ein Wettlauf ums Überleben. Die zwei Gruppen werden auf die Probe gestellt. Wer kann seine Menschlichkeit abschalten und helfen eine geliebte Person zu töten? Wer ist dazu i...