Kapitel 20

4.7K 281 3
                                    

Daniel

Trage ich die Schuld? Ja. Gebe ich mir die Schuld? Ja. Habe ich den Tod verdient? Ja. Werde ich jemals ein schönes und erfülltes Leben ohne Issy führen können? Nein. Dafür ist die Bindung zu stark. Niemals könnte ein Moment vergehen, in der mein ganzer Körper und mein ganzer Verstand sich nicht nach Issy sehnt. Er soll es tun. Dann bin ich vielleicht bei Issy. Könnten wir dann zusammen sein? Diese Hölle hinter uns lassen? Nur wenn es ein Leben nach dem Tod gibt. Es muss einfach.
>> Mach es bitte. Ich bin schuld, Jamie. Ich konnte sie nicht beschützen. Sie hatte Angst und ist der selbstloseste Mensch den ich kenne, sie hat es nur für uns getan. Ich hätte sie aufhalten können, hätte ich gemerkt was sie vor hat. Das habe ich aber nicht, also verdiene ich es. << ich kämpfe gegen die Tränen. Ich sehe ihn auffordernd an. Er wirft das Messer an die Wand.
>> Du hast sie wirklich geliebt, oder? << fragt er schluchzend.
>> Nein. Ich liebe sie noch immer. Ich habe es noch immer nicht realisiert, dass sie nie wieder bei mir sein wird. Sie war ein so guter Mensch. Jamie, wir müssen Katrin umbringen. Sie muss büßen. <<
>> Ja, wir müssen den Leichenwagen abpassen, dann haben wir eine Chance. << Leichenwagen?
>> Welcher Leichenwagen? << Noch etwas, wofür ich und Gabriel einfach zu blind waren, es zu merken.  Wovon könnte er nur reden?
>> Da ist so ein Typ, der immer die Leichen wegschafft und uns mit Essen versorgt. Wir sind ihn nie angegangen, weil er uns eben mit Lebensmitteln versorgt. << Ahhh. Der Samariter. Ok. Ja.
>> Du hast Recht er ist wichtig, wenn wir ihn überfallen sollten wir Schlüssel bekommen oder so.<<
>> Ne, das wird nichts. Katrin öffnet die Türen für ihn. <<
>> Und, wenn wir androhen ihn zu töten? << schlägt Gabriel vor.
>> Wird auch nichts, sein Leben ist ihr gänzlich egal, sonst wäre er ja nicht hier. <<
>> Und was bringt es uns? Ihn zu folgen? Ihn zu überfallen? << frage ich.
>> Das kann ich dir noch nicht sagen. Wir haben ja noch Zeit bis dahin. Mindestens ein Tag. <<
>> Ach, glaubst du dass Daniel und ich noch viel Zeit haben? Ich meine wir sind gefesselt und sind dem Tod verdammt nah gekommen. << er überlegt, hier merkt man wieder wie jung er doch noch ist. Das ganze lässt ihn einige Jahre älter wirken. Es setzt ihm nicht nur zu, er musste auch in kurzer Zeit lernen ohne Issy alleine zu handeln. Menschen umzubringen. Mein Gott, ich dachte ich hätte Probleme. Er ist ja noch fast ein Kind! Was Katrin ihm, generell allen hier zumutet, einfach nur grausam. Kinder von ihrer Familie trennen und sie zum Töten bringen. Widerlich ist das. Versteht er um welche Katrin es sich handelt? Hat er es verdrängt oder überdeckt die Trauer um Issy jedes Verständnisvermögen? Vermutlich. Ich sollte es ihm sagen.
>> Jamie, weißt du um welche Katrin es sich handelt? << frage ich vorsichtig. Er schaut mich an und wird blass. Jetzt versteht er es, sicher. Oder auch nicht?
>> Sollte ich sie leicht kennen? Ich dachte ihr nennt sie Katrin so wie wir den Typen Leichenwagen nennen. Wer ist sie? << er wird ungeduldig. Oh. Er kann sich nicht erinnern.
>> Sie ist deine Schwägerin. Die Frau deines Bruders. << kommt mir Gabriel zu vor. Taktgefühl ist noch immer ein Fremdwort für ihn. Nun ist Jamie verwirrt er denkt nach und dann kommt langsam aber sicher die Einsicht, die alle Sichtweisen ändert.
>> Was? Katrin. Oh mein Gott, du hast recht, sie hieß auch Katrin. Aber wieso sollte sie uns das antun? << das ist eine gute Frage. Weil sie nicht mit dem Tod ihres Mannes klar kommt.
>> Dein Bruder, hat Issy geschlagen und hat damit gedroht dich auch zu schlagen. Issy hat ihn die Treppe hinuntergeschupst, dann seid ihr geflohen. Doch dein Bruder hat den Sturz nicht überlebt. Jetzt macht Katrin auf euch Jagd. Auf dich. << korrigiere ich mich. Issy, ist kein Hindernis mehr für Katrin. Er massiert sich die Schläfen. Während er das alles verarbeitet überlegt er, wie das alles stimmen kann. Es stimmt. Katrin ist das Böse, persönlich.
>> Er. Er hat sie geschlagen? << seine Augenbrauen gehen in die Höhe. Er versteht es nicht.
>> Ja. <<
>> Ich verstehe das nicht. Wo war ich da? Wieso habe ich das nicht gemerkt? Das mein eigener Bruder meine Schwester schlägt. Wie konnte mir das entgehen!? << seine hysterische Stimme unterbricht so schlagartig die kurze Stille, die sich breitgemacht hat.  Er kaut auf seine Unterlippe.
>> Du darfst dir doch nicht die Schuld geben. << beruhige ich ihn.
>> Ach, denkst du das? Ich verstehe erst jetzt, dass meine Schwägerin meine  Schwester in den Selbstmord getrieben hat. Dass meine Issabell, meine Schwester, die beste auf der ganzen Welt, mich aus den Klauen eines brutalen Mannes geholt hat, und sich mit mir ein neues Leben aufgebaut hat. Sie hat ihr ganzes Leben, ihre Zukunft für mich aufgegeben. In unsere Heimatstadt hatte sie alles. Einen Job, Freunde und Spaß. Alles hat sie aufgegeben, für mich. << er schüttelt weinend den Kopf.
>> Und dann? Landen wir in der Hölle überhaupt und sie? Sie bringt sich selber um, dass wir eine Chance haben, hier rauszukommen. Ich war so blind. Ich habe nie gemerkt, was da vor sich ging. Sie schon, und sie hat es gleich selber in die Hand genommen. Ohne sie, hätte mein Leben anders ausgesehen. Brutaler und herzlos. Ich dummer Hund, merke es nicht, geschweige denn habe ich mich je bedankt. Jetzt ist sie tot, und ich trage genauso Schuld wie Katrin. << Seine Nerven drehen durch.
>> Jamie, du trägst keine Schuld! Die einzige Person die an dem Ganzen in irgendeiner Weiße Schuld trägt, ist Katrin! << und ich, füge ich in meinen Gedanken dazu. Er darf sich doch keine Schuld geben. Ich hatte ihm die Schuld gegeben. Ich war ein Idiot, wenn ich dachte, dass ein Junge, dass alles schon versteht. Er hatte keinerlei Ahnung, was passiert war. Wie konnte ich ihm nur für eine Sekunde die Schuld geben? Wie egoistisch ist das? Er steht so plötzlich auf. Er schneidet mir die Fesseln durch. Dann gibt er mir das Messer. Was hat er vor?
>> Mach ihn frei, ich gehe hinaus und hole meine Sachen, wir treffen uns im Stiegenhaus. Beeilt euch und dreht nicht um. Wenn ich nicht in ca. 10 Minuten da bin, dann geht in den siebten Stock und versteckt euch. Ich finde euch schon irgendwie.  << wie reif und schnell er reagiert. Gabriel und ich, legen unser Leben, in die Hände eines Jungen. Aber es ist ok, denn er will dasselbe wie wir. Rache.

Stockwerk 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt