Pov. Julian
„Ja?", fragte ich in den Hörer, wobei meine Stimme etwas höher klang als normalerweise.
„Hey Jule."
„Hey", kurz herrschte eine unangenehme Stimme, bevor Kai weiter sprach.
„Ist Jannis schon zu Hause?"
„Ja, ist er."
„Also denke ich mal an du weisst warum ich anrufe?", erneut bestätigte ich Kais Annahme.
Wieder schwiegen wir kurz. Ich erhob mich von meinem Bett, und begann nervös in meinem Zimmer auf und ab zu laufen, während Kai weiter sprach. „Ist es für dich denn wichtig, dass es eine Bezeichnung dafür gibt, was wir gerade für einander sind, oder wie wir an den Weihnachtsball gehen?", stellte mir Kai auch schon die erste Frage, die ich nicht beantworten konnte.
„I-Ich weiss nicht.", begann ich leicht stotternd in mein Handy zu nuscheln und konnte Kai schliesslich seufzen hören.
„Weisst du Julian, ich habe selber keine Ahnung, das das alles zwischen uns ist. Ich weiss nicht, wie es weiter geht, oder was daraus werden wird, aber ich weiss dass es mir gefällt wie es ist. Obwohl ich dich schon so lange kennen und wir so viele schöne gemeinsame Erlebnisse haben, find ich die Zeit gerade so wundervoll, wie noch nie.", ich spürte, wie sich gegen meinen Willen einige Tränen in meine Augen schlichen. Manchmal fragte ich mich, wie Kai es schaffte jegliche Lage mit den absolut perfekt passenden Worten zu beschreiben, während ich oft schon bei einfacheren Themen nur gestotterte Satzteile herausbrachte.
Mittlerweile war ich stehen geblieben, nahm mir ein Taschentuch aus der Verpackung, die auf Jannis Nachttisch lag und wischte mir damit die Tränen von der Wange, während ich Kai weiter zuhörte, froh darüber gerade noch nicht selbst sprechen zu müssen.
„Für mich ist nur wichtig, dass du die Zeit ebenso geniessen kannst wie ich. Wenn für dich also wichtig ist, dass wir unsere Beziehung unter einem bestimmten Wort einordnen, ist das für mich vollkommen in Ordnung und wir können gerne darüber reden. Fühl dich aber nicht unter Druck gesetzt, nur weil dich jemand fragt, in welchem Verhältnis wir zueinander stehen. Das ist einzig und allein unsere Sache, okay?", wieder schwiegen wir beide, während ich überlegte, was genau ich denn überhaupt wollte. Diesmal war die Stille aber alles andere als unangenehm, ich merkte, dass es Kai wichtig war zu wissen wie ich mich fühlte und um dies zu erfahren, um zu wissen, dass ich mich damit wohl fühlte, auch die ganze Nacht gewartet hätte.
„Nein, ich war mir nicht sicher, ich meine...wir haben das nicht geklärt und-", und schon wieder brachte ich keinen normalen Satz raus. Ich probierte die Worte in meinem Kopf zu ordnen, ihm alles so mitzuteilen, wie ich es fühlte. Doch wie bereits erwähnt war ich, was es betraf mich verständlich auszudrücken, nicht unbedingt der talentierteste.
Dementsprechend froh darüber war ich, dass Kai mir zu Hilfe kam: „Das heisst, du bist einverstanden damit, es so zu belassen, und abzuwarten, wie sich alles entwickelt oder?", ich konnte an seiner Stimme deutlich hören, wie er gerade grinste.
Auch mein Blick wurde wieder fröhlicher. Kai verstand mich eben, selbst wenn es nur wirr aneinander gereihte Worte waren, wusste er was ich damit sagen wollte.
„Ja, genau das wollte ich sagen.", bestätigte ich lächelnd und liess mich wieder auf mein Bett sinken, in die Position, in der unser Telefonat heute begonnen hatte.
„Julian?"
„Ja?"
„Beim nächsten Mal kannst du mich einfach gleich fragen, dann wären dir die ganzen Sorgen erspart geblieben.", obwohl ich immer noch hörte, dass er lächelte, war mir die Situation leicht unangenehm und ich konnte spüren, wie meine Wangen rot anliefen.
„Ja, ich weiss es wäre besser gewesen, aber ach ich weiss auch nicht."
„Alles gut Julian, mach dir keine Sorgen, ich will nur nicht, dass du dich wegen solchen Dingen so verrückt machst.", er wurde ernst, „Julian, ich freue mich echt mit dir dahin zu gehen."
„Ich freue mich auch Kai.", auf einmal fiel mir etwas ein, „Was ziehst du eigentlich an?", fragte ich neugierig, doch Kais Antwort konnte meine Neugier nicht befriedigen: „Lass dich überraschen.", ich hatte das Gefühl, selbst durchs Telefon feststellen zu können, dass er mir gerade zugezwinkert hatte.
„Das ist gemein", beschwerte ich mich, „erst sagst du ich soll dich beim nächsten Mal direkt fragen und wenn ich dich dann frage, sagst du es mir nicht."
„Ja, ich habe gesagt du sollst mich fragen, davon dass ich die Fragen auch immer beantworte habe ich nichts gesagt."
Eine ganze Zeit lang telefonierten wir noch weiter, bis Jannis an der Zimmertürklopfte. Erst jetzt fiel mir auf, wie lange Kai und ich schon telefonierten und Jannis nicht in unser Zimmer konnte.
„Warte kurz Kai", sprach ich in den Hörer, bevor ich mein Handy kurz vom Ohr nahm und Jannis zurief, dass wir gleich fertig seien und er in ein paar Minuten reinkommen könne.
„Na dann", begann Kai, der meine Worte gehört hatte schliesslich, „müssen wir unser Gespräch wohl beenden."
Ich nickte: „Ja, ich kann Jannis wohl nicht ewig nicht in unser Zimmer lassen .", Kai lachte.
„Gute Nacht, schlaf gut.", verabschiedete sich Kai.
„Du auch."
Gerade als ich mich endgültig verabschieden wollte, begann Kai wieder zu sprechen: „Ich hab dich lieb Jule.", mich geschmeichelt fühlend begann ich zu lächeln, während ich etwas rot anlief.
„Ich dich auch Kai.", sagte ich schliesslich leise, bevor wir beide auflegten.
Kurz darauf betrat Jannis das Zimmer. „Wow, das Gespräch muss ja gut abgelaufen sein", murmelte ich, während er mich musterte.
„Woher willst du das wissen?", fragte ich, ohne ihn anzusehen. Mein Blick war gerade mit etwas völlig anderem beschäftigt, und zwar damit, das auf meinem Nachttisch stehende Bild von Kai und mir anzustarren.
„Weil du grinst wie ein bekloppter und völlig verknallt dieses Bild anstarrst zum Beispiel", begründete Jannis seine Aussage lachend.
Ich hörte ihm aber bereits nicht mehr zu. Viel zu beschäftigt war ich damit an Kai zu denken.
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Danke fürs Lesen und ein schönes Wochenende. 💕
Und vielen, vielen Dank für 3k Reads.
(Ich weiss, ich veröffentliche die Kapitel im Moment immer zu komischen Uhrzeiten, aber irgendwie bin ich abends/nachts immer am motiviertesten zu schreiben😅)
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Bravertz~Why is it so hard to say?
FanfictionWarum muss immer alles so kompliziert sein? Obwohl der 16 jährige Julian weiss, wie tolerant seine Familie und Freunde sind, ist ein Outing doch schwerer, als er es sich vorgestellt hatte. Ausserdem kommen, kaum hat er sein Outing hinter sich, auch...