Pov. Julian
Staunend musterte ich Kai von oben bis unten.
Er sah wundervoll aus. Sein Anzug war vollständig weiss, bis auf einige silberne Stickereien an Saum und Kragen, und harmonierte perfekt mit seiner Haar- und Augenfarbe.
Allgemein erinnerte mich der weisse, edle Stoff an den Anzug eines Prinzen.
Erst als er mich zur Begrüssung fest an sich drückte, löste ich mich aus meiner Schockstarre, konnte den Blick aber trotzdem kaum von ihm abwenden, was er natürlich bemerkte.
Er grinste mich an, was dazu führte, dass ich nebst dem, dass meine Wangen rot anliefen, das Gefühl hatte, gleich zu schmelzen.
Etwas verlegen sah ich zu Boden und lief neben ihm her, zum Auto seiner Mutter. Nacheinander stiegen wir ein und setzten und auf die Rücksitze, ich ans linken und er ans rechte Fenster.
Kais Mutter und ich begrüssten uns gegenseitig freundlich, bevor sie schliesslich losfuhr.
Natürlich entging Kai während der Fahrt auch meine Nervosität nicht.
Verwirrt sah ich zu, wie er sich abschnalte und von seinem Platz am Fenster, auf den Sitz in der Mitte, direkt neben mir rutschte und sich dort wieder anschnallte.
Genau, wie es vor einigen Minuten Jascha getn hatte, griff Kai nun nach meiner Hand.
Mit seinem Daumen strich er behutsam über meinen Handrücken und beugte sich ein Stück weit zu mir. „Alles gut Jule, ich bin bei dir."
Ich ignorierte mal die Tatsache, dass es genau daran lag, dass ich so nervös war und nickte stattdessen nur lächelnd.
„Mir geht es gut Kai, danke.", flüsterte ich, krallte mich aber dafür, dass alles gut sein sollte, etwas zu sehr an seiner Hand fest.
Zum Fenster hinaus sah ich auf die in der Abenddämmerung liegende Strasse.
Bald darauf kamen wir auch schon an der Schule an, stiegen aus dem Auto aus und liefen, immer noch Hände haltend, auf den Geschmückten Eingang unserer Aula zu.
Eigentlich hatte ich erwartet, dass Kai meine Hand loslässt, bevor wir die Aula betraten, küsste mich nur kurz auf die Schläfe und drückte meine Hand noch etwas fester.
Als wir die Aula betreten hatten, sahen wir uns erstmal staunend um.
Vom Aussehen einer Schulaula, hatte der Raum nicht mehr besonders viel, sondern mehr das eines grossen wundervoll geschmückten Festsaals.
Die meisten Schüler waren bereits da, weshalb es schon ziemlich voll war. Trotzdem erblickten wir Mitch und Sam relativ schnell und gingen durch die Menschenmasse auf die Beiden zu.
Im gegensatz zu meinem Hemd, waren die von Mitch und Sam beide weiss.
Hose und Sakko von Sam waren aber genau wie bei mir schwarz.
Mitchs Anzug war dunkelrot und irgendwie sahen die Beiden, wie sie da so nebeneinander standen, aus als wären sie füreinander geschaffen.
Ich wusste nicht genau ob es tatsächlich an den Anzügen lag, vielleicht auch einfach am Ausdruck, der Glückseeligkeit, der auf ihren Gesichtern lag.
Als sie uns erblickten, viel Sams Blick als erstes auf unsere ineinander verschlungene Hänze und er zwinkerte mir grinsend zu. Ich grinste zurück.
Zu viert liefen wir auf den hinteren Teil der Aula zu. Die Bühne, auf der normalerweise unser Direktor stand, wenn er eine Rese hielt, war nun der Standpunkt eines grossen Buffets.
Wir setzten uns an den Rand der breiten Treppe, welche zu diesem führte und beobachteten die Schüler, die in der Mitte der Aula tanzten.
Kai liess meine Hand los und legte stattdessen einen Arm um mich. Ich lehnte meinen Kopf gegen Kais Schulter und spürte, wie er sanft durch meine Haare zu fahren begann.
So blieben wir sitzen, bis Mitch und Kai schliesslich auf die glorreiche Idee kamen ebenfalls tanzen zu wollen.
Erwas weniger begeistert sahen Sam und ich uns an, wussten aber, dass sie wohl kaum locker lassen würden, bis wir mit ihnen auf die Tanzfläche kommen würden.
Wir gaben uns also von Anfang an geschlagen und liessen uns von ihnen auf die Tanzfläche ziehen.
Im Moment lief „My House", von Flo Rida, zu dem es nicht wirklich schwer war zu tanzen war. Bald begann aber ein ruhigeres Lied, und ich sah mich hilfesuchend zu Sam um.
Zu meinem Erstaunen war dieser aber bereits dabei mit Mitch zu tanzen und stellte sich dabei auch gar nicht so schlecht an.
Von Mitch und Kai hatte ich bereits zuvor gewusst, dass sie relativ gut tanzen können und somit war ich anscheinend nun der Einzige von uns vier, der völlig unfähig war, was Tanzen betraf.
Also wollte ich Kai gerade vorschlagen, uns wieder hinzusetzen, als Kai mich näher an sich zog.
Er bewegte sich zur Musik und ich liess mich, wenn auch anfangs noch etwas tollpatschig, von ihm mit ziehen.
Mit der Zeit schaffte ich es aber tatsächlich, mich von Kai führen zu lassen und einigermassen anständig zu tanzen.
Normalerweise hätte ich sowas niemals getan, hätte mich viel zu sehr beobachtet gefühlt auf der Tanzfläche, doch irgendwie gab Kai mir eine gewisse Sicherheit. Eine seltsame Art von Mut, die mich dazu brachte mich wohl zu fühlen.
Ich spürte, wie Kai mich nach einiger Zeit noch ein Stück näher an mich zog.
Er bewegte sich nur noch ganz leicht. Seine Hände liess er an meine Hüfte wandern und dort ruhen. Ein Stück weit beugte er sich zu mir runter und legte seine Stirn an meine.
Mein Herz begann schneller zu klopfen, und während er mit seiner Hand ein Stück weit meiner Hüfte entlang nach oben fuhr, breitete sich an meinem ganzen Körper eine leichte Gänsehaut aus.
„Ich liebe dich Julian.", flüsterte Kai und küsste mich auf die Stirn.
Durch die vielen Leute war es schon so relativ warm in der Aula, doch auf einmal breitete sich durch Kais Nähe noch eine viel stärkere Hitze in mir aus.
„Kommst du kurz mit raus?", fragte ich nach einiger Zeit schliesslich.
Kai nickte, auch ihm schien ziemlich warm zu sein.
Er nahm meine Hand und zog mich durch die Menschenmenge nach draussen.
Sofort strömte uns die kühle, nächtliche Winterluft entgegen.
Wir liefen die wenigen Treppenstufen, die zum Eingang der Aula führte nach unten und entfernten uns ein Stückweit davon.
Am beginn des kleinen Waldes, der sich direkt neben der Schule befand, machten wir schliesslich halt.
Durch die wenigen Bäume, die hier bereits standen sah ich den beleuchteten Eingang der Aula.
Auch Sam und Mitch schien es drinnen zu warm geworden zu sein, den sie standen ans Treppengeländer gelehnt direkt vor der Eingangstür.
Sam hatte seinen Sakko mittlerweile ausgezogen und stand nun mit seinem weissen Hemd, von Mitch fest an sich gedrückt im schein der Aussenbeleuchtung.
Ich wandte meinen Blick von ihnen ab und widmete meine volle Aufmerksamkeit wieder Kai.
Vorsichtig legte dieser, wie er es zuvor bereits drinnen getan hatte, eine Hand an meine Hüfte.
Die Andere legte er diesmal an meinen Nacken und strich mit dem Daumen zärtlich darüber. Erneut breitete sich eine Gänsehaut an meinem ganzen Körper aus.
Etwas schüchtern legte ich eine Hand an seine Schulter, die Andere ebenfalls an seinen Nacken.
„Du bist die wundervollste Person, die ich kenne.", hauchte Kai in mein Ohr und lehnte seine Stirn wieder gegen meine. „Ich liebe dich Julian."
„Ich liebe dich auch.", brachte ich flüsternd raus, „mehr als alles andere."
Ich beugte mich ein Stück vor, konnte Kais Atem an meiner Wange spüren. Mein Herz klopfte wie verrückt, alles in mir kribbelte und ich spürte, wie Kai sich mir noch ein Stück weiter zu mir.
Mittlerweile fühlte ich, wie sein Atem über meine Lippe streifte.
Mein Herz schien gleich zu zerspringen, mein Atem wurde etwas unregelmässig und obwohl es hier draussen eigentlich wirklich kalt war, wurde mir auf einmal noch wärmer, als es vorhin drinnen war.
Gleichzeitig beugten wir uns die letzten Millimeter nach vorne, was dazu führte, dass unsere Lippen sich langsam aufeinander legten.
Diesmal dauerte die Berührung aber nicht wie am Vortag nur wenige Sekunden.
Stattdessen begann Kai nach dieser Zeit seine Lippen etwas fester gegen meine zu drücken und sie leicht zu bewegen.
Die Emotionen, die nun in mir Aufkamen, liessen mich nie zuvor
gefühlte Empfindungen spüren.
Ich fühlte mich seltsam betäubt, schwerelos und wundervoll.
Meine Hand wanderte in seine Haare, und ich begann durch seine dunkeln Locken zu streichen.
Ich öffnete meinen Mund ein Stück weit und spürte kurz Kais Zunge an meiner Lippe.
Bisher hatte ich noch nie wirklich jemanden geküsst, und immer Angst davor gehabt, bei meinem ersten Kuss etwas falsch zu machen.
Mit Kai passierte aber alles wie von selbst.
Alles fühlte sich viel zu perfekt an um wahr zu sein.
Sanft strich Kai mir mit einer Hand über den Rücken, mit der anderen über meine Hüfte.
Aus Luftmangel mussten wir uns nach einiger Zeit wieder voneinander lösen.
Schwer atmend sahen Kai und ich uns tief in die Augen.
Leicht hatte es zu schneien begonnen, und ich spürte die feinen, kalt nassen Flocken in mein Gesicht fallen.
Wieder wollte ich Kais Lippen auf meinen spüren, lehnte mich erneut nach vorne und küsste ihn. Diesmal aber kürzer.
Überwältigt von meinen Gefühlen, konnte ich aufeinmal eine Träne über meine Wange kullern spüren.
Ich vergrub mein Gesicht an Kais Schulter und liess mich von ihm fest an sich drücken.
Liebevoll fuhr er mir durch die Haare und drückte mir behutsam einen Kuss auf meinen Haaransatz.
„Ich liebe dich so sehr Julian, du bist der wundervollste Mensch in meinem Leben."
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Ich hoffe das erste der beiden Weihnachtsball Kapitel hat euch gefallen.
Danke fürs lesen, über 5k Reads und eure ganze Unterstützung. ❤️💕
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Bravertz~Why is it so hard to say?
FanfictionWarum muss immer alles so kompliziert sein? Obwohl der 16 jährige Julian weiss, wie tolerant seine Familie und Freunde sind, ist ein Outing doch schwerer, als er es sich vorgestellt hatte. Ausserdem kommen, kaum hat er sein Outing hinter sich, auch...