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Pov. Julian
Als die Lehrerin mich erblickte, begann sie zu lächeln.
„You are Julian, right?"
Ich nickte.
„I am miss König. You can sit there, okay?", sie zeigte auf den Platz in der zweiten Reihe ganz links.
Erneut nickte ich, während ich mich auf den mir zugewiesenen Platz setzte.
Nach und nach trudelten weitere Schüler ins Klassenzimmer, von denen mich die meisten aber kaum beachteten.
Im Moment war ich mir noch nicht sicher, ob ich es besser gefunden hätte, von jemandem angesprochen zu werden, schweigend blieb ich auf meinem Platz sitzen, und beobachtete stattdessen die Lehrerin, die sich zuvor mit König vorgestellt hatte.
Ich konnte nicht genau sagen weshalb, aber irgendwie passte er zu ihr.
Sie war jung, ihre helle Haut war von unzähligen Sommersprosen übersät, sie hatte leicht rötliche Haare, auch die schwarze Brille, die sie auf hatte, verleihte ihrem Aussehen tatsächlich auf eine Art etwas königliches.
Völlig in Gedanken versunken hatte ich gar nicht bemerkt, wie mich jemand angesprochen hatte.
Erst, als das Mädchen mir leicht an die Schulter tippte, nahm ich sie wahr und zuckte leicht zusammen.
„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.", begann sie schüchtern, „aber ist der Platz neben dir noch frei?", sie lächelte.
Etwas beschämt nickte ich, warum musste ich mich bei der ersten Person die mich ansprach schon so dumm anstellen?
Bald darauf klingelte es auch schon, und die Unterrichtsstunde begann.
Frau König erhob sich: „Nora, could you quick explain the rules, which we have in our english lesson to the new student Julian?"
Das Mädchen, das sich zuvor neben mich gesetzt hatte nickte und  lächelte mich erneut etwas schüchtern an.
„We are not allowed to speak german while the lesson.", begann sie zu erklären, während sie nervös am Reissverschluss ihrer Federmappe herumzuspielen begann.
„When someone says a word in german he gets the red pen", sie zeigte in Richtung Lehrerpult, wo ein roter Kugelschreiber lag, „only when someone else says a german word you can gif it to this person.
The person, who has the pen at the end of the lesson has to make a presentation about himself, or another punishment.", beendete sie ihre Erklärung in mehr oder weniger korrektem Englisch.
„Thank you Nora.", ergriff Frau König wieder das Wort und begann schliesslich mit dem regulären Unterricht.
Das unangenehme Gefühl in mir verging aber erstmal nicht, dementsprechend war ich unglaublich froh, als endlich Mittag war.
Wie versprochen wartete Marco bereits draussen.
„Die Anderen warten schon unten an einem Tisch.", erklärte er mir.
Obwohl ich nicht direkt wusste, wer bei »die Anderen« alles mit einbezogen war, folgte ich Marco die Treppe nach unten, in einen Raum, der nach einer Mensa aussah.
Tatsächlich enteckte ich, als ich meinen Blick über die Tische schweifen liess sogleich auch schon Jannis' blonden Schopf.
Gemeinsam mit Eric, Leonie und einem mir fremden Jungen sass er dort und schien sich mit den Anderen zu unterhalten.
Vorsichtig legte ich Jannis, der zu ausserst sass, eine Hand auf die Schulter.
„Alles gut?", fragte ich, während ich mich neben ihn setzte.
Lächelnd drehte Jannis sich zu mir um und nickte.
„Jap", bestätigte er, „bei dir?"
Seufzend nickte auch ich.
„Joa, geht.", murmelte ich.
Kritisch blickte Jannis mich an, „Ist was passiert?", fragte er vorsichtig.
Diesmal schüttelte ich den Kopf, „Nee, schon okay, mach dir keine Sorgen.", ich zwang mich zu einem Lächeln, bevor ich mich zu meiner Schultasche runter beugte, die Brotbox mit meinem Mittagessen rausholte und zu essen begann.
Erst im Verlauf des Essens begann Marco den fremden Jungen am Tisch vorzustellen: „Das ist übrigens Mario."
Der sich als Mario entpupte Fremde lächelde mich kurz an, während auch ich meinen Namen nannte.
Eigentlich hätte ich erwartet, dass Marco sonst noch was zu ihm sagte, doch er wandte sich wieder seinem Essen zu.
Ich hätte gerne gewusst, in welcher Beziehung die Beiden gegenüber einander standen, denn ich hatte das Gefühl, sie gingen sehr vertraut mit einander um, als würden sie sich schon ewig kennen.
Ich betrachtete Mario genauer, er war ein ganzes Stück kleiner als Marco, seine Haare waren eine Mischung aus braun und dunkel blond. Während er mit Marco sprach lachte er viel, was auch Marco glücklich zu machen schien.
Lächelnd sah ich den Beiden einen Moment lang zu, bevor ich wieder weiter ass.
Irgendwie erinnerten sie mich auf eine komische Art an Kai und mich. Wieder bildete sich bei dem Gedanke an Kai einen Kloss in meinem Hals.
Als einige Minuten später schliesslich mein Handy aufleuchtete und eine neue Nachricht von Kai anzeigte, verstärkte sich dieses
Gefühl noch mal.
Schnell öffnete ich die Nachrich und begann zu lesen: »Ich hoffe dir gefällts an der neuen Schule, ich rufe dich heute Abend an, dann kannst du mir davon erzählen☺️
Du fehlst mir, ich liebe dich❤️«
Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten, schnell wischte ich sie weg, und begann schnell zu blinzeln, um weitere zu verdrängen, ich wollte nicht schon wieder zu weinen beginnen und schon gar nicht vor den ganzen Leuten hier.
Wie ich gehofft hatte, bemerkte aber keiner etwas davon und ich riss mich wieder zusammen, schliesslich hatte ich nur noch zwei Stunden Schule, bevor ich nach Hause konnte.
Bald war der Mittag auch schon vorbei und auch die beiden letzten Stunden, die ähnlich wie die am Morgen verliefen, gingen glücklicherweise einigermassen schnell rum.
Jannis und Eric hatten noch länger Schule, dafür war auf dem Heimweg nebst Marco und Leonie auch noch Mario dabei, der wie ich zufällig mitbekommen hatte zu Marco ging.
Wir stiegen alle an der gleichen Haltestelle aus.
Während wir schliesslich in die Richtung der Strasse, in der Marco, Leonie und ich wohnten gingen, redete ich mit Leonie über die Lehrer und Fächer die ich bisher hatte.
Marco und Mario gingen vor mir her, doch während des Gesprächs beachtete ich sie erstmal nicht gross, erst kurz bevor wir das Haus in dem ich wohnte erreichte, passierte aber etwas, was doch meine Aufmerksamkeit erweckte.
Einen Moment lang beugte Marco sich zu Mario und jedenfalls von hinten sah es so aus als hätte er ihn geküsst.
Ich war mir zwar nicht sicher, aber irgendwie entstand in mir ein Funken Hoffnung, dass die Beiden wirklich zusammen sein könnten.
Dann wäre jedenfalls die Frage nach der Offenheit gegenüber Homosexualität geklärt.
Ich beschloss entweder Leonie oder Marco selbst in den nächsten Tagen darauf anzusprechen.
Nun verabschiedete ich mich aber von ihnen, und betrat voller Vorfreude auf das spätere Telefonat mit Kai unsere Wohnung.
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Danke fürs Lesen, ich hoffe das Kapitel gefällt euch. ❤️

Bravertz~Why is it so hard to say?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt